Deutschlandflagge mit Banane gehisst Selmer (49) auf der Anklagebank

Deutschlandflagge mit Banane gehisst: Selmer (49) auf der Anklagebank
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Die Fahne in National-Farben, dekoriert mit einer mittig platzierten Banane, konnte er frei kaufen und das tat er. Sie sagte ihm zu, also landete sie im Garten - an prominenter Stelle und für jedermann gut sichtbar.

Dann allerdings, Ende November, stand plötzlich ein Polizist vor der Tür und erklärte ihm, so etwas sei verboten. Der Beamte wollte die Flagge sogar konfiszieren. Das verweigerte der Selmer. Und, als ihm dann ein Strafbefehl mit 750 Euro Geldstrafe wegen Verunglimpfung, also Verächtlichmachung des Staates und seiner Symbole, zugestellt wurde, legte er Einspruch ein.

Dem Einspruch folgte nun die Verhandlung vor dem Amtsgericht in Lünen und der angeklagte Selmer verstand die Welt nicht mehr. „Ich bin mir keiner Straftaten bewusst.“ Er habe sich nichts Böses gedacht, als er die Flagge gekauft und gehisst habe. „Ich fand die schön, ansprechend.“ Seiner Überzeugung nach sei die Sache von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Er habe das Ganze recherchiert und herausgefunden, dass andere Gerichte bereits entschieden hätten, dass das nicht strafbar sei. Und deshalb verstehe er nicht, warum er jetzt hier sitze. Und wenn ihm vorgeworfen werde, dass die Fahne auch noch verkehrtherum gehangen habe, stimme das nicht. Er wisse, wie die Deutschlandflagge aussehe.

Der 49-Jährige war empört und machte kein Hehl aus seinem Unverständnis. Schließlich hisse er ja auch regelmäßig eine Schalke-Fahne - was in Selm auch nicht jedem gefalle. Für ihn wäre es nicht in Ordnung, die Deutschlandflagge zu verbrennen, zu zerreißen oder auf sie zu urinieren.

Nein, ganz bestimmt habe er die Fahne nicht gehisst, um die Bundesrepublik zu verunglimpfen. Das Corpus Delicti habe er übrigens mittlerweile entsorgt, da sie kaputt gewesen sei. Und gerade habe er auch keine Intention, eine neue zu erwerben.

Richter Ulrich Oehrle hörte sich die Version des Selmers mit echtem Interesse an und betonte schließlich: „Ich meine, es ist ein Grenzfall. Es kann strafbar sein, muss es aber nicht.“ Wenn der Angeklagte die Flagge aufgehängt hätte, weil er die BRD für eine Bananenrepublik gehalten hätte, dann wäre es zu diskutieren gewesen, ob das von der Meinungsfreiheit gedeckt wäre. Aber er habe die Flagge ja nur schön gefunden.

In Absprache mit dem Vertreter der Staatsanwaltschaft bot Richter Ulrich Oehrle dem Selmer an, das Verfahren wegen geringer Schuld ohne Auflagen einzustellen. Der nahm den Vorschlag an. Jedoch ärgerte er sich nach wie vor - darüber, dass er wegen dieser Sache überhaupt auf der Anklagebank saß und darüber, dass ihn die Verhandlung einen Urlaubstag kostete. Letztlich nahm er das Ganze aber mit Humor und verbeugte sich vor seinem Abgang lächelnd vor der Schulklasse im Zuschauerraum.