Mehr als zehn Jahre lang war Barbara Otto mit ihrem Stand „Barbaras Käsespezialitäten“ jeden Donnerstag auf dem Wochenmarkt in Bork anzutreffen. Doch seit dem 1. Januar müssen die Besucher auf dem Markt auf lokalen Käse aus der Nachbarstadt verzichten. Denn nach der Umstellung der Preisgestaltung im Zuge der Übernahme der Märkte durch die Stadt Selm vom langjährigen Marktmeister Franz-Josef Raubuch entschied sich die erfahrene Marktfrau, in Bork nicht weiterzumachen. „Die Voraussetzungen sind ja für diese drei Stunden die gleichen geblieben, einen Preis über die von Herrn Raubuch erhobenen Gebühren hinaus wollte ich nicht zahlen“, erklärt die Olfenerin im Gespräch rund drei Monate später. Dementsprechend sei sie sich nicht mit der Stadt über ein neues Vertragsverhältnis einig geworden.
Die Satzung zur neuen Preisgestaltung hatte der Stadtrat Ende 2024 beschlossen. Die Gebühren liegen nun abhängig von den jeweiligen Tagen, zu denen die Händler kommen, und unterscheiden zwischen Tages- und Dauer-/Vertragshändlern zwischen 60 und 90 Cent pro Markttag und Quadratmeter Standgröße. Zudem will die Stadt die Benutzungsgebühren für Stände ab einer Größe von 40 Quadratmetern um 20 Prozent reduzieren. Diese Veränderung gesteht die Käsehändlerin der Stadt laut eigener Aussage zu, für sie passen Kosten und Aufwand aber in diesem Fall nicht mehr. „Auf keinem anderen Platz hätte ich so viel bezahlt wie nach der Umstellung in Bork. Das finde ich nicht so gut durchdacht“, verdeutlicht Barbara Otto.

Irritationen um Gespräche
Sie verkauft ihren Käse weiterhin auf den Märkten in Olfen, Datteln, Kamen und Drensteinfurt, zu denen jeweils in der Regel mehr Besucher kommen als in Bork. Die Olfenerin macht deutlich, dass ihr die Entscheidung aufgrund der oft jahrelangen Verbindung zu den Menschen in der Stadt nicht leicht gefallen ist: „Gerade für die Kunden, die nicht mit dem Auto in den nächsten Ort fahren können, tut es mir total leid.“ Auch mit den anderen Markthändlern habe sie über die Jahre ein sehr gutes Verhältnis gepflegt.
Etwas irritiert habe sie über einige Kunden im Nachhinein erfahren, dass die Stadt angeblich durchaus noch daran interessiert sei, sie zu den früheren Konditionen zurückzuholen. „Mit mir hat aber seit Anfang des Jahres niemand von der Stadt gesprochen, sondern ich habe nur über Dritte davon erfahren, die die Stadt wohl angesprochen hatte, um mit mir zu reden“, erzählt die Markthändlerin verwundert.
Stadt wollte Stände halten
Für die sehr aktive Olfenerin selbst sei die Reduzierung um einen Markttag dagegen eher eine Wohltat: „Es waren schon immer sehr volle Wochen. Es tut mir auch gut, zumindest ein bisschen weniger zu machen. Ich wurde fast zu meinem Glück gezwungen.“ Für die Borker Kunden, von denen sich einer im Gespräch mit dieser Redaktion deutlich verärgert über den Verlust des Käsestandes nach Übernahme des Marktes durch die Stadt zeigte, fehlt aber nun ein wichtiges Angebot auf dem Wochenmarkt.
Die Stadt Selm hatte sich bei Bekanntgabe, dass sie die Organisation des Markts übernimmt, eigentlich zum Ziel gesetzt, gerade die größeren Stände weiter zu halten und damit die Märkte in Selm und Bork attraktiv zu gestalten. Das ist in diesem Fall nicht gelungen. Stadtsprecher Malte Woesmann erklärt auf Anfrage dieser Redaktion zu dem Thema: „Die Betreiberin des Käsestandes war mit dem neuen Preismodell nicht einverstanden. Auch nach persönlichen Gesprächen und Entgegenkommen konnte die Betreiberin nicht umgestimmt werden. Die Preiserhöhung, die abgelehnt worden war, hätte im einstelligen Eurobereich je Markttag gelegen.“
Unterschiede bei Kosten
Der Unterschied - laut Stadt - zu dem jahrelang etablierten Modell unter dem privaten Marktmeister Raubuch: Zuvor zahlten alle Stände einen pauschalen Betrag, unabhängig von der jeweiligen Standgröße. Nun erfolgt eine Abrechnung nach der tatsächlich genutzten Standgröße, was teilweise zu einer Erhöhung oder Reduzierung der einzelnen Standgebühren führt.
Nach dem neuen Abrechnungsmodell zahlen die größeren Stände mehr Standgebühren, da jetzt die tatsächliche Nutzfläche abgerechnet wird. Um diesen Kostensprung für die Händler zu kompensieren, arbeitet die Stadt mit Rabatten für Stände ab einer gewissen Größe. „Dieses Angebot wurde auch der ehemaligen Beschickerin angeboten, die darauf aber nicht eingegangen war“, schildert der Stadtsprecher. Die Befürchtung, dass sich in Folge der preislichen Umgestaltung weitere Stände verabschieden könnten, hat die Stadt offensichtlich nicht. Malte Woesmann meint dazu: „Es wurden im Vorfeld transparente Gespräche mit allen Marktbeschickern geführt. Bislang sind bis auf den Käsestand alle Händler weiter mit dabei.“
Die Stadt sucht aber neben anderen Angeboten für die Wochenmärkte in Selm -dort ist das Angebot dienstags aktuell sehr schmal - und Bork auch nach einem Käsestand. „Ein Käsestand würde das Angebot der Selmer Wochenmärkte aufwerten und neben vielen anderen Ständen attraktiver machen“, ist der Sprecher überzeugt. Vorerst müssen Marktkunden, die Käse unter anderem bei Barbara Otto kaufen wollen, aber zu anderen Wochenmärkten in der Umgebung fahren.