Monika Kerschke schließt ihr Geschäft in wenigen Wochen – und lockt mit Rabatten.

Monika Kerschke schließt ihr Geschäft in wenigen Wochen – und lockt mit Rabatten. © Görlich

Geschäft an der Kreisstraße in Selm schließt nach 38 Jahren mit Rabatten

rnLadenschließung

Ein weiteres Ladenlokal an der Kreisstraße in Selm wird in wenigen Wochen geschlossen – obwohl das Geschäft gut lief. Die Hoffnung auf eine Nachfolgelösung bleibt aber.

Selm

, 20.10.2022, 18:45 Uhr / Lesedauer: 2 min

Seit über 38 Jahren führt Monika Kerschke ihren Laden an der Selmer Kreisstraße. Schon bald ist allerdings Schluss damit. Für die Chefin ist das eine schwere Entscheidung. Denn das Geschäft läuft gut – seit der Corona-Pandemie sogar besser als zuvor.

Mit ihrem Kurzwarenladen „Nadel und Faden“ versorgt Monika Kerschke seit fast vier Jahrzehnten nicht nur die Selmerinnen und Selmer mit Stoffen, Wolle und Co. Die 65-Jährige zählt auch Menschen aus den umliegenden Städten zu ihrer Kundschaft, denn durch die Schließung anderer Kurzwarenläden in der Umgebung gebe es kaum noch Alternativen. Dennoch öffnet das Geschäft am 30. November zum letzten Mal.

Aus gesundheitlichen Gründen musste Monika Kerschke diesen für sie traurigen Entschluss fassen. „Wenn ich gesund wäre, würde ich das Geschäft auf gar keinen Fall aufgeben“, sagt sie. Seit Mai öffnet Kerschke nur noch am Vormittag. Wenn die Kraft dafür nicht reicht, kann sie auf die Unterstützung ihrer Aushilfe setzen.

Hoffnung auf Nachfolger

Zwar kauft Monika Kerschke keine Waren mehr ein, die Auswahl im Ladenlokal ist aber noch immer groß. Mit einem Rabatt von bis zu 50 Prozent hofft sie, möglichst viel Ware in den letzten Wochen verkaufen zu können. Schon länger sucht sie nach einem Nachfolger: „Ich würde das gern an jemanden übergeben, aber zur jetzigen Zeit traut sich ja keiner, sich selbstständig zu machen.“ Bis zur Schließung will sie die Suche aber fortsetzen. „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“

Viele Stoffe, Wolle und weitere Waren werden im Laden mit großem Rabatt verkauft.

Viele Stoffe, Wolle und weitere Waren werden im Laden mit großem Rabatt verkauft. © Görlich

Denn das Geschäft lohnt sich. „Nach der ersten Corona-Welle lief es super gut, da habe ich mehr Umsatz gemacht als vorher“, berichtet Kerschke. „Nach der zweiten Welle haben die Leute gelernt, auch im Internet einzukaufen. Die Geschäfte waren ja zu.“ Mittlerweile hätten sich die Verkäufe wieder normalisiert – trotz kürzerer Öffnungszeiten. „Ich habe mit einem halben Tag genauso viel Umsatz wie sonst mit einem ganzen Tag.“

Warum sich mehr Menschen für Nähen und Stricken begeistern, hat laut Kerschke viele Gründe: „Einige sind jetzt in Rente gegangen und fangen wieder an zu nähen. Junge Frauen, die ihre Kinder bekommen haben, fangen auch damit an – und viele wollen mehr Nachhaltigkeit und nichts mehr wegwerfen.“

Tipps und Ratschläge

Besonders beliebt sei aktuell das Stricken von Mützen, Schals und Socken. Zu Beginn der Corona-Pandemie hätten viele durch das Nähen von Alltagsmasken zu ihrem Hobby gefunden. Auch Neulinge sind bei Monika Kerschke an der richtigen Adresse: „Die Leute, die nicht nähen können, kommen zu mir. Ich zeige denen, wie es geht und gebe Tipps und Ratschläge.“ Zeit für ausführliche Beratungen nahm sie sich in der Vergangenheit auch immer nach den regulären Öffnungszeiten.

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Schon mit 14 Jahren hat Monika Kerschke ihren ersten Nähkurs belegt. Die Leidenschaft zum Nähen liege ihr im Blut, sagt sie. In der Familie gab es mehrere gelernte Näherinnen. Aber der Griff zu Nadel und Faden hatte auch pragmatische Gründe: „Ich habe schon ganz früh meine Hosen genäht, weil ich lange Beine hatte und die Hosen nie passten.“

Eine Ausbildung hat sie später allerdings als Industriekauffrau absolviert – und auch viele Jahre in dem Bereich gearbeitet. Wenige Jahre nach Geburt ihrer Tochter wagte Monika Kerschke dann mit dem Geschäft an der Kreisstraße den Schritt in die Selbstständigkeit. „Das war nicht geplant und kam ganz spontan.“

„Knisterstoffe“ abgelehnt

Es fing mit wenigen Stoffen an, weil das Startkapital begrenzt war. „Alles was wir verdient haben, haben wir wieder in den Laden gesteckt“, erinnert sich Kerschke. Früher waren noch Polyester und Nylon angesagt. Kerschke nennt sie „Knisterstoffe“. Warum? „Wenn man den Pullover angezogen hatte, sprühte der Funken.“ Das habe sie erst gar nicht im Laden geführt. „Das waren immer Sachen, die konnte man überall kaufen. Die wollte ich nicht.“

Ihre Kunden wollen heute wie früher Qualität zu guten Preisen. „Ich hoffe, dass ich das gut gemacht habe.“

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