Der letzte Kriegstote in Cappenberg Besuch im Schnapslager wurde Mann zum Verhängnis

Der letzte Kriegstote in Cappenberg: Besuch im Schnapslager wurde Mann zum Verhängnis
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Eigentlich war der Krieg schon so gut wie vorbei, als die beiden Männer bei der alten Oberförsterei auf Cappenberg in die Pappelallee einbiegen wollten. Es war Karsamstag 1945. Ein sonniger Frühlingstag im März, an den Cappenberger Häusern wehten schon die weißen Fahnen.

Kurz bevor die Panzer der Amerikaner anrückten, hatte sich im Dorf in Windeseile etwas herumgesprochen: Bormann hat sich aus dem Staub gemacht. Ein OT-Mann. Der letzte, der das Schnapslager des Cappenberger Lagers der Oragnisation Todt (OT) - so nannte sich das Bau- und Konstruktionsbüro des Dritten Reiches - bewacht hatte.

Ein letztes Zeichen dafür, dass der Krieg verloren ist. Dass der Einmarsch der Alliierten kurz bevor steht. Und dafür - auch das nicht unwesentlich -, dass der Schnaps gerade nicht bewacht wurde. „Alles, was weit und breit davon Wind bekommen hatte, stürzte sich auf die Vorräte“, heißt es zum Kriegsende auf Cappenberg in der Schützenfestschrift aus dem Jahr 1973, die den Karsamstag 1945 für den Ortsteil dokumentiert hat.

Schnapsvorrat im OT-Lager

Das OT-Lager war im Herbst 1944 in Cappenberg eingerichtet worden. „Es wurde, ohne den Eigentümer Graf Kanitz zu fragen, in Südholz westlich der Straße nach Lünen mit dem Bau eines Lagers begonnen, das im Endstadium sieben Baracken, ein Wohnhaus und einen großen Luftschutzbunker umfasste“, heißt es in der Festschrift der Schützen. Die OT kümmerte sich um kriegsbedingte Bauaufgaben - auch von Cappenberg aus.

Aber - und das sprach sich eben auch schnell rum - die rund 120 OT-Männer brachten auch einen „ungeheuren Vorrat“ mit nach Cappenberg. „Man sprach von zwei Millionen Flaschen an Spirituosen, Wein und konservierten Lebensmitteln, die in den alten Brauereikellern des Gutshofes eingelagert wurde. Dieses sagenumwobene Schnapslager der OT diente nach der Kapitulation manchem zur Freude, anderen zum Verhängnis“, heißt es in der Schützenchronik.

Damit sind die beiden Männer gemeint, von denen eingangs die Rede war. Sie waren zu spät dran. „Ein Leutnant mit seiner in Lünen liegenden Gruppe konnte noch gerade in seinem beladenen Jeep entkommen, als die ersten Panzer bei Kreutzkamp um die Ecke bogen. Doch als Herr Jucho, Inhaber der bekannten Dortmunder Brückenbaufirma (heute nicht mehr bestehend), bei der alten Oberförsterei in die Pappelallee einbiegen wollte, geriet der ein eine MG-Garbe der vorrückenden Panzer. Ihn traf es tödlich, sein Begleiter Herbrechter wurde schwer verwundet“, heißt es in dem Beitrag der Schützenchronik, der auch in dem Buch 1200 Jahre Cappenberg zu finden ist, über den letzten Kriegstoten in Cappenberg.

Dieser Artikel ist ursprünglich am 7. Mai 2020 erschienen. Wir haben ihn erneut veröffentlicht.

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