
© Brede / vom Hofe
Keine Fressfeinde: Zahl der Nutrias im Selmer Auenpark dürfte wachsen
Natur
Die Population der Nutrias im Auenpark scheint zu wachsen - und könnte schnell noch größer werden. Uwe Norra vom Nabu nennt sie „Landschaftsarchitekten“, der Selmer Jäger Heinz-Georg Mors eine Plage.
Von Kameras und neugierig schauenden Passanten lassen sie sich nicht aufscheuchen, die Nutrias im Selmer Auenpark. Die rund zehn Tiere putzen und fressen seelenruhig weiter, verteilt an „ihrer“ Uferböschung.
Besonders häufig sind die Nutrias kurz hinter der Einmündung in den Auenpark am Sandforter Weg zu finden. „Im Auenpark gibt es für Nutrias ideale Bedingungen: Seichtes Gewässer und viel Gestrüpp wie Schilfgras“, erklärt Jäger Heinz-Georg Mors, Leiter des Hegering Selm.
Geteilte Meinung zu „Landschaftsarchitekten“
Ob Nutrias Schaden anrichten? Da gibt es verschiedene Meinungen. „Nutrias sind eher unbeliebt als schädlich“, sagt Uwe Norra vom Naturschutzbund (Nabu) in Selm. „Landschaftsarchitekten“ nennt er sie, weil die Nager Uferböschungen für ihre Tunnel aushöhlen. Genau deshalb sieht Jäger Mors die Situation im Auenpark etwas weniger gelassen: „Nutrias sind eine Plage für die Gewässerunterhaltung.“ Durch die Tunnel könnten die Böschungen abrutschen.

An solchen Uferböschungen fühlen sich Nutrias besonders wohl. © Arndt Brede
Nicht nur Nutrias, sondern auch andere Tiere hätten im Auenpark ihre „ökologischen Nischen“ gefunden, sagt Norra, der immer mal wieder mit dem Rad komme, um Vögel zu beobachten. „Der Auenpark ist für manche Tiere ein hervorragendes Biotop.“
Er findet besonders die Dichte der Teichhühner bemerkenswert. Wenn der Park auch kein Hotspot für seltene Tiere sei, so sei er doch ein attraktives Gebiet für die Natur: „Es gibt einen guten Pflanzenbestand, das ist für Libellen und andere Insekten ideal.“
Keine natürlichen Fressfeinde
Weil Nutrias nicht in Deutschland heimisch sind, gelten sie als invasive Art. Natürliche Fressfeinde haben sie nur wenige. In ihrer amerikanischen Heimat müssen sie sich vor Wölfen, Luxen und Beutegreifer wie Steinadlern in Acht nehmen. „Hier bei uns haben Nutrias keine wirksamen Fressfeinde“, so Norra. Allenfalls der Fuchs oder der Uhu kämen in Frage.
Nutrias selbst ernähren sich vor allem vegetarisch. Trotzdem sind sie nicht ganz ungefährlich für andere Tiere. „Wenn Nutrias Panik kriegen, dann beißen sie zu“, sagt Mors. Auch am Bach bei seinem Hof gebe es Nutrias und eine seiner Katzen sei dort vor Kurzem der gesamte Unterkiefer weggerissen worden. Er gehe stark davon aus, dass sie auf ein Nutria getroffen sei.

Der Selmer Hegeringsleiter Heinz-Georg Mors hofft, dass beim Umgang mit den Nutrias im Selmer Auenpark alle Parteien zusammenarbeiten. © Grafik Nina Dittgen
In anderen Städten und Kreisen wie etwa in Gütersloh gibt es sogenannte „Schwanzprämien“ für Nutrias, damit sich die Population nicht unkontrolliert ausbreitet. Wer eines der Tiere erlegt, der bekommt im Gegenzug Geld dafür.
So weit sei man in Selm aber noch lange nicht, da sind sich beide einig.
„Wir müssen die Situation aber auf jeden Fall im Auge behalten“, sagt Mors. Die Kontrolle über die Tierbestände zu behalten, sei wichtig. Beim Hasen habe sich das genau andersherum gezeigt. So konnten Maßnahmen getroffen werden, damit die Population wieder zunimmt. „Das klappt aber nur gemeinsam“, sagt Mors. Dafür müssten Bürger, Stadt und Jäger alle an einem Strang ziehen.
Waschbär eher das Problem
Wenn ein Jäger auf dem Hochsitz ein Nutria vor die Flinte bekomme, dann würden die meisten wahrscheinlich auch schießen, so Mors. Das komme aber sowieso nur in ganz wenigen Ausnahmen vor. In der Regel werden Nutrias wenn dann mit Lebendfallen bejagt. „Wenn sie nichts anstellen, dann müssen wir sie aber auch nicht jagen“, stellt er klar.
Mors und Norra sehen aktuell eher ein anderes Tier zum Problem werden: den Waschbär. Der ziehe langsam aus dem Kasseler Raum rüber. Norra macht sich besonders um die Vögel und ihre Nester sorgen, Mors sagt, dass Waschbären auch vor Häusern und Vorgärten nicht Halt machen.
Neu in Ahaus, neu im Münsterland und neu in NRW. Aber ein frischer Blick auf die Dinge soll ja bekanntlich helfen, zumindest hofft er das. Pendelte beruflich bisher zwischen Lokal- und Sportjournalismus und kann sich nur schwer entscheiden.
