Parteien in Selm zu möglicher Verpackungssteuer Von Unterstützung bis kompletter Ablehnung

Parteien zu möglicher Verpackungssteuer: Unterstützung bis Ablehnung
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Die Stadt Tübingen in Baden-Württemberg machte bereits 2022 den Anfang – in diesem Jahr wurde sie bereits in Köln und Bonn auf den Weg gebracht: Eine Steuer auf Einwegverpackungen für „Takeaway“-Produkte beschäftigt aktuell viele Verwaltungen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Januar grünes Licht für eine kommunale Verpackungssteuer gegeben hatte, wurde das Thema auch bei der Stadt Selm diskutiert. Dort wird zurzeit geprüft, wie hoch jeweils Aufwand und Ertrag bei der Einführung einer solchen Steuer wären.

Auf der politischen Tagesordnung stand die Verpackungssteuer zuletzt im September 2023, als sich die Mitglieder des Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschusses darauf einigten, einen Beschluss nach einer Bürgeranregung in der Sache bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und einer Genehmigung des Kommunal- und Finanzministeriums zu einer Mustersatzung zurückzustellen.

Einige Fraktionen haben sich mittlerweile eine Meinung gebildet. Die größte unter ihnen stellt die CDU. Fraktionssprecher Nils Hillner teilt mit: „Die CDU-Fraktion ist bei der Einführung neuer Steuern sehr zurückhaltend, weil Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger bereits bei weitem ausreichend mit Steuern und Abgaben belastet sind.“ Grundvoraussetzung, um sich überhaupt näher mit der möglichen Einführung einer solchen Steuer zu beschäftigen, sei, dass sichergestellt ist, dass sie mehr einbringt, als ihre Erhebung kostet. „Das erscheint - Stand jetzt - zweifelhaft“, so Hillner.

Unterstützung vorstellbar

UWG-Fraktionschef Hubert Seier erklärt, dass sich seine Fraktion noch nicht abschließend positioniert habe, weist aber auch darauf hin, dass er kürzlich eine Anfrage zum Stand einer Prüfung durch die Verwaltung gestellt hatte. Diese Antwort werde jetzt abgewartet. „Es bleibt zu klären, wie hoch der Nutzen im Verhältnis zum Aufwand ausfallen würde. Wenn die Prüfung der Stadt einen sinnvollen Weg darstellt, um den Einwegmüll einzudämmen und gleichzeitig die Einnahmesituation der Stadt verbessert, könnten wir uns eine Unterstützung vorstellen“, teilt Seier mit.

„Komplett ungerechtfertigt“

Für die FDP-Fraktion sieht Klaus Schmidtmann zuerst ein grundsätzliches Problem, dass der Idee einer Verpackungssteuer zugrunde liegt: „Wie wahrscheinlich fast alle Selmer Bürger ärgert sich auch die FDP Selm sehr, wenn Einwegverpackungen achtlos auf Gehwege und Straßen – oder noch schlimmer in die Natur - geworfen werden.“ Jedem müsse bekannt sein, zu welchem Zweck die Müllgefäße in Selm aufgestellt worden sind. „Die Missachtung dieser grundlegenden Regel wird leider auch durch eine zusätzliche Verpackungssteuer nicht beseitigt.“ Die Stadtverwaltung erklärte bereits, dass sie keine größeren Probleme einer Vermüllung des Stadtgebietes sieht.

Weil viele Gaststätten in den vergangenen Jahren hätten schließen müssen, sagt Schmidtmann: „Wir halten es nicht für unsere Aufgabe in der Kommunalpolitik, diese Entwicklung durch zusätzliche Kosten zu verstärken.“ In Tübingen werden 50 Cent für Kaffeebecher oder Pommesschalen und 20 Cent für Einwegstrohhalme erhoben. Wenn der Kunde seine Waren in Einwegverpackungen mitnehmen möchte, kann es gute Gründe dafür geben – zusätzliche Kosten seien deshalb komplett ungerechtfertigt.

Aufklärung statt Zwang

Marion Küpper von der „Fraktion für Demokratie“ ist überzeugt: „Steuern zu erheben, ist nicht immer das beste Mittel.“ Sie setzt darauf, Menschen zu überzeugen, von sich aus auf nachhaltige Produkte umzusteigen – ohne einen Zwang durch zusätzliche Abgaben. Durch Aufklärung sollten den Menschen nachhaltigere Möglichkeiten zu Einweggeschirr aufgezeigt werden, die Stadt könnte für Veranstaltungen Geschirr zum Mieten anbieten, um hier auf Einwegprodukte zu verzichten.

Marion Küpper (r.) von der "Fraktion für Demokratie"
Marion Küpper setzt auf Aufklärung zu nachhaltigen Alternativen. © Sylvia vom Hofe

Sollte es einen Vorstoß anderer Fraktionen oder der Verwaltung zu einer Verpackungssteuer geben, sagt Küpper aber auch: „Ich würde einem Antrag wohl zustimmen.“

Mehrweg-Pflicht seit 2023

Die Fraktionen von SPD und Gemeinsam für Selm (GfS) teilen mit, dass sie sich zum Thema noch nicht fraktionsintern besprochen und somit noch nicht positioniert haben. „Wir werden jedoch erst einmal abwarten, wie Rat und Verwaltung dazu stehen“, so GfS-Sprecher Wolfgang Jeske.

Der Deutsche Städtetag schätzt die Verpackungssteuer als „wirksames Mittel“ zur Förderung von Mehrwegsystemen ein. Die sind seit 2023 ohnehin bereits Pflicht: Anbieter von Speisen und Getränken im Außer-Haus-Verkauf sind seitdem verpflichtet, den Kundinnen und Kunden auch Mehrwegbehältnisse anzubieten.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte Bürgerinnen und Bürger zuletzt dazu auf, eine Verpackungssteuer in ihren Kommunen einzufordern. Ein solcher Antrag wurde kürzlich in Lünen zu Beratungen in den Umweltausschuss verwiesen.