Es ist alles ziemlich anders gekommen als es ursprünglich geplant war. Eigentlich sollte die sogenannte Zeltstadt in Bork eine Erstaufnahmeeinrichtung für Menschen sein, die wegen des Krieges aus der Ukraine geflüchtet sind. Schon im November hatte die für die Unterkunft zuständige Bezirksregierung in Arnsberg auf Anfrage der Redaktion erklärt, dass mittlerweile auch geflüchtete Menschen aus anderen Ländern in den Leichtbauhallen in Bork untergebracht würden. Wie nun bekannt wurde, ist die Zeltstadt auch nicht mehr nur eine Erstaufnahme-Einrichtung, in der der Großteil der Menschen für eine Nacht bleiben, bevor sie dann in andere Unterkünfte ziehen.
„Seit Anfang Dezember werden nun registrierte und gesundheitlich untersuchte Flüchtlinge für einen längeren Zeitraum in Selm untergebracht. Die Verweildauer ist dabei unterschiedlich, je nach den für den einzelnen Flüchtling geltenden ausländerrechtlichen Voraussetzungen“, erklärt die Bezirksregierung in einer Pressemittelung.
„Vor dem Hintergrund der deutlich steigenden Zahl von Asylsuchenden und der weiterhin volatilen Zugangslage im Bereich ukrainischer Schutzsuchender sind Kommunen und Land gefordert, weitere Kapazitäten zur Unterbringung zu schaffen“, heißt es darin weiter.
Probleme bei Inbetriebnahme
Im September war die Einrichtung des Landes NRW an den Start gegangen - deutlich später als eigentlich angesetzt. Ursprünglich hatten schon ab Mitte April geflüchtete Menschen in Bork eine erste Aufnahmestelle finden sollen. Während die Hallen auf dem Gelände des Ausbildungsinstituts der Polizei (LAFP) bereits aufgebaut waren, verzögerte sich die Inbetriebnahme der Einrichtung wieder und wieder. Knappheit beim Material, Lieferengpässe, dann das Warten auf die Ergebnisse der Wasserbeprobung und schließlich fehlende Rauchmelder führten dazu, dass die Unterkunft erst fünf Monate nach dem eigentlich geplanten Eröffnungstermin an den Start ging.
Seit Mitte September wohnen Menschen in den insgesamt 18 Leichtbauhallen. „Die maximale Belegungskapazität für diese Einrichtung liegt bei 650 Personen, die - falls erforderlich - auf eine Zahl von bis zu 900 Personen erhöht werden kann“, erklärt die Bezirksregierung. Bei der ersten Vorstellung der Pläne im Frühjahr hatte die Bezirksregierung noch von 1000 Plätzen gesprochen.
Gerade zu Beginn, als die Einrichtung wirklich nur als Erstunterkunft für Menschen aus der Ukraine genutzt wurde, war man von der Kapazitätsgrenze weit entfernt. Mitte Oktober lag die Auslastung so nur bei etwa 20 Prozent, wie eine Anfrage der Redaktion bei der Bezirksregierung ergab: Im Schnitt waren 50 bis 200 Menschen in den Leichtbauhallen untergebracht.
Gleichzeitig stießen viele Kommunen in NRW zu dieser Zeit an ihre Grenzen, um für geflüchtete Menschen aus der ganzen Welt geeignete Wohnorte zu finden. In Bochum zum Beispiel. Viel Kritik gab es da Ende September vom Initiativkreis Flüchtlingsarbeit Bochum, weil minderjährige, allein reisende Geflüchtete in Turnhallen untergebracht wurden. Eine Notlösung, weil die Erstaufnahmeeinrichtung in Bochum zu diesem Zeitpunkt stark überlastet war, wie die Stadt gegenüber dem WDR erklärte.
Nicht mehr nur Menschen aus der Ukraine
Die Einrichtung in Bork ist eingesprungen, wie nach einer Anfrage der Redaktion im November bekannt wurde. Die Belegung in der Einrichtung am LAFP stieg stark an - nicht mehr nur geflüchtete Menschen aus der Ukraine fanden in den Leichtbauhallen einen Platz zum Schlafen. Sie wurden als „Schlafstätte für eine Zwischenübernachtung“ genutzt - für Flüchtlinge aus der Bochumer Erstaufnahmeeinrichtung. „Diese Situation tritt dann ein, wenn Flüchtlinge in der Landeserstaufnahmeeinrichtung Bochum ankommen, bei denen eine Registrierung durch die Landeserstaufnahmeeinrichtung am Ankunftstag nicht mehr möglich ist“, erklärt die Bezirksregierung.
Notunterkunft 2015
Seit Anfang Dezember ist das Konzept jetzt noch mal geändert. Seitdem halten sich geflüchtete Menschen aus verschiedenen Herkunftsländern nun nicht mehr in der Regel nur eine Nacht in der Zeltstadt in Bork auf, sondern für eine längere Zeit.
Die Situation ähnelt damit noch etwas mehr der von 2015: Da hatte es an gleicher Stelle ja auch schon eine Zeltstadt für Flüchtlinge gegeben - als Notunterkunft. Das heißt: Die Geflüchteten wurden dort nach der Erstaufnahme und nach der Erstregistrierung untergebracht, bis sie einen Asylantrag gestellt hatten. Schon damals hieß es aber: Für eine dauerhafte Unterbringung sind die Leichtbauhallen nicht geeignet. Wie lange sich die dort wohnenden Menschen derzeit dort aufhalten, erklärte die Bezirksregierung bislang nicht.
„Die Betreuung und Versorgung der Flüchtlinge liegt in der Selmer Unterkunft bei der European Homecare GmbH sowie für die Sicherheit beim Unternehmen BEWA Security GmbH. Die Betreuungs- und Sicherheitsdienstleister arbeiten in einem Dreischichtsystem mit insgesamt circa 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Für die Bezirksregierung Arnsberg sind zu den Bürozeiten jeweils fünf Personen vor Ort“, erklärt die Bezirksregierung.
Mindestens ein Jahr, soll die Einrichtung in Bork in Betrieb bleiben - das war zumindest der ursprünglich geäußerte Plan der Bezirksregierung.
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