Kommunikation. Das sei von Anfang an das Problem gewesen mit der Landesnotunterkunft für Flüchtlinge im Selmer Ortsteil Bork. Anwohnerin Melanie Offergeld hat das schon mehrmals sehr deutlich gesagt - jetzt auch live im Fernsehen. In der Sendung Stern TV hat sie die Probleme geschildert, die aus ihrer Sicht durch die Unterkunft entstanden sind. Mit in der Diskussionsrunde: Timon Dzienus, Bundessprecher der Grünen Jugend, Reyhan Şahin, Autorin und Rapperin, Nikolaus Blome, Politikchef bei RTL, und Mario Löhr, Landrat des Kreises Unna und ehemaliger Bürgermeister von Selm.
Zentrales Thema der Sendung war die Flüchtlingsproblematik in Deutschland - im Besonderen in Bork, wo vom Land NRW seit rund einem Jahr die Notunterkunft für Flüchtlinge auf einem Parkplatz des LAFP in Betrieb ist. Anders als anfangs kommuniziert, sind dort nicht Familien untergebracht, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind. Sondern ausschließlich männliche Flüchtlinge, die beispielsweise aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan kommen. 750 von ihnen leben in den Leichtbauhallen in Bork.
Ein Problem für einen kleinen Ort, findet Melanie Offergeld, die 500 Meter von der Einrichtung entfernt zusammen mit ihrer Familie wohnt. Wie schon zuvor gegenüber dieser Redaktion oder auf der Bürgerversammlung zu dem Thema schilderte sie in der Fernsehsendung eine Angst, die viele Menschen in Bork bewege. Vor allem Frauen.
Lady Bitch Ray
Etwas, was Reyhan Şahin, die am Montag ein paar Stühle neben Melanie Offergeld saß, grundsätzlich schon verstehe, wie sie sagte. „Aber Menschen wie ich, Menschen mit Migrationsgeschichte, schwarze Menschen haben jeden Tag Angst vor rassistischer Gewalt“, erklärte sie. „Ich finde gefährlich, dass dieses rassistische Narrativ geschaffen wird. Das nutzt der AfD.“ Zwischen ukrainischen und syrischen Flüchtlingen so einen Unterschied aufzumachen, sei zudem „total problematisch“, so die Rapperin und Autorin, die auch unter dem Künstlernamen Lady Bitch Ray bekannt ist.
Noch einen Tag später ärgert Melanie Offergeld sich im Gespräch mit der Redaktion darüber, „ständig in die rechte Ecke gestellt“ zu werden. „Jeder, der mich als rechts bezeichnet, hat keine Ahnung“, sagt sie am Telefon. Und: „Es will doch keiner von uns eine von der AfD geführte Regierung.“ Mittlerweile, so ihr Eindruck, traue sich in Bork auch niemand mehr, etwas zu sagen gegen die Flüchtlingsunterkunft. „Aus Angst“, wie sie meint.
Fakt ist aber auch: Die AfD und andere rechte Vereinigungen versuchen gerade, sich die Situation in Bork zunutze zu machen. Die neonazistische Kleinpartei „Der Dritte Weg“ hat so im Borker Ortsteil Flyer in Briefkästen verteilt. Der AfD-Politiker Matthias Helferich hat einen „Bürgerbrief“ in dem Selmer Ortsteil verteilt, in dem er sich gegen die aktuelle Asylpolitik und für eine Abschaffung der Notunterkunft in Bork ausspricht.

Klares Konzept für Einrichtung
Nie habe sie gefordert, die Unterkunft abzuschaffen, sagt Melanie Offergeld hingegen. Darum gehe es ihr gar nicht, was die AfD fordere, sei ihr auch egal. „Wenn das Land so eine Einrichtung aufbaut und Menschen dort unterbringt, dann muss es sie auch begleiten“, erklärt sie. Stichwort Integration. Struktur und ein Konzept: Von Anfang an habe es daran gefehlt für die Einrichtung.
Zum Hintergrund: Das Konzept der Zeltstadt ist gerade kurz nach Beginn der Inbetriebnahme mehrfach geändert worden - darüber, dass dort nur noch ausschließlich Männer aus unterschiedlichen Ländern untergebracht werden, hatte die Bezirksregierung als Vertreterin des Landes erst nach Anfrage der Redaktion berichtet. „Wir Bürgerinnen und Bürger wurden überhaupt nicht vorbereitet“, so der Vorwurf von Melanie Offergeld.
Wie berichtet hatte es auch von Bewohnern der Zeltstadt Kritik an der Einrichtung gegeben: vor allem mit Blick auf die Hygiene vor Ort, auf das Essen und auf die Aufenthaltsdauer.
Melanie Offergeld hofft, dass ihr Auftritt bei Stern TV „etwas gebracht hat“, sagt sie im Gespräch mit der Redaktion. Sie wünscht sich vom Land ein klares Konzept für die Notunterkunft in Bork - und dass darüber offen kommuniziert wird.
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