
© Tobias Weckenbrock (archiv)
Es war einmal: Die zehn größten Abrisse in der Stadt Selm
Abrisse
Der größte Abriss seit der Zeche steht in Selm an: an der Kreisstraße sollen acht Häuser Platz machen für Neubauten. Wir schauen zurück: Was waren bis jetzt die zehn größten Abrisse in Selm?
Bauschutt: Den hat es in der jüngeren und älteren Vergangenheit in der Stadt Selm viel gegeben. Bald sollen an der Kreisstraße acht Häuser fallen - um für den Neubau von Supermärkten Platz zu machen. Von dem „größten Abriss in Selm seit der Zeche“, spricht der Selmer Künstler Heinz Cymontkowski in diesem Zusammenhang. Welche Gebäude und Stätten sind in den letzten Jahren in Selm plattgemacht worden? Welche Häuser sind verschwunden - was ist neu entstanden?
Wir haben ins Archiv geschaut und die zehn größten Abrisse in Selm herausgesucht.
Ehemaliges Möbellager Wulfert

2013 hatte es in dem ehemaligen Möbellager an der Ludgeristraße gebrannt. © Malte Woesmann (Achiv)
Der Gebäudekomplex in der Selmer Altstadt war aus mehreren Gründen interessant: auf der einen Seite das kastenförmige Möbellager im Stil der 60er-Jahre, auf der andren ein verspielter Giebel und sogar ein Turm an der Ecke. Vor dem Abriss des großes Gebäudes stand es allerdings lange leer. In dem Ladenlokal unten war zuletzt ein Schlecker-Markt gewesen. Er wurde aber 2012 geschlossen. Das Möbellager stand da auch schon mehrere Jahre leer, ein Brand hatte es 2013 noch zusätzlich verwüstet.

Sechs Wochen dauerte der Gebäude-Abriss. © Malte Woesmann (Archiv)
Sechs Wochen dauerte der Abriss, der im April 2014 begann. Der Bauverein zu Lünen hatte das Gebäude zuvor gekauft - eine Sanierung des Hauses erschien den Verantwortlichen aber zu unwirtschaftlich. Deshalb entschieden sie sich für Abriss und Neubau.

In dem Gesundheitshaus ist heute unter anderem die Altstadt-Apotheke, mehrere Praxen und eine Senioren-WG untergebracht. © Marie Rademacher
Neu entstanden ist auf der Fläche das Selmer Gesundheitshaus: 2015 sind die ersten Mieter in den neuen Komplex eingezogen. Neben der Altstadtapotheke finden sich hier mehrere Arzt-Praxen und auch eine Senioren-WG. Im Erdgeschoss gibt es auch ein Deko-Geschäft.
Fördertürme der Zeche Hermann

Für die Stadtentwicklung war die Zeche Hermann enorm wichtig: Tausende Menschen arbeiteten hier. © Heimatverein
Zeche Elend: So haben die Bergleute die Selmer Zeche Hermann genannt. Die Arbeitsbedingungen waren dort besonders hart - vor allem wegen der großen Hitze unter Tage. Die Zeche hat Selm zur Stadt gemacht - und war eine Zeit lang enorm wichtig. Auch, wenn ihre Geschichte relativ kurz war. 1909 begann im Schacht 1 die Kohleförderung. Betriebsende war schon 17 Jahre später - 1926 machte die Zeche dicht.

Die Kamin-Sprengung an der Zeche Hermann im Jahr 1926. Nach nur 17 Jahren in Betrieb schloss die Zeche in Selm wieder. © Heimatverein
1927 wurden die Tagesanlagen abgerissen und die Schächte abgedeckt. Vom Fall des Kamins hat der Heimatverein noch ein eindrucksvolles Foto in seinem Archiv. Lohnhalle, Waschkaue und Bürogebäude blieben aber stehen. Das Gebäude war nach Stilllegung der Zeche erst als Schule genutzt worden, dann war dort lange die Firma Chemaperm, die sich auf Magnettechnik spezialisiert hatte. Nach ihrem Konkurs verkam die ehemalige Zeche aber zusehends zur Ruine.

Die Gebäude der ehemaligen Zeche sind in Abstimmung mit dem Denkmalschutz saniert worden. Die Firma Interhydraulik hat seit 2001 ihren Standort dort. © Marie Rademacher
Bis 2001: Da hat die Firma Interhydraulik ihren Standort dorthin verlegt. In Abstimmung mit dem Denkmalschutz ist es mittlerweile aufwendig saniert worden.
Die legendäre Disko im Industriegebiet
Sie hatte viele Namen - und war auf eine Art immer legendär. Die Disko in der Industriestraße in Selm. 1985 ging sie als Skylab an den Start.

Die Disko wechselte dann mehrmals den Namen - Magic 3, Art of Nightlive, Easy Danceclub. © Arndt Brede (A)
1988 kam es dann aber zu einem Feuer in der Disko. Sie musste dann für zwei Jahre geschlossen bleiben, bevor die Geschichte weiter ging. Als „Magic 3“ wurde sie 1990 wieder eröffnet. In den späten 90er-Jahren wechselte das Magic dann mehrmals den Namen – andere Pächter hatten es da übernommen. „Art of Nightlife“ hieß es für eine Zeit, dann nur „Nightlife“ und später wieder „Magic 3“. 2013 wurde es geschlossen.

2016: Die Hälfte des Gebäudes ist abgerissen, das Schild der ehemaligen Disco liegt auf dem Dach, der Baggerfahrer sortiert den Schutt. © Jessica Hauck (Archiv)
2014 öffnete dann der „Easy Danceclub“ in der Halle - ein halbes Jahr später war für den aber auch Schluss. 2016 wurde die Halle abgerissen.

Auf dem Grundstück, wo früher die Disko stand, ist heute eine Unterkunft für Flüchtlinge. © Marie Rademacher
Zuvor hatte die Stadt Selm das Grundstück gekauft. Sie baute dort nach dem Abriss ein Containerdorf als Unterbringung für Flüchtlinge. Das gibt es bis heute an der Industriestraße.
Die Kirche St. Josef

Mit der 1924 gebauten Kirche St. Josef haben viele Selmer positive Erinnerungen verbunden. © Tobias Weckenbrock (Archiv)
Der Abriss einer Kirche - das ist etwas ziemlich Besonderes. Etwas, das 2016 in Selm viele Emotionen ausgelöst hat. Vor allem Trauer und Enttäuschung.
Die 1926 gebaute Kirche war Gotteshaus, der Pfarrsaal direkt nebenan Treffpunkt für die Gemeindemitglieder. Viele Selmer waren hier getauft worden - oder hatten Hochzeit gefeiert.

Pfarrsaal und Kirche St. Josef sind 2016 abgerissen worden. Sehr zum Bedauern der Gemeindemitglieder. © Theo Wolters (Achiv)
Die Kirchengemeinde konnte das Gotteshaus aber aus Kostengründen nicht mehr halten - sie entschloss sich zum Abriss. Erst sollte alles komplett abgerissen werden und ein neues Gemeindezentrum gebaut werden (mit integriertem Kapellenraum). Das Bistum Münster und die Kirchengemeinde entschlossen sich dann nach mehreren Gesprächen dazu, dass der Kirchturm stehen bleiben sollte.

Der Kirchturm ist erhalten geblieben und steht heute noch - er dient auch als Kletterwand. © Marie Rademacher
So ist es auch gekommen. Der Kirchturm ragt noch heute in den Selmer Himmel. Er dient jetzt sogar als Kletterwand. Außerdem ist neben dem Turm ein neues „jugendpastorales Zentrum“ gebaut worden. Das Jugendzentrum „FindUs“ hat 2019 den Betrieb aufgenommen.
Aral-Tankstelle und Autohaus Rüschkamp

Bis vor Kurzem waren das Autohaus Rüschkamp und die Aral-Tankstelle an der Kreisstraße. © Sylvia vom Hofe (Archiv)
Das Jahr 2020 hat für die südliche Kreisstraße in Selm eine ziemliche Veränderung gebracht. Das Autohaus Rüschkamp und die Aral-Tankstelle sind abgerissen worden.

Die Aral-Tankstelle und das Autohaus Rüschkamp sind im Jahr 2020 abgerissen worden. © Marie Rademacher (Archiv)
Die Gebäude haben Platz gemacht für zwei Supermärkte: 2021 haben eine neuer Aldi und eine Rewe-Markt an der Stelle eröffnet. Weitere Veränderungen soll es auf der Kreisstraße in den nächsten Jahren geben.

Seit 2021 haben Rewe und Aldi an der Kreisstraße in Selm geöffnet. © Marie Rademacher
Das niederländische Unternehmen Ten Brinke, das auch Aldi und Rewe gebaut hat, plant den Abriss von acht Häusern auf der Kreisstraße. Hier sollen ein Netto, ein dm-Drogeriemarkt und mehrere Wohnungen gebaut werden. Wann Abriss und Neubau erfolgen, steht noch nicht fest.
Die Löwenapotheke auf der Kreisstraße

Zwischen Volksbank und dm stand bis 2015 die Löwenapotheke. © Olga Kourova (Archiv)
„Es war ein tolles altes Steinhaus. Leicht ist mir das nicht gefallen“, hat Sabine Milas 2015 gesagt - kurz vor dem Abriss der Löwenapotheke an der Kreisstraße, in der zuvor 104 Jahre lang Medikamente hergestellt und verkauft worden waren.

Im Jahr 2015 ist die Löwenapotheke in Selm abgerissen worden. © Marie Rademacher (Archiv)
Vermutlich um 1900 ist das Haus entstanden. Die Volksbank hatte es gekauft - um auf der Fläche neu zu bauen. Die Pläne sahen dort ein vierstöckiges Gebäude mit 700 Quadratmetern großer Fläche für Einzelhandel vor. Im Obergeschoss sollten Kanzleien, ob für Rechtsanwälte oder Steuerberater entstehen.

Da, wo früher die Löwenapotheke stand, ist ein neuer Geschäftskomplex entstanden. © Marie Rademacher
So ist es auch gekommen: Im Erdgeschoss ist eine Filiale der Bäckerei Braune und ein Schuhgeschäft.
Die Lutherschule

Vor ihrem Abriss stand die Lutherschule in Selm lange leer und kam zusehends immer mehr herunter. © Sylvia vom Hofe (Archiv)
Der öffentlich vermutlich am meisten und am heftigsten besprochene Abriss in Selm war der der ehemaligen Lutherschule. Das Gebäude, in dem viele Selmer zur Schule gegangen sind, stand schon lange leer, als es die Unnaer Kreis- Bau- und Siedlungsgesellschaft mbH (UKBS) im Jahr 2014 gekauft hatte.

Kaum ein Abriss hat in Selm für so viele Diskussionen gesorgt wie der der Lutherschule. © Arndt Brede (Archiv)
Entstehen sollten Wohnungen. In nicht-öffentlicher Sitzung hatte der Rat der Stadt Selm 2018 den Plänen der UKBS zugestimmt, das Gebäude komplett abzureißen. Die Pläne forderten Protest in der Selmer Bevölkerung heraus. Ein Bürgerbegehren zur Rettung des Gebäudes wurde auf den Weg gebracht.
Noch bevor aber der Bürgerentscheid ausgewertet wurde, begann die UKBS mit der Entkernung des Gebäudes. Sie sei „stinkesauer“, sagte eine Anwohnerin der Redaktion damals. Vertrauen in Politik und Verwaltung hätten sie und viele ihrer Nachbarn inzwischen verloren. „Erst sagt man uns stolz, dass es einen Vertrag gibt mit der UKBS, der den Erhalt des Hauptgebäudes der Schule sichert, dann wird der Vertrag einfach über Bord geworfen, und alles geht ruckzuck.“ Auch die Organisatoren des Bürgerbegehrens waren tief enttäuscht vom Verhalten der Stadt und der UKBS.

Auf dem Gelände der ehemaligen Lutherschule baut die UKBS derzeit einen großen Wohnkomplex. © Marie Rademacher
Mittlerweile laufen auf dem Grundstück die Bauarbeiten für den Neubau. Im sogenannten Lutherquartier sollen 25 neue Wohnungen entstehen.
Das Selmer Stadion

So sah das Selmer Stadion am Sandforter Weg damals aus. © Malte Woesmann (Archiv)
Die Aktive Mitte mit dem Campusplatz, dem Haus der Wirtschaft, der Wohnbebauung, dem Skatepark und dem Auenpark: Das ist mit Sicherheit die Stelle in Selm, die sich in den vergangen zahn Jahren am stärksten verändert hat.

Die Arbeiten am Campus haben 2017 begonnen. © Jürgen Weitzel (Archiv)
Das alte Stadion am Sandforter Weg in Selm ist dieser Entwicklung zum Opfer gefallen: 2015 haben sich die Fußballer von ihrer Sportstätte verabschiedet. Im Abschiedsspiel trat die SG Selm gegen die Traditionsmannschaft von Schalke 04 an.

Da, wo früher das Selmer Stadion war, ist jetzt der Campusplatz. © Marie Rademacher
Auf der Fläche neben Gymnasium und Overbergschule ist der Campusplatz entstanden - 2017 haben dafür die Bauarbeiten begonnen. Am rund 1,5 Hektar großen, 45 Meter breiten und 100 Meter langen Platz stehen auch das neue Haus der Wirtschaft und Mehrfamilienhäuser.
Das ehemalige Thalia-Kino in der Altstadt

Das Thalia-Theater an der Ludgeristraße in einer Ansicht aus dem Jahr 1954. Bis 1983 wurden hier Filme gezeigt. © Repro Münch
Es ist noch gar nicht so lange her, da gab es in Selm drei Kinos: Das Metropol, das Central und das Thalia-Kino. Letzteres stand an der Ludgeristraße in der Selmer Altstadt. In zwei Schritten ist es im Laufe der Jahre abgerissen worden.

Zuletzt waren in dem Haus ein Lotto-Geschäft und eine Eisdiele. © Jessica Bader (Archiv)
Bis 1983 lief in dem Gebäude der Kinobetrieb. Danach wurde der große Kinosaal zunächst als Lagerraum genutzt. 2009 folgte der Abriss des großen, lang gestreckten Gebäudeteils. Was blieb, war das Haus an der Ludgeristraße mit zwei Ladenlokalen.

Der große, lang gestreckte Gebäudeteil wurde 2009 abgerissen. © Arndt Brede (Archiv)
Zuletzt waren hier eine Eisdiele und ein Lotto-Toto-Geschäft. Die Stadt Selm und die Stadtwerke hatten das Haus 2015 gekauft und kündigten den Abriss an. Es sollte ein Parkplatz auf der Fläche entstehen. Dann entschied man sich aber anders: Ein Investor aus Olfen hat mittlerweile ein Mehrfamilienhaus dort gebaut. Abgerissen worden war 2017 - dabei zutage getreten war unter anderem der alte Filmprojektor des Kinos.

Auf dem Grundstück ist mittlerweile ein Mehrfamilienahaus gebaut worden. © Marie Rademacher
Die Pestalozzi-Schule

Bis 2017 lief der Schulbetrieb in der Pestalozzischule. © Martina Niehaus (Archiv)
Bis 2017 sind in der Pestalozzischule Kinder mit besonderem Förderungsbedarf unterrichtet worden. Dann diente das Gebäude übergangsweise als Jugendheim - in der Zeit, als das Sunshine umgebaut wurde.

Die Schule wurde 2019 abgerissen. © Thorsten Faust (Archiv)
Im August 2019 ist es dann aber abgerissen worden. Das Architektenbüro Benthaus aus Lünen hatte die 7000-Quadratmeter-Fläche von der Stadt gekauft.
Dort entstanden ist mittlerweile eine Kita - zu den Investoren gehört der BVB-Profi Marco Reus.

Der Bau der Mehrfamilienhäuser am Pädagogenweg läuft. Die Kita hat den Betrieb schon aufgenommen. © Marie Rademacher
Im Bau befinden sich noch Mehrfamilienhäuser - 640 Quadratmeter Wohnfläche entstehen dort neu.
Ich mag Geschichten. Lieber als die historischen und fiktionalen sind mir dabei noch die aktuellen und echten. Deshalb bin ich seit 2009 im Lokaljournalismus zu Hause.
