Mit einer hochemotionalen Zeugenaussage der überfallenen Waltroper Tankstellen-Mitarbeiterin ist der Prozess um den bewaffneten Überfall durch einen Selmer (20) fortgesetzt worden. Die 18-jährige Zeugin musste am Dienstag (11.3.) am Bochumer Landgericht immer mal wieder mit den Tränen kämpfen.
„An dem Tag war es in unserer Tankstelle ruhiger als sonst. Mein Kollege saß hinten im Büro, ich war vorne alleine“, erinnerte sich die 18-Jährige. Nur wenige Wochen vor dem verhängnisvollen 21. Oktober 2024 hatte die junge Frau in der Waltroper Star-Tankstelle an der Borker Straße ihre Ausbildung zur Verkäuferin begonnen.
Plötzlich passierte es. „Ich hatte nur ganz kurz auf mein Handy geschaut, merkte dann etwas heranhuschen und im nächsten Moment stand ein maskierter und bewaffneter Täter vor mir“, sagte die Auszubildende. „Ich bin stocksteif stehengeblieben und habe ihm in die Augen geguckt.“
Erst auf den knappen Befehl („Runter auf den Boden“) des mit Tuch und Kapuze vermummten Räubers legte sich die 18-Jährige auf den Boden. Dort verbrachte die junge Frau die wohl schlimmsten Minuten ihres Lebens. Die 18-Jährige: „Ich habe dann nur noch auf den Boden geschaut, weil man ja schon gehört hat, dass Täter nervös werden, wenn man sie auch noch anschaut.“ Sie habe ein Rascheln gehört, der Täter habe wohl erst an der Kasse gerissen, dann die Kabel durchgeschnitten und schließlich auch noch die dafür benutzte Schere fallen lassen.

„Ich hatte in dem Moment panische Angst um mein Leben“, sagte die Auszubildende den Richtern der 8. Strafkammer. Erst nach einigen Minuten habe sie gewagt, sich wieder zu bewegen. Da sei der Täter zum Glück aber schon weg gewesen.
Die Folgen des Überfalls waren für die Auszubildende dramatisch. „Direkt danach war ich in psychologischer Behandlung, weil ich nicht oder nur ganz schlecht schlafen konnte“, erinnerte sich die 18-Jährige. „Es gab auch immer wieder diese Nächte, wo ich wach geworden bin, weil ich diese hasserfüllten Augen gesehen habe.“
An ihren Arbeitsplatz in der Tankstelle habe sie deswegen anfangs unter gar keinen Umständen zurückgewollt. „Ich wollte wirklich aufgeben, aber alle haben mir gesagt, dass ich es dann mein ganzes Leben nicht mehr loswerde“, so die Auszubildende. Und das habe sie verinnerlicht. Und gegen ihre Ängste angekämpft.
„Der erste Schritt zurück fiel mir wirklich sehr schwer“, erinnerte sich die junge Frau. Aber irgendwann sei es dann doch gegangen. Auch wenn es im zurückliegenden Winter schon noch die eine oder andere innerlich stressige Situation gegeben habe, wenn beispielsweise Kunden mit Handschuhen in die Tankstelle gekommen seien.
Lob für ihre Kraft
Für ihren Mut, ihre Kraft und ihre starke Aussage zollte die Staatsanwältin der Auszubildenden ausdrücklich ihren Respekt: „Danke, dass Sie hier waren.“
Und auch der angeklagte Selmer bat die 18-Jährige zum Schluss der Zeugenaussage persönlich um Entschuldigung: „Es tut mir aufrichtig leid, es war wirklich nicht meine Absicht, dass ich Sie psychisch so beeinträchtigt habe.“
Der 20-Jährige hatte beim Prozessauftakt bereits eingeräumt, die Tankstelle in Waltrop überfallen zu haben, um Geld für neues Kokain zu erbeuten. „Ich bin froh, dass ich verhaftet wurde“, hatte er später auch in einem Brief zugegeben.
Der Selmer war damals allerdings schnell von der Polizei gefasst worden, nachdem ihm bei einem Kennzeichenwechsel am Fluchtwagen ein fataler Fehler unterlaufen war. Dem 20-Jährigen droht eine empfindliche Jugendhaftstrafe.