Noch laufen die Hühner auf dem Hof von Petra und Richard Balster-Spinne nahe der Grenze zum Kreis Coesfeld wild umher. Wie lange das noch geht, steht allerdings in den Sternen – in den Nachbarorten herrscht seit Freitag (24.2.) wegen der Geflügelpest Stallpflicht.
Nachdem bereits am Montag (20.2.) im Kreis Coesfeld ein Fall von H5N1 bei einer verendeten Wildgans in Lüdinghausen nachgewiesen wurde, bestätigte die Kreisverwaltung weitere Fälle der Geflügelpest bei Wildtieren.
Im Kreis Unna hingegen sei eine Stallpflicht oder -empfehlung zum Schutz vor dem Virus zuletzt noch kein Thema gewesen, so Richard Balster-Spinne. Er kritisiert die Informationspolitik in so einem Fall. „Wir kriegen keine direkte Information. Das ist eigentlich ein richtiges Unding“, findet Richard Balster-Spinne. Stattdessen müsse die Familie täglich im Internet nachsehen, ob eine Verfügung zur Stallpflicht im Amtsblatt des Kreises veröffentlicht wurde.
Kannibalistische Züge
Bei einer Empfehlung zur Stallhaltung – wie zuletzt in Olfen und Nordkirchen – durch den Kreis Unna würden die Hühner des Hofes Spinne vermutlich dennoch weiter ihren Auslauf bekommen, denn: Die Eier aus Freilandhaltung werden auch entsprechend so vermarktet. „Da sind wir verpflichtet, die Hühner jeden Tag rauszulassen“, weiß Petra Balster-Spinne. „Und die wollen auch raus“, ergänzt ihr Mann.
Die Tiere würden jeden Morgen bereits darauf warten, aus ihrem Stall in den Außenbereich entlassen zu werden. Die Tiere müssten sich im Falle einer angeordneten Stallpflicht erst an die neue Situation gewöhnen. Dazu gehört laut Richard Balster-Spinne: „Wir müssen die Hühner beschäftigen.“ Wenn sie sich langweilten, nehme das nämlich kannibalistische Züge an.
Daher müssen Hühner vor allem ausreichend Möglichkeiten zum Picken haben. Etwa 15.000-Mal täglich tun sie das. Das zu ermöglichen, würde für ihn und seine Frau bei einer Stallpflicht zum „Fulltime-Job“ werden, kündigt Balster-Spinne an.
Freiland- oder Bodenhaltung
Um es sich selbst und den Tieren leichter zu machen, könne der Stallbereich unter anderem um ein Weidezelt – das die Tiere auch im Außenbereich vor einem Kontakt mit Wildvögeln schützen würde – erweitert werden.
Bei einer Stallpflicht wie im Kreis Coesfeld wäre ein Verkauf der Freilandeier für eine befristete Zeit weiter möglich. „Eier aus Freilandhaltung können trotz Aufstallungsanordnung für maximal 16 Wochen weiterhin als Freilandeier vermarktet werden“, heißt es vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv). Für Schlachtgeflügel aus Freilandhaltung gilt eine Frist von 12 Wochen.

Bei einer Empfehlung zur Stallhaltung gilt dagegen: „Wenn ein Betriebsleiter sich entschließt, seinen Bestand vorsorglich aufzustallen, können die Erzeugnisse nur als Bodenhaltungserzeugnisse vermarktet werden.“
Die Entscheidung gegen eine dauerhafte Stallhaltung ist für Richard Balster-Spinne aber keine rein finanzielle: „So lange wir nicht müssen, zögern wir es im Sinne der Hühner hinaus.“
1500 Hühner in zwei Ställen
Um das Infektionsrisiko für die Tiere zu verringern, seien im Außenbereich keine Futterstellen mehr eingerichtet, die Desinfektion der Ställe sei aktuell wichtiger als sonst. Außerdem achte die Familie darauf, dass sich so wenige Wildvögel wie möglich den Hühnern nähern.
Und wenn es dann doch zu einer Ansteckung mit dem Virus kommen sollte? Auch wenn die etwa 1500 Hühner des Hofes aktuell auf zwei Ställe aufgeteilt sind, müsste bei einem positiven Fall von Geflügelpest der gesamte Bestand des Hofes geschlachtet werden – eine wirtschaftliche Katastrophe, die Familie Balster-Spinne mit allen Mitteln vermeiden will.
Zuletzt wurde dem Hof und ganz NRW von März bis Mai 2021 eine Stallpflicht wegen der Geflügelpest auferlegt. Mehr als ein Dutzend Geflügel-Betriebe musste sämtliche Tiere unter behördlicher Aufsicht töten.
- In Kambodscha starb vor kurzem eine Elfjährige, nachdem sie sich mit der Vogelgrippe (H5N1-Virus, auch als Geflügelpest bekannt) infiziert hatte.
- Das Robert Koch-Institut schreibt hierzu: „Bislang wurden insbesondere Infektionen mit H5N1 beim Menschen registriert. Auch andere aviäre Influenzaviren werden hin und wieder bei Menschen nachgewiesen. Die Fälle sind bislang hauptsächlich in Asien, Afrika und dem Nahen Osten aufgetreten. In Deutschland ist noch kein Fall bei einem Menschen bekannt geworden.“
- Weiterhin heißt es: „Die meisten der an aviärer Influenza erkrankten Personen hatten im Vorfeld engen Kontakt zu erkranktem oder verendetem Geflügel. Vermutlich müssen Menschen sehr große Virusmengen aufnehmen, um sich zu infizieren. Insgesamt besteht für die Übertragung von aviärer Influenza sowohl von Vögeln auf Menschen als auch von Mensch zu Mensch eine erhebliche Barriere.“
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