Der Renekloden-Baum im Dreiländereck zwischen Werne, Lünen und Selm hatte es schwer 2022. Gleich von zwei Seiten wurde ihm arg zugesetzt. Dabei hatte er von vorn herein schon einen schlechten Stand - im wahrsten Sinne des Wortes. Und dann kamen auch noch die heiße Dürre und die gefräßigen Schafe. Fast schien es so, dass er diesen doppelten Angriff nicht überleben würde. Doch dann übertraf sich der Baum selbst. 2023 trägt er so viele grün-gelbe Früchte wie noch nie. Warum das auch eine Rache sein könnte und was es sonst noch Wissenswertes über diese alte und inzwischen selten gewordene Edelpflaume zu wissen gibt, haben wir zusammengestellt: 10 Pflaumen-Fakten.
1. Woher kommt der seltsame Name: Reneklode?
Die Namenspatin saß vor 500 Jahren in Frankreich auf dem Königsthron: Claudia, Königin von Frankreich. Königin heißt auf Französisch „reine“. Dazu der Name „Claude de France“. Wer das schnell und des Französischen nicht mächtig ausspricht, landet bei Reineclaude, Reneclode oder eben Reneklode, wie die gelbe Eierpflaume in Westfalen heißt. Weiter südlich wird sie Ringlotte, Ringelotte oder auch Ringlo genannt. Botanisch ist damit immer dasselbe gemeint: Prunus domestica claudiana. Ob die Königin - eine Tochter von König Ludwig XII., die nach der Heirat mit ihrem Cousin selbst Königin wurde - wusste, dass süße Pflaumen ihren Namen tragen, ist nicht bekannt. Fest steht, dass ihr Leben wohl nicht sonderlich süß war. Nach ihrer Heirat mit 15 Jahren gebar sie acht Kinder, bis sie mit 24 Jahren starb. Auch nach ihrem Tod kam sie nicht zur Ruhe. Während der Französischen Revolution wurde ihr Grab in der Basilika Saint-Denis geplündert.
2. Und woher kommt die Pflaumensorte?
Ihre Heimat liegt in Vorderasien. Um das Jahr 150 vor Christus brachten Händler sie nach Italien, von wo aus sie sich langsam in ganz Europa verbreitete: zunächst im Mittelmeerraum und anschließend bis etwa zum Jahr 1670 auch im Rest des Kontinents. Ob es wirklich Königin Claudia war, die das Obst aus Armenien am französischen Hof eingeführt hat, lässt sich nicht bestätigen. Fest steht: Die Reneklode erfreute sich in Frankreich – dort also als „Reineclaude“ – ganz besonderer Wertschätzung. Auch heute werden Renekloden vor allem in Frankreich angebaut, während sie in Deutschland eher selten anzutreffen sind.
Essen, backen, einfrieren
3. Wie unterscheiden sich Renekloden von Mirabellen?
Durch die Größe. Mirabellen sind zwar auch gelb-grün, aber deutlich kleiner als die Renekloden. Ein weiterer Unterschied: Bei den Mirabellen lässt sich das Fruchtfleisch gut vom Stein lösen - anders als bei den großen Verwandten, den Renekloden. Ob kleiner oder größer: Beide gelben Pflaumen finden sich relativ selten im Pflaumenkuchen - aus unterschiedlichen Gründen: die Mirabellen, weil man so viele davon bräuchte, um ein Backblech zu belegen, und die Renekloden, weil es solche Mühe macht, sie zu entsteinen.
4. Wie lassen sich Renekloden denn dann zubereiten?
Am besten gar nicht. Denn frisch vom Baum schmecken sie am besten. Wer angesichts der aktuellen Erntemenge nicht dagegen anessen kann und die Mühe des Entsteinens nicht scheut, sollte es mit Blechkuchen versuchen: ein Kilogramm Renekloden reichen für ein Blech zum Beispiel mit Rührteig (aus 250 Gramm Butter oder Margarine, 125 Gramm Zucker, 1 Päckchen Vanillezucker, 4 Eier, 1 Prise Salz, 1/2 Teelöffel abgeriebene Zitronenschale, 300 Gramm, 2 Teelöffel Backpulver). Die Pflaumen mit der Hautseite nach unten auf dem Teig verteilen, und ab in den vorgeheizten Backofen für 30 Minuten bei 190 Grad. Auch eine pikante Zubereitung ist denkbar: gebraten in Olivenöl und mit Rosmarin und buntem Pfeffer gewürzt.
5. Lassen sich Renekloden für später auch haltbar machen?
Tatsächlich ist das Haltbarmachen wichtig. Denn einmal gepflückt, sind Renekloden bei Zimmertemperatur nur ein paar Stunden haltbar. Der Klassiker ist das Marmeladekochen, zum Beispiel so: 800 Gramm entsteinte Renekloden mit dem Saft von 3 Zitronen (etwa 120 Milliliter) und einer Orange (60 Milliliter) mit 500 Gramm Gelierzucker (1 Packung 2:1) aufkochen und anschließend in Gläser füllen. Wenn es schneller gehen soll einfach einfrieren: am besten einzeln auf einem Tablett vorfrieren, damit sie später einzeln aus dem Tiefkühlbeutel zu entnehmen sind.

6. Warum ist die Reneklode rachsüchtig?
Das gilt, wenn überhaupt, nicht für alle Bäume dieser Art, sondern nur für den in Langern. Schafe hatten ihm 2022 schwer zugesetzt. Sie haben die graubraune, längsrissige und schuppige Borke des ganz jungen Baums rundum abgeknabbert: für Schafe offenbar eine Leckerei, für den Baum - auch nach einer Sofortbehandlung mit Lehmpflastern - eine lebensbedrohliche Verletzung seiner schützenden Haut. Dass der Baum 2023 trotzdem so viele Früchte tragen würde, war nicht zu erwarten. Und genau das könnte eine Rache an den Schafen sein. Denn Pflaumen in großer Zahl erweisen sich als besonders gefährlich, sogar lebensbedrohlich, für die Wiederkäuer. Fressen sie in großen Mengen Fallobst drohen unter anderem Blähungen und Pansenübersäuerung.
7. Was haben Rosen und Renekloden miteinander zu tun?
Sie sind Verwandte. Rosengewächse sind eine Pflanzenfamilie, zu der neben den eigentlichen Rosen, also den Zierpflanzen, auch Obstarten gehören: Apfel, Birne, Brombeeren, Erdbeeren, Himbeeren und Steinobst, darunter auch Pflaumen.
Wenig beliebtes Obst
8. Woher der Name Reneklode kommt, ist geklärt. Woher stammt aber die Pflaume?
Auch das ist eine Ableitung aus einer anderen Sprache: in diesem Fall aus dem Lateinischen von Prunus. Der Marburger Historiker Alexander Demandt hatte in seiner kulturgeschichtlichen Arbeit „Der Baum“ festgestellt, dass sich nahezu alle deutschen Namen für Fruchtbäume aus dem Lateinischen ableiten lassen: Birne-Pirus, Walnuss-Nux, Aprikose-Apricus und so weiter. Nur der Name einer Baumfrucht sei germanischen Ursprungs: der Apfel. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus spottete über die angeblich scheußlich saure Frucht. Vermutlich kannte er nur den Wildapfel, den Urahn der heutigen Äpfel.
9. Wie beliebt sind Pflaumen in Deutschland?
Geht so. Das Lieblingsobst der Deutschen sind Äpfel. Laut dem Marktforschungsinstitut Statista folgten 2021/22 beim Pro-Kopf-Konsum Bananen, Trauben, Erdbeeren, Heidel-, Preisel- und Holunderbeeren, Pfirsiche, Birnen, Kirschen, Johannis-, Stachel-, Brom- und Himbeeren und dann erst, abgeschlagen weit hinten, kurz vor den Aprikosen, landeten die Pflaumen/Zwetschgen, Mirabellen und Renekloden.

10. Warum ist der Renekoden-Baum so schief?
Die Last der Früchte allein ist es nicht, die den immer schon schiefen Weidenbaum weiter in die Tiefe zieht. Die schlechte Wurzelbildung und ein besonders dem Wind ausgesetzter Standort sind die Hauptursachen. Was tun? Um ihn mit einem langen Holzpflock gerade zu verankern, ist der Baum schon zu alt. Bei ihm hilft nur noch ein Erdanker oder Pflock als Gegenbefestigung und ein Stahlseil zum Befestigen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Lasche des Seils groß genug ist, damit sie nicht in den Stamm wächst - vorausgesetzt die schwer von Schafen malträtierte Reneklode auf Rachefeldzug bleibt weiter so vital wie in dieser Pflaumensaison.
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