
© Simon Rusche
Geflügelpest in NRW: Hof Spinne bereitet sich vor auf Stallpflicht
Vogelgrippe
Die rund 2000 Hühner auf dem Hof Spinne in Selm lieben es, draußen zu scharren. Dennoch bereiten Petra Balster-Spinne und ihr Mann gerade alles vor, um sie einzusperren - wegen der Pest.
Im Kreis Coesfeld gilt seit Samstag (27. 3.) die Stallpflicht. Selm liegt zwar im Kreis Unna, grenzt aber direkt an Nordkirchen im Kreis Coesfeld. Die Kreisgrenze ist weniger als einen Kilometer entfernt vom Hof Spinne in der Selmer Bauerschaft Buxfort. Die rund 2000 Hühner laufen an diesem Samstag noch fröhlich gackernd über die Wiese. Lange aber nicht mehr, wie Petra Balster-Spinne vermutet.
„Wir bereiten an diesem Wochenende schon alles vor fürs Einstallen“, sagt die 36-Jährige, die zusammen mit Ehemann Richard den Hof leitet. Dass auch der Kreis Unna eine Stallpflicht aussprechen wird, ist für sie nur eine Frage der Zeit. „Ich rechne am Montag damit“, sagt sie. In Menden im Märkischen Kreis ist die Geflügelpest bereits ausgebrochen. In Beelen im Kreis Warendorf ist auch ein Betrieb betroffen. Und ein Betrieb in Münster-Handorf musste vorsorglich 6800 Puten töten.
Die Gefahr kam für die ausgebildete Bauernhofpädagogin und Naturpädagogin nicht aus heiterem Himmel. In Schleswig-Holstein gelte schließlich schon seit November die landesweite Stallpflicht.
Millionen von verendeten Tieren in ganz Europa
Damals waren dort verendete Wildvögel gefunden worden, bei denen die Experten des Heinrich-Loeffler-Instituts, des Bundesforschungsinstituts für Tiergesundheit, eindeutig die Geflügelpest nachgewiesen haben, die auch unter dem Namen Geflügelgrippe bekannt ist. Ihr medizinischer Name: Aviäre Influenza HPAIV H5 - eine Seuche, die gerade europaweit grassiert und in 25 Ländern Millionen von Vögeln hingerafft hat.
Vom Norden der Republik hatte sich die Seuche in Richtung Süden vorgearbeitet, wie das Loeffler-Institut in seiner am Donnerstag (25. 3.) aktualisierten Risikoabschätzung schreibt. 14 Bundesländer seien inzwischen betroffen. Am 3. März ist die Viruserkrankung in NRW angekommen: zeitgleich in einem Entenmastbetrieb mit 11.000 Tieren in Gütersloh und einer Privathaltung mit 60 Hühnern in Paderborn.
Zelte vor der Stalltür für Extra-Auslauf
Petra Balster-Spinne und ihr Team nutzen die Zeit. Denn es sei nicht damit getan, die Hühner nur in den Stall zu treiben und dann die Tür zu schließen. Zumindest genügt das nicht den Ansprüchen der ausgebildeten Bauernhof- und Naturpädagogin. „Unsere Hühner fühlen sich draußen wohl.“ Sie einzusperren, bedeute Stress. Daher sei Ausgleich wichtig. Die Selmerin und ihr Mann verteilen deshalb Strohpellets im Stall und verstecken Möhren. „Damit die etwas zum Scharren und Picken haben.“ Außerdem wollen sie Zelte aufstellen vor der Stalltür, damit sich die Tiere auch etwas auf der Außenfläche die Füße vertreten können, wenn auch nicht unter offenem Himmel.
Vorkehrungen gegen die Geflügelpest trifft der Hof Spinne nicht zum ersten Mal. „Vor einigen Jahren hatten wir das schon einmal“, sagt Petra Balster-Spinne. Damals hätten sie aber noch weniger Tiere gehabt: höchstens 750, jetzt sind es mehr als 1000 mehr. „Der Aufwand ist entsprechend größer.“
Zusammenhang zwischen Haltungsform und Preis
Eine Seuche kommt immer zur Unzeit. Jetzt trifft es NRW aber ausgerechnet in der Hochsaison für Eierbauer: in der Osterzeit. Petra Balster-Spinne wünscht sich, dass die Krise möglichst schnell vorbei gehen wird. Aus der Tatsache, dass jetzt die Vogelzüge vorbei sind, schöpft sie Hoffnung. Wildvögel, die über Grenzen und Kontinente fliegen, haben die Seuche verbreitet. Wenn es länger dauern sollte, werde es eng - nicht nur für die Hühner.
Wenn Hühner mehr als drei Monate nicht draußen sein können wie inzwischen in Schleswig-Holstein, dürfen ihre Eier nicht mehr als Eier von Freilandhühnern verkauft werden. Dann muss „Bodenhaltung“ auf den Packungen stehen. Und dann muss auch der entsprechend günstigere Preis genommen werden - ganz unabhängig davon, ob sie so einen großen Auslauf haben wie bei Spinne oder nicht. „Das wäre ein dann echter Verlust“, sagt Balster-Spinne.
Leiterin des Medienhauses Lünen Wer die Welt begreifen will, muss vor der Haustür anfangen. Darum liebe ich Lokaljournalismus. Ich freue mich jeden Tag über neue Geschichten, neue Begegnungen, neue Debatten – und neue Aha-Effekte für Sie und für mich. Und ich freue mich über Themenvorschläge für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen.
