Historiker lenkt Blick aufs Schloss Cappenberg Barbarossa ist unübersehbar und doch versteckt

Barbarossa ist in Cappenberg unübersehbar und doch versteckt
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Sechs Euro kostet der Eintritt zur international gefragten Ausstellung „Barbarossa. Das Vermächtnis von Cappenberg“ im Schloss Cappenberg. Ein Bildnis des vor 900 Jahren geborenen Stauferkaisers lässt sich aber auch bewundern, ohne das Museum zu betreten.

Es reicht, vor der Tür stehen zu bleiben und den Kopf in den Nacken zu legen - etwas, das allerdings kaum jemand macht. Denn wer sich da oben im Giebel der barocken Schlossanlage versteckt, war bislang weitgehend unbekannt. Erst Gerd Dethlefs, Kurator der Ausstellung, hat den Blick auf die wohl am meisten übersehene Darstellung des Herrschers gelenkt. Und auf das Geheimnis der beiden Männer rechts und links von ihm.

Alle drei Männer sehen auf diesen Brustbildern aus hellem Stein ähnlich aus: mittelalt, kräftig, entschlossen blickend, mit Lorbeeren bekränzt. So wie es im antiken Rom bei Kaisern üblich war. Der einzige Unterschied zwischen den Dreien: Der Mann in der Mitte ist auch noch zusätzlich von einem Lorbeerkranz eingefasst. „Der mittlere Kaiser im Lorbeerkranz dürfte mit Barbarossa als dem für Cappenberg wichtigsten Kaiser zu identifizieren sein“, sagt Gerd Dethlefs. Dadurch, dass Otto von Cappenberg einst Baby Barbarossa als Pate zur Taufe trug, war eine enge Verbindung entstanden, die der damals noch jungen Klostergemeinschaft in Cappenberg zu großem Ansehen im Reich verholfen hatte.

Wer ist rechts und links?

Und wer sind die beiden Nachbarn rechts und links von Kaiser Friedrich I. Barbarossa? Der Münsteraner Historiker und Referent für Landesgeschichte am LWL-Museum für Kunst und Kultur will sich da nicht festlegen. Er nennt aber Theorien.

Es könnte sich um die Kaiser Heinrich V., dem letzten Kaiser aus dem Geschlecht der Salier, handeln und um Heinrich VI., den Sohn Barbarossas: beides Herrscher, von denen das Prämonstratenserstift Cappenberg Urkunden aus dem Jahrhundert seiner Gründung besaß. Dethlefs hat aber noch eine andere Theorie, die er im Ausstellungskatalog verrät: Die äußeren Büsten könnten die Stiftsgründer Gottfried und Otto von Cappenberg meinen: die einstigen Ritter, die nach der Zerstörung des Doms von Münster aus Angst vor dem Höllenfeuer auf Macht, Reichtum und Nachkommenschaft verzichtetet hatten.

Der weitgehend unbeachtete Cappenberger Kopf im Giebel ist also eine Darstellung Barbarossas. Der weltweit berühmte Cappenberger Goldkopf ist es dagegen nicht, wie die Forschung vor wenigen Jahren gezeigt hat. Der Popularität des einstigen Barbarossa-Kopfes - ein Geschenk des Kaisers für seinen Patenonkel Otto - hat das aber keinen Abbruch getan. Der vergoldete Bronzekopf ist das begehrteste Stück der international beachteten Barbarossa-Ausstellung. In Cappenberg ist er aber schon seit Oktober nicht mehr.

Der goldene Kopf von Cappenberg galt lange als Darstellung Barbarossas, ist es aber nicht, wie inzwischen bekannt ist. Seiner Popularität hat das keinen Abbruch getan. Zurzeit befindet sich der Kopf in Münster.
Der goldene Kopf von Cappenberg galt lange als Darstellung Barbarossas, ist es aber nicht, wie inzwischen bekannt ist. Seiner Popularität hat das keinen Abbruch getan. Zurzeit befindet sich der Kopf in Münster. © Sylvia vom Hofe

Statt in der neuen Vitrine im Seitenschiff der sanierten Stiftskirche Cappenberg lässt sich der Kopf, in dem sich Reliquien befinden, seitdem in Münster bewundern: im LWL-Museum für Kunst und Kultur, dem zweiten Standort der LWL-Doppelausstellung neben dem Museum im Schloss Cappenberg mit dem rätselhaften Giebel.

Die drei Köpfe sind aber nicht das einzige Rätsel, das das Giebeldreieck über dem Haupteingang zum Schloss aufgibt. „Deo Tri Uni Architecto Magno“ steht in großen goldenen Lettern über drei Fenster hinweg geschrieben. Das ist Latein und bedeutet: „Dem dreieinen Gott, dem großen Architekten.“ Das Rätsel liegt aber nicht in der Übersetzung, sondern in einer im Text verborgenen Information.

Auf dem Giebel des Schlosses gibt es eine geheime Botschaft.
Auf dem Giebel des Schlosses gibt es eine geheime Botschaft. © Sylvia vom Hofe

Dr. Wingolf Lehnemann, bis 2018 ehrenamtlicher Leiter des Stadtmuseums Lünen im Gesindehaus von Schloss Schwansbell, hat es gelöst. In der 2014 erschienen Schrift „Chronogramme: verschlüsselte Daten in Lünen und aus Lünen“ weist er auf acht besonders hervorgehobene Buchstaben in der Inschrift hin. Tatsächlich sind D I U I C I C und M etwas größer als die übrigen Lettern. Sie entsprechen römischen Ziffern. Wer sie addiert, kommt auf die Jahreszahl 1708. In diesem Jahr hatte die Klostergemeinschaft der Prämonstratenser den Südflügel der Klosteranlage errichtet: das heutige Museum.