Ohne Rücksicht auf Verluste: Mit einer Flucht vor der Polizei, zwei Unfällen und mehreren tausend Euro Sachschaden sorgte der Fahrer eines VW Golf im Herbst 2024 in Selm für Aufsehen. Nun stand der Mann vor Gericht, der an dem Abend offenbar hinter dem Steuer saß. Der 22-jährige Selmer schwieg.
Die Szenen, die sich am 9. September 2024 im Bereich Gutenbergstraße und Kreisstraße abspielten, müssen filmreif gewesen sein. Polizisten fiel der VW Golf auf und sie fuhren hinterher. Zunächst sah es so aus, als wolle der Fahrer tanken, dann gab er plötzlich Gas und raste davon. Die Beamten nahmen die Verfolgung auf. Der Flüchtende fuhr mit Tempo 50 über eine rote Ampel und kollidierte mit einer Fahrerin, die Grün hatte.
Während seine Verfolger ihre Geschwindigkeit irgendwann aus Sicherheitsgründen stark reduzierten, fuhr er weiter, krachte in einen Verteilerkasten, ramponierte den Zaun daneben gleich mit und flüchtete zu Fuß. Allerdings ließ er Schlüssel und Portemonnaie mit Papieren im Fahrzeug zurück. Alles gehörte dem Selmer und dessen Eltern gaben außerdem ganz offensichtlich auf Nachfrage an, dass er der Einzige sei, der den Golf nutze.

Angeklagter mach keine Angaben
Straßenverkehrsgefährdung und Unfallflucht wurden dem 22-Jährigen im Prozess vor dem Amtsgericht Lünen zur Last gelegt. Sein Verteidiger beschränkte sich auf wenige Worte: „Wir machen keine Angaben.“ Also wurden drei Zeugen gehört. Die Fahrerin des Autos, mit dem der Golf zunächst kollidierte, erinnerte sich, dass der dunkle Wagen plötzlich in sie hineinfuhr. Woher er gekommen sei, wisse sie nicht. „Ich habe einen Schock gekriegt.“
Eine Augenzeugin sah zunächst die Verfolgungsjagd, dann den ersten Unfall und schließlich den qualmenden VW im Verteilerkasten. Mit Anwohnern öffnete sie den Wagen - um dann festzustellen, dass er leer war. Die beteiligte Polizistin beschrieb die fast unwirkliche Verfolgungsjagd und den Anblick, der sich ihr beim Eintreffen am zweiten Unfallort bot. Ein Video der Flucht komplettierte das Bild, sodass die Anklägerin kommentierte: „Und es ist nicht mitten in der Nacht. Man brettert da einfach durch. Unglaublich.“ Und kurz darauf sprach sie in ihrem Plädoyer von einer „sagenhaft gefährlichen Fahrt“.
Während der Verteidiger überzeugt war, dass die Täterschaft seines Mandanten keineswegs erwiesen sei und auf Freispruch plädierte, hatten die Anklägerin und die Richterin keinerlei Zweifel an der Schuld des jungen Selmers. Seine Papiere hätten im Auto gelegen, es habe sich sehr wahrscheinlich nur eine Person im Pkw befunden und die Beschreibung der Augenzeugin passe in groben Zügen auf ihn, so die Richterin. Die Folge: 2700 Euro Geldstrafe und zehn Monate Sperrfrist zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis.