Immobilienmarkt im Dortmunder Speckgürtel Boden- und Hauspreise steigen trotz Krise

Von Kevin Kohues
Boden- und Hauspreise im Kreis Unna steigen trotz der Krise
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Der Boom am Immobilienmarkt im Kreis Unna ist vorbei, doch die Preise steigen weiter – und es finden sich auch nach wie vor Käufer. Auf diese etwas widersprüchlich anmutende Formel lässt sich eine aktuelle Auswertung des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis Unna bringen.

Die Fachleute werten Kaufverträge, Bauakten, Luftbilder und Befragungen aus, erzeugen daraus die Bodenrichtwerte, Immobilienrichtwerte und den Grundstücksmarktbericht für acht von zehn Städte und Gemeinden im Kreis Unna. Unna und Lünen fehlen in der Betrachtung. Die beiden größten kreisangehörigen Städte haben eigene Gutachterausschüsse, wobei Lünen diese Aufgabe künftig auch an den Kreis überträgt.

Martin Oschinski, Vorsitzender des Kreis-Gutachterausschusses, und Martin Eickhoff, Leiter der Geschäftsstelle, haben jetzt die Ergebnisse ihrer Auswertung für 2022 präsentiert. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie haben sich die Zahl der Kaufverträge und der Umsatz auf dem Immobilienmarkt im Kreis Unna entwickelt?

Seit 2011 ging es steil nach oben. Der Grundstücksverkauf boomte ebenso wie der Umsatz mit Bauland und Immobilien – bis 2022. „Letztes Jahr hatten wir einen starken Einbruch zu verzeichnen“, sagt Martin Eickhoff. Die Zahl der Kauffälle sank von 2777 auf 2239; das entspricht einem Minus von 19,4 Prozent.

Eine logische Folge daraus ist der Rückgang der Geldumsatzes. Sind 2021 noch 875 Millionen Euro umgesetzt worden, waren es 2022 nur noch 687 Millionen Euro, fast 200 Millionen weniger.

Was sind die Ursachen für diesen Einbruch?

Die Experten nennen die Folgen des Ukraine-Krieges, steigende Energie- und Baukosten, aber auch die steigenden Zinsen. „Seit dem 3. Quartal beobachten wir eine größere Vorsicht auf dem Markt“, sagt Martin Oschinski. Die Nachfrage der Häuslebauer sinke und manche Investoren stoppten ihre Bauvorhaben.

Entwicklung des durchschnittlichen Kaufpreises für Ein- und Zweifamilienhäuser (freistehend, Doppelhaushälften und Reihenhäuser) von 2016 bis 2022.
Entwicklung des durchschnittlichen Kaufpreises für Ein- und Zweifamilienhäuser (freistehend, Doppelhaushälften und Reihenhäuser) von 2016 bis 2022: Es geht trotz des Krieges und multipler Krisen weiter nach oben. © Grafik: Kreis Unna

Werden Häuser und Bauland in der Krise günstiger?

Nein. Das lässt sich aus den Zahlen zumindest noch nicht ablesen. Im Gegenteil: Auch 2022 verzeichnen die Experten vom Gutachterausschuss einen Anstieg bei den durchschnittlichen Kaufpreisen.

Haben Ein- und Zweifamilienhäuser 2021 im Kreis Unna noch im Schnitt rund 315.000 Euro gekostet, mussten Käufer ein Jahr später für dasselbe Haus schon 344.000 Euro zahlen.

Auch Bauplätze waren weiterhin teuer. 2022 stieg der Durchschnittspreis pro Quadratmeter auf 311 Euro, während der Quadratmeter 2021 „nur“ 235 Euro gekostet hatte.

Welche Unterschiede gibt es zwischen den Städten und Gemeinden?

Zum Teil erhebliche. Spitzenreiter der Grundstückspreise waren Kamen (379 Euro/Quadratmeter) und Werne (368 Euro/Quadratmeter). Die dort vergleichsweise großen Sprünge hätten mit Neubaugebieten zu tun, in denen Käufer auch Erschließungkosten zahlen müssen. Am anderen Ende der Skala rangiert die Gemeinde Bönen mit unveränderten rund 150 Euro pro Quadratmeter. Zur Erklärung sagt Martin Oschinski: „Der Ort ist klein, es gibt dort kein Baugebiet und wenig Bautätigkeit.“ Ein weiterer wichtiger Faktor für das Preisniveau ist freilich die Lage. So macht es durchaus einen Unterschied, ob man als Käufer einen Bauplatz in unmittelbarer Nähe zur Großstadt Dortmund sucht oder das vergleichsweise abgelegenere Fröndenberg bevorzugt.

Durchschnittspreise für Wohnbauflächen der vergangenen sechs Jahre im Vergleich
Durchschnittspreise für Wohnbauflächen der vergangenen sechs Jahre im Vergleich: Die meisten und teuersten Verkäufe gab es zuletzt in Kamen und Werne. © Grafik: Kreis Unna

Wie sind die Aussichten für 2023?

Die Experten bilanzieren ein geringer werdendes Angebot (2020 erfassten sie noch 127 verkaufte Bauplätze, 2021 nur noch 109 und 2022 nur noch 73 Verkäufe von unbebauten Grundstücken) bei weiter steigenden Preisen. Irgendwann sei aber auch bei der Preisentwicklung eine Grenze erreicht. Martin Oschinski: „Ich glaube nicht, dass die Preise einbrechen werden, aber sie werden auch nicht weiter steil bergauf gehen, ich glaube eher an eine Seitwärtsbewegung.“

Sein Kollege Martin Eickhoff ergänzt: „Die Preise werden aktuell noch gezahlt, aber es sind weniger Anfragen da. Von Maklern hören wir oft, dass sie früher sofort verkauft haben und es jetzt schon mal ein bisschen länger dauert.“

Welchen Service gibt es, wenn man sich für einen Kauf oder Verkauf einer Immobilie oder eines Grundstücks im Kreis Unna interessiert?

Das kostenfreie Portal des Landes boris.nrw.de bietet viele Informationen, die kostenlos abrufbar sind. Etwa die Bodenrichtwerte und die durchschnittlichen Lagewerte für Immobilien. „Dort kann jeder gucken, was sein Haus ungefähr wert ist“, sagt Martin Oschinski. In dem Portal seien Normobjekte hinterlegt und mithilfe eines Immobilien-Preis-Kalkulators und einigen Angaben zum eigenen Haus lässt sich der Wert berechnen. Oschinski: „Das passt auf durchschnittliche Objekte sehr gut, weil das System nicht auf Angebotspreisen, sondern auf Kaufpreisen basiert.“

Der Gutachterausschuss selbst versendet in unregelmäßigen Abständen auch Informationen per E-Mail. Interessierte können sich über die Adresse gutachterausschuss@kreis-unna.de formlos dafür anmelden.