Zwei Jahre nachdem er seinen Ex-Chef mit Diesel übergossen haben soll, steht ein 42-jähriger Mann aus Selm in Dortmund vor Gericht. Ein erster Prozess am Amtsgericht war abgebrochen worden, weil die Richterin nicht ausschließen konnte, dass der Angeklagte mit Tötungsvorsatz gehandelt haben könnte. Deshalb ist jetzt das Schwurgericht zuständig. Entsprechend nervös wirkte der 42-Jährige zu Beginn der Verhandlung. Stumm nahm er zwischen seinen beiden Verteidigern Platz. Und daran wird sich wohl im Prozess auch nichts ändern. „Wir werden schweigen“, kündigte Rechtsanwalt Vincenzo Cappa an.
Kanister und Feuerzeuge
Deutlich redseliger soll der Selmer am Abend des 13. Juni 2023 gewesen sein. Laut Anklage fuhr er gegen 22 Uhr mit dem Rad zu seinem ehemaligen Arbeitgeber, um diesen zur Rede zu stellen. „Er redete sich ein, dass ihm noch Teile eines 13. Monatsgehalts zustanden“, heißt es in der Anklageschrift. Nachdem der Ex-Chef die Wohnungstür geöffnet hatte, soll der Angeklagte der neben dem Mann stehenden Tochter zugerufen haben: „Geh lieber nach oben ins Zimmer, wenn du deinen Papa nicht brennen sehen willst.“ Anschließend zeigte er seinem Gegenüber, dass er einen vollen Kraftstoffkanister und Feuerzeuge dabei hatte.
Knüppel trifft die Hand
Seinen Chef soll der Angeklagte dann gefragt haben: „Willst du es vernünftig regeln oder brennen?“ Und als der Mann nicht reagierte, soll der 42-Jährige tatsächlich Diesel über ihm ausgegossen haben. Ein erster Schwall spritzte von der Hüfte hoch bis ins Gesicht. Ein zweiter ergoss sich über den Kopf des Ex-Chefs.
Weil der Selmer in diesem Moment angeblich tatsächlich ein Feuerzeug hervorholte und es entzündete, soll der Ex-Chef einen Knüppel ergriffen und damit auf die Hand des 42-Jährigen eingeschlagen haben. Das zeigte offenbar Wirkung. Denn der Selmer soll daraufhin die Flucht ergriffen haben.
Mit Augenreizung in Klinik
Während das Diesel-Opfer noch am selben Abend wegen einer Augenreizung im Krankenhaus behandelt wurde, konnte der Angeklagte schnell festgenommen werden. Zehn Wochen saß er anschließend in Untersuchungshaft. Erst als die Staatsanwaltschaft beschloss, nicht mehr wegen versuchten Totschlags zu ermitteln, wurde er freigelassen.
Dass dieses Delikt jetzt doch wieder im Raum steht, liegt an einem Brand-Sachverständigen. Dieser hatte in dem ersten Prozess am Amtsgericht erklärt, dass Diesel zwar tatsächlich nur schwer zu entzünden ist. Seiner Ansicht nach hätte jedoch die durchtränkte Kleidung des Ex-Chefs durchaus auch leichter Feuer fangen können. Für den Prozess hat die Schwurgerichtskammer zunächst nur drei Verhandlungstage bis Mai angesetzt.