
© Marie Rademacher
Kleinod in Cappenberg: Der „Park“ am Emtingshof
RN-Gartenserie
Den Garten der Familie Grubendorfer als solchen zu bezeichnen, ist etwas untertrieben. Mit 7500 Quadratmetern gleicht er eher einem Park. In dem es viel zu entdecken gibt.
Als Gertrude Jekyll angefangen hat, sich professionell mit Gartenarbeit zu beschäftigen, da musste sie sich noch als Mann verkleiden. Die Gestaltung von Gärten und Flächen war im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert wohl keine Frauensache. Das erzählt die Cappenbergerin Helga Grubendorfer, während sie an einem Baum in ihrem Garten hochschaut. Rosen klettern hier den Stamm hoch - bis zur Krone. Etwas, das vor eben jener Gertrude Jekyll (1843-1932) noch ziemlich unerhört war.
Durch ihr Wirken hat Gertrude Jekyll die Gartengestaltung in England ziemlich revolutioniert - sie gilt als Mutter des englischen Landhausstils und hat als solche weltweit sehr viele Menschen inspiriert. Unter anderem Helga Grubendorfer und ihren Mann Hans-Josef. Die beiden wohnen auf dem Emtingshof in Cappenberg. In den vergangenen 40 Jahren haben sie sich hier einen Garten geschaffen, der auf ganz vielen Ebenen etwas Besonderes ist.
Da ist zum einen die Größe: Rund 7500 Quadratmeter Fläche hat der Garten. Helga Grubendorfer beschreibt ihn als „parkähnlich“. Schon als junge Leute, so erzählt sie, haben sie und ihr Mann sich Inspiration im Westfalenpark in Dortmund gesucht. Sie haben alles rund gestaltet. Den Teich mit Paddelboot und Brücke, die Wiesen, die Beete. Viele Wege führen durch den Garten - vorbei an historischen Rosen und alten Bäumen, Rhododendren, Azaleen, Cornus und Frühblühern.
1976 war der Emtingshof heruntergekommen
Schwer vorstellbar, dass das ehrwürdige Fachwerkhaus im Zentrum 1976 ziemlich heruntergekommen ausgesehen hat. Damals haben die Grubendorfers das Gebäude vom damaligen Besitzer - dem Grafen von Kanitz - gekauft. Und in Eigenleistung restauriert. „Aus einer Brennnesselwiese ist auch mit unserer Hände Arbeit einer der schönsten Gärten des Münsterlandes entstanden“, schreiben die Grubendorfers auf ihrer Homepage.
„Wir stehen hier auf historischem Boden“, sagt Helga Grubendorfer außerdem. Denn: Der Emtingshof ist der ehemalige Klosterhof des Cappenberger Klosters aus dem 17./18. Jahrhundert und steht als solcher unter Denkmalschutz. „Der Hof hat schon vieles überstanden: die Franzosen, die Kosaken, den 30-jährigen Krieg“, zählt die jetzige Bewohnerin auf.
Der Garten sei für sie natürlich viel Arbeit. Aber eben auch Entspannung. Das Wirken darin sei eine Art von Meditation, bei der viele neue Gestaltungsideen kommen. Außerdem ist der „Park“ der Grubendorfers ein Ort, an dem Interessierte willkommen sind. Seit zehn Jahren öffnen die Eheleute Grubendorfer ihr Gartentor nach Verabredung oder an Tagen des offenen Gartens. „Das ist zu unserem Ehrenamt geworden“, sagt Helga Grubendorfer. Die Eintrittsgelder spenden sie nämlich immer entweder an das Kinderhospiz oder an die Tumorforschung der Uniklinik in Essen.
Tausende Besucher schauten sich den Garten an
Sicher schon 10.000 Besucher, so schätzt es Helga Grubendorfer, sind im Laufe der Jahre schon in ihrem Garten in Cappenberg gewesen. Sind durch das große Tor über den Kiesweg an den Annabelle-Hortensien vorbei auf das Haus zugegangen oder sind mit dem Boot über den Teich gefahren. Oder sie haben die vielen besonderen Rosen bestaunt, die die Bäume hochwachsen. Wie von Getrude Jekyll vor mehr als 100 Jahren vorgeschlagen. Nach der englischen Gärtnerin, deren Bruder übrigens Namensgeber für die bekannte Roman Figur aus „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ war, ist auch eine Rose benannt. Eine Kletterrose - natürlich.
Ich mag Geschichten. Lieber als die historischen und fiktionalen sind mir dabei noch die aktuellen und echten. Deshalb bin ich seit 2009 im Lokaljournalismus zu Hause.
