Mercosur, kurz für Mercado Comum do Su, ist die südamerikanische Wirtschaftsgemeinschaft. Feste Mitglieder sind Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Venezuela ist seit 2016 suspendiert. Mit dem Abkommen soll künftig die größte Freihandelszone der Welt geschaffen werden. Es sollen Zölle gesenkt und Handelsbeziehungen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten gestärkt werden. Für Deutschland geht es dabei unter anderem auch darum, die Abhängigkeit von Russland weiter zu reduzieren.
Wie ist der aktuelle Stand?
Bereits 2019 einigten sich die Parteien auf die Inhalte, seitdem gab es jedoch keinen nennenswerten Fortschritt in der Umsetzung des Abkommens.
Wie könnte sich das Abkommen auf die lokale Landwirtschaft auswirken?
Philipp Witthoff, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Ortsvereins Selm, sagt: „Durch das Mercosur-Abkommen werden auf Dauer Fleischimporte aus dem Ausland stark zunehmen. Dementsprechend würde das unter anderem zu einem preislichen Problem für unsere deutsche Landwirtschaft sorgen.“
Auf der Seite des Bundesministeriums heißt es, dass der Import von Fleischprodukten über festgelegte Quoten geregelt werden soll. Es dürfe jedoch nur eine limitierte Menge dieser Produkte zollermäßigt in die EU eingeführt werden. In der Summe sei die Tierhaltung in Europa keinesfalls gefährdet. Für die Milchproduktion würden sich gar neue Exportmöglichkeiten ergeben. Witthoff sieht die Quotenregelung kritisch: „Wir waren doch immer so stolz auf das ‚Made in Germany‘. Aber der Verbraucher schaut längst nicht mehr auf die Qualität, sondern eher auf seinen Geldbeutel.“
Gibt es Gegenwind?
Klimaaktivisten und Landwirte haben sich in einem Bündnis aus vier Organisationen zusammengeschlossen. Im Mai haben sie sich im Rahmen einer Pressekonferenz in Berlin gemeinsam gegen das Abkommen ausgesprochen. „Die Organisationen lehnen das Abkommen in dieser Form ab, da es industrielle Landwirtschaft in allen Vertragsländern fördert und dadurch nachhaltige Landwirtschaftsformen, Umwelt und globales Klima zerstört“, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
Was müsste sich für die Landwirte ändern?
Friedhelm May, Schweinebauer und Selmer Ortslandwirt, spricht sich dafür aus, dass alle Landwirte in der Handelszone unter gleichen Standards arbeiten. „Die Bedingungen, unter denen Rindfleisch beispielsweise in Argentinien gemacht wird, sind nicht vergleichbar mit den Bedingungen in Deutschland. Der Einsatz von Hormonen stört dort niemanden.“
Witthoff bekräftigt den Gedanken: „Die Tierhaltung im Ausland hat längst nicht so hohe Produktionsauflagen, wie wir es haben. Dort werden Pflanzenschutzmittel ausgebracht, die hier seit 20 Jahren verboten sind.“ In Deutschland werde unter strengen Auflagen produziert, erklärt Witthoff. Die Landwirte würden in allen Bereichen, ob Tierhaltung oder Ackerbau, kontrolliert. Wenn etwas nicht passt, drohe ein Ausscheiden aus dem QS-Prüfsystem, das die Qualitätssicherung von Lebensmitteln sicher stellt. „Das würde bedeuten, wir bekommen einen viel geringeren Preis für unser Produkt. Und das kann sicher keiner erlauben.“
Wie könnte es mit dem Abkommen weitergehen?
Wie die FAZ am Dienstag (13. Juni) schrieb, hoffe die EU trotz bestehender Differenzen, das Handelsabkommen noch bis zum Ende des Jahres abschließen zu können. Das demonstrierende Bündnis kündigte in der Mitteilung an, weitere Proteste folgen zu lassen. In Hannover und Ulm gab es bereits am 26. Mai weitere Demonstrationen.
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