Zur Person: Peter Bredohl ist Mitglied der UWG und sachkundiger Bürger im Ausschuss für Schule, Bildung und Sport.
Wer die Diskussion im Selmer Stadtrat am 15. Dezember und die folgende Berichterstattung in den Ruhr Nachrichten am 17. Dezember verfolgt hat, muss sich einfach fragen: Wovor haben die, die dagegen sind, den Antrag zu prüfen, ob in Selm das Bildungsangebot durch die Weiterentwicklung der Selma-Lagerlöf-Sekundarschule (SLS) zu einer Gesamtschule (GS) vergrößert werden soll, eigentlich Angst?
Ihren Kindern den bestmöglichen Schulabschluss anzubieten, müsste das Ziel jeder Kommune sein. Jahrelang hatte außer der UWG keine Partei den Mut, hier tätig zu werden. Jetzt gibt es endlich eine politische Mehrheit, die prüfen lassen möchte, ob eine Weiterentwicklung der SLS zu einer Gesamtschule den Bildungsstandort Selm so verbessern kann, dass sich Eltern sowie Schülerinnen und Schülern für Selm entscheiden.
Unwissenheit bei Statistik
In der Diskussion über diesen Prüfauftrag gab es unkorrekte Zahlen, skurrile Aussagen sowie Unwissenheit – wobei allein schon der Satz „Eine Schule wird dabei draufgehen“ für das undifferenzierte Vorgehen besonders der CDU spricht. Hierzu folgende Anmerkungen: Die Anmeldezahlen für die SLS für das Schuljahr 22/23 lagen bei 82 Schülerinnen und Schülern und nicht bei 90 (Schulstatistik März 2022/Dez. 2022).
Die Behauptung, eine Gesamtschule passe nach Olfen oder Nordkirchen aber nicht nach Selm ist schlichtweg Unsinn. Der Hinweis, die Antragsteller für den Prüfauftrag hätten behauptet, 80 Prozent aller Gesamtschüler würden das Abitur schaffen, zeugt von Unwissenheit. Fakt ist: 80 Prozent der Schülerinnen und Schüler, bei Migranten sogar 92 Prozent, die das Abitur an einer Gesamtschule schaffen, haben keine gymnasiale Empfehlung am Ende der Grundschulzeit erhalten – ein Faktor, der gerade für die Gesamtschule als eine Schulform spricht, die besonders den sogenannten ‚Spätentwicklern‘ die Möglichkeit eröffnet, über flexible Bildungssysteme und Förderwege, gemeinsames Lernen, unabhängig von der jeweiligen Gesellschaftsgruppe, Stärkung von sozialem Engagement den für sie besten Abschluss zu erreichen.
Kampf um Schüler ist Panikmache
Hierbei darf man nicht vergessen, dass es ein Zentralabitur gibt. Ein sogenannter Kampf um Schülerzahlen ist reine Panikmache. In Selm gibt es laut der Schulstatistik im Sekundbereich 1und 2 insgesamt 1600 Schülerinnen und Schüler. Davon besuchen 622 Schülerinnen und Schüler das Gymnasium, übrig bleiben circa 1000 Schülerinnen und Schüler, die in Selm eine weiterführende Schule besuchen könnten.
Das geschieht aber nicht, weil circa die Hälfte von ihnen die Stadt verlässt - überwiegend, weil es hier nicht das gewünschte Angebot gibt. Eine neue Gesamtschule wird viele Schülerinnen und Schüler an Selm binden und zusammen mit dem Gymnasium, das eine verlässliche Schülerzahl hat, viele Kooperationsmöglichkeiten und eine Vielfalt an Kursen in der Oberstufe anbieten.
Luxus muss man sich leisten
Die Aussage, „Geld und Personalstunden für Untersuchungen bereitzustellen, sind im städtischen Haushalt ein Luxusgut“, ist diskriminierend. Diesen Luxus, die besten Bildungsvoraussetzungen in Selm zu schaffen – und zwar für alle – muss sich eine Stadt leisten können. In diesem Zusammenhang sollte an die vielen Anfragen und Anträge der CDU in dieser Wahlperiode erinnert werden, die natürlich Geld und Zeit kosten.
Zuletzt muss auch die kaum noch nachvollziehbare Ausführung der Familienpartei erwähnt werden, die sich zwar zum Prüfauftrag ‚Gesamtschule‘ der Stimme enthielt, dann aber ankündigte, dass sie natürlich mit ‚Nein‘ stimmen wird, wenn die Umsetzung dieses Antrags Geld kostet. Das sagt eine Partei, die doch alles möglich machen müsste, dass ihre Familienmitglieder die bestmöglichen Bildungschancen vor Ort bekommen. Fazit: Es gibt kein vernünftiges Argument gegen eine Gesamtschule. Selm braucht eine Gesamtschule.
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