Viele Kinder essen gern ein Bratwürstchen vom Grill oder die heiß geliebten Hühner-Nuggets. Lebende Rinder, Schweine oder Hühner bekommen die meisten aber nur selten zu sehen. Bei Jan Brüning war das anders. Als er auf dem Hof der Landfleischerei Brüning in Selm aufwuchs, erlebte er hautnah, dass Tiere geschlachtet werden müssen, wenn man Fleisch auf dem eigenen Teller möchte.
„Wenn man damit groß wird, ist das Normalität“, sagt der heute 23-Jährige. Dass er selbst einmal Fleischer wird, stand in seinem Leben aber nicht von Beginn an fest. Zunächst entschied er sich für eine kaufmännische Lehre, um den seit 1952 bestehenden Familienbetrieb unterstützen zu können. „In der Lehre habe ich immer mehr gemerkt, dass ich etwas Handwerkliches machen möchte“, erinnert sich Brüning. „Ich war schon immer der, der anpacken, machen und sehen wollte, was man geschafft hat. Also dachte ich, warum nicht Fleischer?“
Ende 2023 erhielt Jan Brüning seinen Meisterbrief, Anfang 2024 wurde er Fleisch-Sommelier, also ein Geschmacks- und Genussbotschafter für Fleisch, erklärt er. „Im Sommelier-Kurs lernt man, was man mit Fleisch noch alles machen kann.“ Mit besonderen Schnitttechniken aus Amerika könne man beispielsweise aus einem Stück auch einzelne Muskelpartien für den Grill auslösen. Brüning und sein Team holten im Frühjahr 2025 bei den „Meisterstücke“-Wettbewerben, einer Qualitätsprüfung des Fleischerverbands NRW, schließlich siebenmal die Bewertung „Gold“ und dazu noch den Siegerpokal 2025 für die Landfleischerei Brüning. Aber wie steht der Jungfleischer grundsätzlich zu seinem Beruf? Denn unveränderlich bleibt, dass auch für die leckersten Fleischprodukte Tiere sterben müssen.

Das Schlachten gehört dazu
Die Tiere, die Jan Brüning zu Kotelett, Hackfleisch & Co. verarbeitet, schätzt der Jungfleischer nicht geringer als andere Menschen es tun – im Gegenteil: „Als Fleischer weiß man genau, was hinter einem Fleischprodukt steckt. Daher schätze ich das Tier umso mehr wert und möchte ihm vor dem Schlachten auch das bestmögliche Leben schenken.“ Für ihn ist es sehr wichtig, dass die Tiere gut gehalten wurden und keine langen Transportwege haben. „Die Schweine kommen quasi vom Nachbarn am Ternscher See“, erzählt der 23-Jährige. „Das Schwein wird bei ihm groß, fährt drei Minuten und bei uns passiert dann der Rest.“ Dass Tiere durch ganz Deutschland oder sogar international transportiert werden, ist aus seiner Sicht auch für die Umwelt fragwürdig.
Auch die Rinder kommen aus der Umgebung, jedoch steigt die Fleischerei Brüning auf einen anderen Lieferanten für Rinder um. Der Fleisch-Sommelier möchte von Bullen zu Färsen wechseln, also zu weiblichen Rindern: „Junge Bullen haben in der Industrie den größten Anteil, aber Färsen haben einfach viel schöneres und zarteres, marmoriertes Fleisch.“ Nur das Geflügelfleisch stamme nicht aus der Region, das der Betrieb aber nur in geringer Menge hinzukauft und vor Ort mariniert anbietet, so Brüning.
Fernab des Geschmacks bleibt das Schlachten für den Jungfleischer ein Prozess, der nun mal dazugehört. „Wenn das Ganze so gut wie möglich abläuft, mit Verstand und Respekt, dann finde ich es in Ordnung. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.“ Auch wenn ein Tier nicht gleich vom Anhänger möchte, nimmt sich der 23-Jährige etwas mehr Zeit. In solchen Fällen möchte er mit Herz und Kopf reagieren – und nicht etwa mit einem Stromstoß.
Tierleid darf nicht sein
Die Landfleischerei Brüning schlachtet einmal in der Woche etwa 18 bis 20 Schweine und zwei bis drei Rinder, jedoch nicht alle für sich, sondern auch für Bauern im Umkreis. „Das sind Stückzahlen, wo man noch dahinterstehen kann“, sagt Jan Brüning. „Das hat auch etwas mit dem Respekt vor dem Tier zu tun. Was Großbetriebe an einem Tag machen, machen wir vielleicht in sieben Jahren.“
Dass das Tier dabei nicht leidet, ist dem Jungfleischer extrem wichtig. „Das darf nicht sein. Nicht nur, weil die Fleischqualität und letztlich der Genuss darunter leiden. Ich hätte sonst auch keinen Spaß an der Arbeit und würde nicht so dahinterstehen.“

Anders als in großen Schlachthöfen betäubt Brüning Schweine nicht mit CO₂-Gas. Stattdessen nutzt er eine Stromzange. Sobald sie angelegt ist, bekommt das Tier nichts mehr mit und hat auch keine Schmerzen mehr. Zur Sicherheit kontrolliert er auch noch einmal, ob das Schwein wirklich keine Reaktionen zeigt. Rinder hingegen erhalten üblicherweise einen Bolzenschuss. Aber auch dabei möchte sich Jan Brüning mehr Zeit nehmen, damit das Tier Ruhe erfährt und nicht leiden muss.
Das Bild des Fleischers in der Gesellschaft ist über die Jahre inmitten von Skandalen in der Fleischindustrie immer schlechter geworden, findet der 23-Jährige. „Das Fleischereihandwerk hat einen schlechten Ruf. Ich möchte wieder zeigen, dass es nicht nur schwarze Schafe gibt und das Handwerk wirklich gelebt wird.“
Transparenz schaffen
Von außen betrachtet wird mit dem Beruf des Fleischers vor allem das Töten und Zerlegen von Tieren in Verbindung gebracht. Für Jan Brüning ist es aber viel mehr als das: Es ist die Begeisterung, das Beste aus dem Fleisch herauszuholen und für die Menschen auf vielfältige und kreative Weise leckere Sachen herzustellen.
„Klar hat man auch sein Standardprogramm, aber an Rezepturen zu feilen, Sachen zu verfeinern oder sich Neues auszudenken, macht mir sehr viel Spaß.“ Auch eine Schnittlauch- oder Preiselbeerleberwurst darf es für den Jungfleischer mal sein, der vor allem für die Wurstproduktion brennt.
Das Fleischereihandwerk im eigenen Betrieb möchte er den Menschen künftig auch über soziale Medien wie Instagram näherbringen. „Einblicke in das Handwerk sind echt selten. Ich möchte da einfach mehr Transparenz schaffen und den Leuten zeigen, was hier passiert oder wie man eine Wurst macht.“ Inwieweit er die Zuschauer zum Schlachtprozess mitnehmen wird oder diese sich das angucken möchten, weiß er aber noch nicht recht. Dass Fleischesser überhaupt wissen, dass ein Tier für ihr Lieblingsgericht geschlachtet werden muss, hält er aber für wichtig.
Und was ist die Leibspeise des Jungfleischers selbst? „Ich bin ein Riesenfreund von geschmorten Rinderbäckchen. Die sind superzart, wenn man die richtig macht. Noch besser als Rinderfilet“, so der 23-Jährige. Auch Bäckchen vom Schwein kann er empfehlen. Das sei kein hochwertiges Fleisch wie Schweinerücken oder -filet, aber trotzdem superlecker. Tagtäglich ist Jan Brüning von Fleisch umgeben. Einen Tag, an dem er dem Fleisch überdrüssig wurde, gab es bis jetzt aber noch nicht.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 13. April 2025.