
© Marie Rademacher
Pendeln mit dem E-Scooter ist einfach, praktisch, noch haben die E-Roller aber einen Haken
E-Scooter
Elektro-Scooter sind seit dem 15. Juni offiziell auf Radwegen und Straßen zugelassen. Doch eignet sich ein E-Scooter auch zum täglichen Pendeln? Redakteur Karim Laouari hat den Test gemacht.
Die erste Testfahrt scheitert schon mal. Nicht aus technischen Gründen, sondern weil mir der Mut fehlt. Gemeinsam mit unseren beiden Kindern wollen meine Frau und ich von Nordkirchen aus nach Capelle fahren. Meine Frau und die Kinder mit dem Fahrrad und ich mit dem E-Scooter. Die Strecke: knapp sechs Kilometer, also ähnlich lang wie meine Strecke zur Arbeit. Dann kommt das Aber.
Draußen ist der Himmel mehr grau statt blau und in der Ferne, ausgerechnet in Richtung Capelle, sieht es noch dunkler aus. „Bei starkem Regen sollte man den E-Scooter nicht benutzen“, lese ich im Internet nach. Also steige ich doch erst mal auf mein Fahrrad um. Nicht nur zu meinem Unmut, sondern vor allem zum Unmut meines Sohnes, der nichts sehnlicher erwartet hat, als den Scooter endlich mal in Aktion zu sehen.
Ein wichtiges Kaufargument ist die Kompaktheit
Einen Tag später, rechtzeitig zu meiner geplanten Testfahrt zur Arbeit, stimmt dann aber alles. Kaum Wolken am Himmel - also, rauf auf den E-Scooter. Der Roller ist mit wenigen Handgriffen auf- und wieder zusammengeklappt. Im eingeklappten Zustand wird er so klein, dass er problemlos in den Kofferraum eines Kleinwagens passt.

Im direkten Vergleich mit einem kleinen Tret-Scooter sieht man den Größenunterschied zum E-Scooter von Metz. Das wirkt sich auch aufs Gewicht aus: Der Moover ist deutlich schwerer, lässt sich aber trotzdem gut tragen. © Karim Laouari
Sebastian Dworak (33), dessen Geschäft Euronics Dworak in Nordkirchen das E-Scooter-Modell verkauft und mir das Testfahrzeug, einen „Moover“ der Firma Metz, zur Verfügung gestellt hat, erklärt, dass genau diese Kompaktheit ein großes Kaufargument für viele Kunden sei. „Viele Wohnmobilfahrer kaufen die E-Scooter“, erklärt Dworak. Etwa 16 Kilometer Strecke schafft der Roller mit einer Akku-Ladung. Genug, um im Urlaub kurze Einkaufstouren oder Besichtigungen zu schaffen. Oder, um damit kurze Strecken im Wohnort oder zur Arbeit zurückzulegen.
Den Gasknopf beim E-Scooter mit Bedacht drücken
Genau das will ich testen: Eignet sich ein E-Scooter, um damit von Nordkirchen aus nach Selm zur Arbeit zu pendeln? Unser Wohngebiet liegt an einem kleinen Berg, ich kann also direkt sehen, wie viel Kraft in dem Elektromotor steckt. Der fährt nicht einfach von alleine los, sondern braucht nach dem Einschalten zwei, drei Tritte Anschwung und kann dann ab etwa sechs Kilometern pro Stunde über einen kleinen Gasknopf zugeschaltet werden.

Der Scooter von Metz hat Luftreifen. Das ist vor allem auf unbefestigten Wegen angenehm. © Karim Laouari
Den sollte man gerade am Anfang mit Bedacht drücken, denn e-motor-typisch ist die Kraft sofort da und der Roller saust unvermittelt los. Unbeeindruckt von der Steigung surrt der er rauf zur Bergstraße.
Weiter geht es über ein kurzes Stück unbefestigten Wanderweg. Auf der Huppel-Strecke geht es auf und ab und einige Schlaglöcher, die ich auf dem Fahrrad sonst schwächer empfinde, lassen mich jetzt ein bisschen in die Knie gehen. An die Haltung muss man sich erst gewöhnen. Maximal 20 Kilometer pro Stunde fährt der Scooter, genug für solche schmalen Wege, wie ich finde.

Um die Straßenzulassung zu bekommen, müssen die E-Scooter eine Vorder- und eine Rückleuchte haben. Außerdem müssen sie versichert sein. Wie beim Moped auch gibt es dafür ein grünes Nummernschild, beziehungsweise einen entsprechenden Aufkleber. © Karim Laouari
Es geht weiter auf asphaltierten Strecken. Jetzt macht die Fahrt richtig Spaß. Man merkt auf grader Strecke, dass der Scooter wahrscheinlich schneller fahren könnte, aber immer wieder Beschleunigung rausnimmt, obwohl ich den kleinen Gashebel weiter drücke.
Als E-Scooter-Fahrer fühlt man sich beobachtet
Und dann wird die Fahrt auf einmal richtig gemütlich. Stehend und ganz ohne Anstrengung kann ich mir in Ruhe die Landschaft ansehen. Zwei Radfahrer - ein Ehepaar - kommen mir entgegen. Beide fixieren mich schon aus der Ferne. Ich hätte genausogut auf einem Besen durch die Bauerschaften fliegen oder im Kopfstand auf einem Esel reiten können: Ich merke, dass E-Scooter noch nicht im täglichen Straßenbild angekommen sind.

RN-Redakteur Karim Laouari hat einen E-Scooter getestet. © Marie Rademacher
Der Eindruck setzt sich fort, als ich Selm erreiche. Über den Fahrradweg geht es entlang der Südkirchener Straße in die Stadt und irgendwie fühle ich mich doch beobachtet. Daran muss man sich als E-Scooter-Fahrer wohl gewöhnen.
Eine Lösung für die Nordkirchener Mobilstationen?
„Man wird schon beobachtet und auch öfter angesprochen“, sagt auch der Nordkirchener Wirtschaftsförderer Manuel Lachmann. Lachmann hat das gleiche Scooter-Modell getestet. Die Leute seien interessiert, aber positiv, so Lachmann. Die Gemeinde nimmt zurzeit an einem münsterland-weiten Reallabor zum Thema Mobilität teil. Darin geht es auch darum, neue, bequeme und umweltfreundlichere Fortbewegungsmittel als das Auto für Kurzstrecken zu finden.
E-Scooter seien durchaus interessant, räumt Manuel Lachmann ein. Konkrete Pläne, Leih-Scooter an den geplanten Mobilitätsstationen anzubieten, gebe es derzeit aber nicht.
Auf der Straße macht die Fahrt nicht mehr so viel Spaß
Zurück zu meiner Testfahrt. Auf meinem Weg zur Arbeit verlasse ich den sicheren Radweg und fahre auf der Straße. Das fühlt sich unsicherer an, als auf dem Fahrradweg. Die 20 Kilometer pro Stunde, die mir vorher noch recht angenehm zügig vorkamen, wirken neben den Autos plötzlich sehr langsam. Bei der nächsten Gelegenheit wechsle ich wieder zurück auf den Radweg.

Der Gashebel am Lenker sieht unspektakulär aus, hat es aber in sich. Er sollte gerade beim Anfahren vorsichtig eingesetzt werden: Die Beschleunigung ist stark. © Karim Laouari
Nach etwas mehr als einer halben Stunde erreiche ich die Redaktion an der Kreisstraße. Mit dem Fahrrad bin ich zwar schneller, aber nicht signifikant. Der Scooter-Akku hat noch genug Saft: Er ist noch etwas mehr als zur Hälfte geladen.
Rückfahrt offenbart Tücken
Also, ran an die Steckdose und aufladen. Nach etwa fünf Stunden ist der Akku wieder voll. Zusammengeklappt wartet der Scooter auf den nächsten Einsatz.
Die Rückfahrt offenbart noch einmal die Tücken des neuen Fortbewegungsmittels: Surrend fahre ich die Kreisstraße in Selm in Richtung Ludgeristraße und bin etwas schneller als zwei Radfahrerinnen, die vor mir unterwegs sind. Wäre ich selbst auf dem Rad unterwegs, würde ich etwas beschleunigen und an den beiden vorbeifahren.
Tempobegrenzer bremst mich aus
Mit dem E-Scooter quäle ich mich mit ein paar km/h mehr an den beiden vorbei und habe das Gefühl, dass sie mich aus Mitleid schließlich vorbeiziehen lassen. Es fühlt sich ein bisschen an wie die Qual der ersten Autobahnfahrstunde mit dem Fahrschulauto, bei der man einen Lkw mit fünf km/h mehr überholen muss. Nur, dass mich kein strenger Fahrlehrer ausbremst, sondern die Tempobegrenzer des E-Scooters.

Mit einem kleinen Knopf wird der Moover eingeschaltet. © Karim Laouari
Den Rest des Weges bringt mich der Elektromotor schnurrend zurück nach Nordkirchen. Kein Strampeln, nur stehen: Entlang der Felder an der Straße Buxfort wird die Fahrt schon fast langweilig. Problem- und vor allem anstrengungslos bringt mich der Moover wieder nach Hause und wird zur Belohnung mit Strom gefüttert.
Fazit: praktisch, spaßig, aber noch teuer
E-Scooter fahren macht Spaß, ist unkompliziert, bequem und sehr praktisch. Das sind die eindeutig positiven Erkenntnisse aus meinem Praxis-Test. Wer sofort losfahren möchte, kann zurzeit nur zwischen wenigen E-Scooter-Modellen wählen: Dazu gehören der Moover von Metz und der X2 City von BMW. Beide Fahrzeuge sind in der Anschaffung kein günstiger Spaß: Der Moover kostet knapp 2000 Euro, der BMW-Scooter rund 2400 Euro.
Dementsprechend ist auch die Kundschaft, die bei Euronics Dworak zurzeit hauptsächlich den Metz-Scooter kauft, nicht jugendlich, sondern im Schnitt zwischen 40 und 50 Jahre alt, wie Sebastian Dworak sagt. Die Preisentwicklung hänge aktuell davon ab, wann mehr Anbieter, vor allem aus China, auf den Markt drängen, erklärt er weiter. Diese Modelle seien dann vielleicht günstiger, würden aber auch nicht dem Qualitätsstandard deutscher Hersteller entsprechen, gibt er zu bedenken.
Straßenzulassung und Versicherung sind Pflicht
Egal, mit welchem Modell man loslegen will: Die E-Scooter brauchen eine Straßenzulassung und müssen haftpflichtversichert sein, zu erkennen an der grünen Plakette, so wie beim Mofa. Fahrer müssen mindestens 14 Jahre alt sein. Eine Helmpflicht gibt es nicht.