Viel hat sich verändert in der Gemeinde St. Josef, seit der beschuldigte Pfarrer in den 1960er-Jahren hier aktiv war. Ihm wird vorgeworfen, Kinder sexuell missbraucht zu haben. Mindestens ein Fall soll sich in Selm ereignet haben. © Marie Rademacher
Missbrauchs-Skandal
Missbrauchsvorwürfe gegen Pfarrer: Sogar Spielplatz war nach Beschuldigtem benannt
Nach Bekanntwerden der Missbrauchsvorwürfe gegen Pfarrer Theo Wehren, der auch in Selm tätig gewesen ist, dauert die Aufklärung an. Sogar ein Spielplatz war nach dem Pfarrer benannt.
Der Name „Pfarrer W.“ taucht seit Bekanntwerden der Missbrauchsvorwürfe gegen ihn vor einigen Monaten immer noch regelmäßig in den Gottesdiensten der Pfarrgemeinde St. Ludger auf. In allen Gottesdiensten am Wochenende, so erklärt es der leitende Pfarrer Claus Themann auf Anfrage der Redaktion, werden die Informationen des Bistums zu den Missbrauchsvorwürfen an die Gemeindemitglieder weitergegeben. Zusammen mit einem Angebot des Gesprächs im Anschluss an den Gottesdienst.
Insgesamt, so sagt es Claus Themann, haben alle Gemeindemitglieder und auch das Seelsorgeteam mit großer Betroffenheit auf die Vorwürfe reagiert. Wie berichtet, hatte das zuständige Bistum Münster Ende Juni erklärt, dass gegen besagten Pfarrer W., der 2011 gestorben ist, Missbrauchsvorwürfe vorliegen. Und das von mehreren Betroffnen, wie das Bistum eingeräumt hat. „Die Vorwürfe beziehen sich in einem Fall auf die Zeit, als der beschuldigte Priester in Selm und Recklinghausen tätig war. In dem anderen Fall wurde bislang kein Ort benannt“, schrieb das Bistum damals.
Theo Wehren war von 1966 bis 1969 Kaplan in St. Josef
Pfarrer W. war von 1966 bis 1969 als Kapalan in der Gemeinde St. Josef in Selm tätig, die mittlerweile ein Teil der Pfarrgemeinde St. Ludger ist. Der vollständige Name des Pfarrers, den das Bistum aus rechtlichen Gründen nicht nutzt, lässt sich durch eine einfache Internet-Recherche leicht herausfinden: Theo Wehren hieß der Mann, der 1966 bis 1969 in St. Josef Kaplan war.
Besonders ein Detail aus der Personalakte des Pfarrers lässt aufmerken: Im Jahr 1976 war er vom Amtsgericht Bocholt wegen „sexueller Handlungen an Minderjährigen“ zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden. Auch nach diesem Urteil arbeitete er noch bis 2006 weiter als Pfarrer, war dabei viel in der Jugendarbeit tätig.
Spielplatz in Bocholt-Barlo sogar nach Pfarrer Wehren benannt
Gerade das wirft bei vielen Menschen Unverständnis und Fragen auf. Wieso durfte er als Pfarrer weiterarbeiten? Wie konnte die Kirche es zulassen, dass er seinen Schwerpunkt in der Jugendarbeit sah, ihm Kinder und Jugendliche von nichts ahnenden Eltern zum Beispiel bei Jugendfreizeiten anvertraut wurden?
Vor allem in der Gemeinde Bocholt-Barlo, wo Wehren von 1975 bis 2006 tätig war und bis zu seinem Tod 2011 lebte, zeigten sich die Gemeindemitglieder schockiert von den Vorwürfen. Dort ist laut einem Bericht der Westfälischen Nachrichten sogar ein Spielplatz nach ihm benannt worden: der Kapi-Spielplatz. Kapi war der Spitzname des Pfarrers.Fassungslos wird entsprechend die Reaktion der Menschen in Bocholt-Barlo bei einer Info-Veranstaltung beschrieben, zu dem das Bistum eingeladen hatte.
Nach derzeitigem Stand, so der Selmer Pfarrer Claus Themann, wird es eine ähnliche Veranstaltung in Selm nicht geben. Auch das Bistum Münster bestätigt, dass es dazu bisher keine Pläne gebe. „Pfarrer W. war gut drei Jahre als Kaplan in Selm. Die Anzahl der Menschen, die ihn in unserer Pfarrei noch kennen, ist entsprechend klein, weil es schon 50 Jahre her ist, dass Pfarrer W. Selm verlassen hat“, erklärt Claus Themann. Erzählungen nach, so fügt er noch hinzu, war Wehren aber auch in Selm vor allem in der Jugendarbeit der damals noch eigenständigen Gemeinde St. Josef tätig.
Zur Klärung des Falles, so kündigt es das Bistum auf Anfrage der Redaktion an, wird eine externe Kommission eingesetzt, die voraussichtlich im Oktober mit der Recherche beginnt. Denn: „Dass früher wie in diesem Fall ein wegen einer solchen Straftat verurteilter Priester im Amt bleiben konnte und so gegebenenfalls weitere Betroffene zu Schaden kamen, erfüllt uns heute mit genauso großem Unverständnis wie Sie“, so das Bistum auf Anfrage der Redaktion.
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