Keine bauchfreien Tops mehr, genauso wie das Tragen von Hotpants und Jogginghosen verboten ist: Die Käthe-Kollwitz-Gesamtschule in Lünen hat vor Kurzem eine Kleiderordnung „für einen respektvollen Umgang miteinander und ein angemessenes Erscheinungsbild“ beschlossen. Schulleiter Reinhold Bauhus erklärt diesen Beschluss: „Angemessene Vorgaben haben auch eine Signalwirkung.“

Bereits zuvor hatte die Sekundarschule in Wermelskirchen (Rheinisch-Bergischer Kreis) ein Jogginghosen-Verbot beschlossen. Das bedeutet: Die Schule schickt aus ihrer Sicht nachlässig angezogene Schüler nach Hause. Und wie sehen Schulleiter aus anderen Bildungseinrichtungen dieses Reizthema?
„In unseren Ordnungsrahmen (vergleichbar mit Schulordnung, Anm. d. Red.) steht, dass wir Wert auf angemessene Kleidung legen. Wir haben diese Beschreibung bewusst offengelassen und wollten Diskussionen, die möglicherweise bei einer konkreteren Definition endstanden wären, entgegenwirken“, sagt Ulrich Vomhof, Direktor des Johann-Conrad-Schlaun-Schule Nordkirchen.
„Jungs durch Anblick verwirrt“
An seiner Schule gibt es einige Schülerinnen und Schüler, die Jogginghosen tragen oder viel Haut zeigen. Das findet Vomhof nicht grundsätzlich problematisch. „Meiner Meinung nach ist es auch angemessen, wenn ein Schüler oder eine Schülerin eine modische Jogginghose trägt. Es gibt ja durchaus anschauliche Modelle.“
Ähnlich sieht der Schulleiter es beim Thema bauchfrei: Ein kleiner Spalt sei völlig okay. „Aber wenn es exzessiv wird und die Jungs durch den Anblick verwirrt werden, sind dort die Grenzen.“
Kurze Röcke nicht erlaubt
Auch an der Olfener Wolfhelmschule befinden sich Vorgaben zur Kleiderordnung. Unter anderem heißt es dort, dass „Kapuzen, Mützen und Kappen während des Unterrichts abgelegt werden müssen“, berichtet Schulleiter Jerome Biehle. Darüber hinaus sei freizügige Kleidung nicht gestattet. „Darunter verstehen wir zum Beispiel übertiefe Dekollektés, bauchfreie Shirts, kurze Hotpants, kurze Röcke und Muskelshirts“, erklärt Biehle.
Das Lehrpersonal prüfe im Einzelfall, welche Maßnahmen bei einem Verstoß zu treffen sind. „Sollten Kinder nach Hause geschickt werden, werden die Eltern telefonisch benachrichtigt“, sagt der Schulleiter.
Soweit sei es bisher aber noch nicht gekommen. „Wenn Gespräche überhaupt notwendig, erfolgten diese niederschwellig durch Fachlehrkräfte oder das Klassenleitungsteam“, ergänzt Biehle.
„Thema sei keine Notwendigkeit“
Karin Vogel, Schulleiterin der Selma-Lagerlöf-Sekundarschule in Selm sieht an ihrer Schule „keine Notwendigkeit“, über dieses Thema ernsthaft zu reden. „Wir brauchen über diesen Punkt an unserer Schule nicht reden, weil es nur wenige betrifft. Und wenn es doch mal einen 'Diskussionsfall' gibt, kommen wir mit dem Schüler oder der Schülerin und seinen oder ihren Eltern zusammen und besprechen das zusammen.“
Vogel sagt, dass eine Debatte über die Kleidung an einer Schule von vielen Faktoren abhinge. Einzugsgebiet, soziale Situation, wie sind Schülerschaft und Eltern geprägt. „Wir als Schule und Erziehende sehen es zusammen mit den Eltern als unsere Aufgabe an, den Jugendlichen maßvoll Hinweise zu geben, wenn es mal Beratungsbedarf gibt“, erklärt Vogel.

„Eigentlich keine Probleme“
Und wie geht man in Nordkirchen mit unangemessener Kleidung um? „In Fällen, wo die Kleidung der Schülerinnen und Schüler unserer Meinung nach nicht angemessen ist, sprechen wir sie darauf an. Nach Hause geschickt haben wir bisher noch niemanden. Es folgt ein kurzer Austausch und dann ist das geklärt. Wir haben mit diesem Thema eigentlich keine Probleme“, beschreibt Vomhof.
Das Städtische Gymnasium Selm ließen unsere Anfragen unbeantwortet. „Für das Städtische Gymnasium Selm sind diese Fragen zurzeit kein Thema“, teilte Schulleiterin Viola Löchter mit.

Rein juristisch darf eine Schule das Recht der persönlichen Entfaltung der Schülerinnen und Schüler über ihre Kleidung nur dann beschneiden, wenn die Kleidung den Schulfrieden stört. Und das ist etwa dann der Fall, wenn das Lernen gefährdet ist.
Zum Verbot von Jogginghosen sagte Professor Hinnerk Wissmann, Hochschullehrer für Öffentliches Recht an der Universität Münster, der Deutschen Presse-Agentur. „Es gibt keine Grundlage für ein individuelles Verbot. Die Rechtslage ist ziemlich eindeutig.“
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