Nach dem Schnee kommt der Regen – und damit auch steigende Pegelstände in den Flüssen. Die hohen Plusgrade von rund zehn Grad beschleunigen die Situation noch einmal. Vor allem der Rhein ist von Baden-Württemberg bis Nordrhein-Westfalen derzeit stark betroffen. Aber auch an einigen bayerischen Gewässern ist die Lage angespannt. Teilweise müssen Schiffe langsamer fahren, wie etwa bei Köln. Wie sieht die Situation an den Flüssen rund um Selm und Lünen aus? Ist möglicherweise das Fackelschwimmen am kommenden Samstag gefährdet?
Die Emschergenossenschaft Lippeverband kann schnell Entwarnung geben. So drastisch wie am Rhein sind die Verhältnisse an der Lippe nicht. „Es ist alles im grünen Bereich und in keiner Weise besorgniserregend“, erklärt EGLV-Sprecherin Meike Delang auf Anfrage. Derzeit liegt der Pegel an der Graf-Adolf-Straße mitten in der Lüner City bei 430 Zentimetern (13. Dezember, 17 Uhr). Dieser Wert würde einem Hochwasser entsprechen, was einmal jährlich vorkommt. „Ein völlig normales Ereignis“, so Delang. Bis es zu einem Hochwassereinsatz kommt, sei man noch etliche Zentimeter, sogar Meter, entfernt. Die aktuellen Regenfälle sind aber deutlich sichtbar. So wurde etwa ein Teil der Treppenkaskade bereits vom Wasser überschwemmt.
An der Kläranlage Selm-Bork ist seit dem 9. Dezember ein stetiger Anstieg zu erkennen - von 227 Zentimeter auf aktuell 298 Zentimeter (13. Dezember, 16 Uhr). Vom mittleren höchsten Wasserstand (2011 - 2020) ist man aber noch gut 25 Zentimeter entfernt. Übrigens: Den höchsten Wert auf acht Wochen gesehen, gab es in Selm-Bork am 28. November mit 323 Zentimetern.

Einsatz erst ab sechs Meter
Das Zusammenspiel von Schneeschmelze und weiteren Regenmengen im Einzugsgebiet des Rheins sorgt für weiter steigende Pegelstände, heißt es beim WDR. Diesen Aspekt gebe es hier an der Lippe nicht, betont die EGLV-Sprecherin. Lediglich die Regenfälle aus dem Lippe-System, also die vielen kleinen zufließenden Bäche, schlagen sich auf den Pegelwert nieder. Der könnte laut Delang in den kommenden 48 Stunden vielleicht noch mal ein wenig ansteigen, denn der Niederschlag aus der Umgebung brauche immer ein wenig, um in der Lippe an den Messpunkten rund um Lünen und Selm anzukommen.
Ab einem Wasserstand von 600 Zentimetern, also noch fast zwei Meter von der aktuellen Lage entfernt, spräche man von einem Hochwasser, wie es alle zehn Jahre einmal vorkommt. Aber auch dann, so Delang, seien die umliegenden Flächen nahe der Lippe noch nicht überströmt mit Wasser. „Nur weil bei uns ein Einsatz ausgerufen wird, muss es keinen wirtschaftlichen Schaden geben. Wir gucken dann beispielsweise, wie es an den Deichen und Wehren aussieht und ob sich gegebenenfalls Boote losgerissen haben und quer auf der Lippe schwimmen“, so die Sprecherin.
Situation an Funne und Stever
Für die Stever und die Funne gibt es über das Programm „PegelAlarm“ stündliche Echtzeitdaten bezogen auf die Wasserstandshöhe, die bis auf das Jahr 2015 zurückgehen. Schaut man sich nur die vergangenen 30 Tage an, sticht auch hier der 28. November als sehr regenreicher Tag heraus (Funne: 111cm, Stever: 206cm).
Für den 13. Dezember zeigt der Messpunkt an der Olfener Mühle einen Höchststand von 132 Zentimetern (17 Uhr). Ein stetiger Anstieg ist ab dem 9. Dezember zu beobachten, hier lag die Pegelhöhe bei 68 Zentimetern - also gut der Hälfte. Die vorgeschlagene Alarmgrenze liegt an dem Standort in Olfen bei 260 Zentimetern, die vorgeschlagene Voralarmgrenze bei 210 Zentimetern. Mit dem derzeitigen Wasserstand liegt der Fluss also noch weit von dieser Linie entfernt.
Die Funne bei Selm-Ondrup führt deutlich weniger Wasser, aber auch hier verzeichnet das Programm einen Anstieg seit dem 10. Dezember (30 Zentimeter). An den darauffolgenden Tagen gibt es immer wieder deutliche Ausschläge nach oben, die dann aber auch wieder leicht absinken. Aktuell liegt der Pegel bei 81 Zentimetern (13. Dezember, 16 Uhr). Die vorgeschlagene Voralarmgrenze wurde für den Messpunkt in Selm bei 117 Zentimetern angesetzt - also noch gut 40 Zentimeter vom derzeitigen Wasserstand entfernt. Für den gut 12 Kilometer langen Selmer Bach gibt es übrigens keine Echtzeitdaten zum aktuellen Pegel. Das kleine Flüsschen führte in den vergangenen Jahren aufgrund von Trockenheit aber ohnehin eher wenig Wasser.

Die scheinbar nicht gefährliche Lage an Funne und Stever zeigt auch die Legende: Der grüne Pfeil für die beiden Gewässer ist gleichbedeutend mit „Normalwasser, gleichbleibend“. Anders sieht es da etwa am Rhein bei Köln, Bad Honnef und Koblenz aus. Hier wurde die vorgeschlagene Voralarmgrenze laut der Warn-App bereits am Mittwochmittag (13. Dezember) überschritten - Tendenz steigend. Wie hoch der Rhein genau steigen wird, ist laut dem Deutschen Wetterdienst noch unklar. Das hänge unter anderem von der Schneefallgrenze in den Alpen und im Schwarzwald ab.
Aussichten für das Wochenende
Die Auswertung für die Gewässer rund um Lünen und Selm zeigen Echtzeitdaten und keinen Ausblick auf die kommenden Tage. Doch auch der Wetterbericht gibt Entwarnung. In Selm liegt die Regenwahrscheinlichkeit in den kommenden vier Tagen zwischen 20 und 80 Prozent. Am Wochenende sind es lediglich 20 Prozent. Ähnlich sieht es für die Stadt Lünen aus. Der Sonntag könnte hier aber etwas regnerischer werden.
Und wie steht es um das Fackelschwimmen mitten in der Lippe am Samstag (16. Dezember)? Auch hier zeigt sich Conny Killian, zweite Vorsitzende des Tauchsportclubs Lünen, vorab relativ entspannt. „Regen stört uns nicht.“ Es dürfe nur kein Gewitter geben. Inwiefern die Strömung die Taucher an ihrem Vorhaben hindert, würde erst am Tag selbst geklärt. „Da gibt uns das THW und die Feuerwehr Bescheid. Ansonsten gehen wir auf jeden Fall rein“, so Killian.
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