Die Entwicklung ist eindeutig: Laut einer aktuellen Studie des Statistischen Landesamts Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) sind die Friseurpreise im Jahr 2024 insgesamt um 5,5 Prozent bei Männern und 4,1 Prozent bei Frauen, denen die Haare geschnitten werden, gestiegen. Zugleich zeigt die Statistik auch die Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt: 40,1 Prozent weniger Azubis als noch zehn Jahre zuvor machten 2023 eine Ausbildung im Friseurhandwerk. Wie sieht es aber in den Salons vor Ort in Selm aus?
Christiane Schlieker-Steens, seit 40 Jahren Inhaberin von „Kamm und Schere“ in der Kreisstraße, beschäftigt sich ganz aktuell mit dem Thema Preiserhöhungen. „Wir haben lange versucht, uns zurückzuhalten, aber ab dem 1. April werden wir die Preise anpassen müssen“, berichtet die langjährige Friseurmeisterin. Die zuvor letzte Preiserhöhung habe es in ihrem Salon vor rund vier Jahren gegeben.
„Nicht nur uns bleibt eigentlich nichts anderes übrig. Neben den weiter steigenden Energiekosten wird auch der Kauf von Waren wie Farben teilweise um 20 Prozent teurer. So extrem wie jetzt war es in den letzten 40 Jahren nicht“, meint Christiane Schlieker-Steens zu den Hintergründen. Je nach Aufwand werden die Preise für die einzelnen Frisuren berechnet, Männerhaarschnitte sind wie in fast allen Salons in der Regel günstiger. Die Preisanpassung sei aber für alle Bereiche geplant.
Damenbereich eher betroffen
Mandy Motzko, die 2020 den Salon „hairsoul“ an der Kleinen Hagenstraße eröffnet hat, musste seitdem auch die Preise anpassen. Einen genauen Termin dafür gebe es in der Regel aber nicht. „Das hängt von den äußeren Gegebenheiten ab - etwa, wenn Lieferantenkosten und Löhne teurer werden“, schildert sie. Die Erhöhungen fallen nicht unbedingt für Männer- und Frauenhaarschnitte gleich aus, weil bestimmte Kosten wie etwa Färbemittel nicht für jede Frisur relevant sind.

Eine weitere Person aus einem Salon, die nicht namentlich genannt werden möchte, meint: „Da spielen viele Faktoren eine Rolle, Lohnkostenaufwand, Energie- und Lieferkosten.“ Die Person geht davon aus, dass die Kosten im Herrenbereich angesichts der teilweise deutlich billigeren Angebote in Barbershops nicht mehr wesentlich zunehmen werden. Im Damenbereich würden die Preise mit Fingerspitzengefühl erhöht. „Es sind aber keine enormen Sprünge, der Wert von vier bis fünf Prozent passt schon ganz gut.“ Bei einem hohen Anteil von Stammkunden und -kundinnen könne man diese moderaten Erhöhungen auch gut kommunizieren.
Ausbildungssuche schwierig
Christiane Schlieker-Steens beschäftigt derzeit einen Auszubildenden, der in wenigen Wochen allerdings seine Ausbildungszeit abschließt. „Er macht es gut und sehr gerne, aber es ist insgesamt immer schwieriger, Auszubildende zu finden, die die Arbeit ernst nehmen“, nimmt sie wahr. Deshalb hofft sie aktuell auch noch auf geeignete Bewerber oder Bewerberinnen für den Ausbildungsplatz als Nachfolger des aktuellen Azubis. Einige Auszubildende hätten bereits nach einigen Wochen keine Lust mehr und würden die Ausbildung wieder abbrechen. Dabei seien etwa die Löhne in der Friseurbranche gestiegen und nicht wesentlich niedriger als in anderen handwerklichen Bereichen.
Der Salon „hairsoul“ bildet derzeit bewusst nicht aus. „Es gibt genug Interessenten, die sich finden würden, aber sie müssen ein gewisses Niveau erreichen“, meint Inhaberin Mandy Motzko. Eine Entscheidung, junge Friseure und Friseurinnen auszubilden, rechne sich wirtschaftlich definitiv nicht, sei aber interessant, um die Friseurwelt für die Zukunft zu erhalten. Ob der Salon in Zukunft bei geeigneten Bewerbern auch Auszubildende einstellen will, kann die Inhaberin derzeit nicht sagen.
Zuverlässigkeit sei bei Auszubildenden leider in den vergangenen Jahren selten zu finden, meint die Person aus einem anderen Friseursalon in der Stadt. „Für mich hat sich das Thema Ausbildung aufgrund mehrerer schlechter Erfahrungen erst einmal erledigt“, macht die Person deutlich, ohne völlig auszuschließen, einem sehr guten Kandidaten noch mal eine Chance zu geben. Das mangelnde Interesse ziehe sich wie ein roter Faden durch das Handwerk: „Dabei besteht gerade jetzt die Chance, bei weniger Konkurrenz gut im Handwerk Fuß zu fassen.“