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Corona-Verordnung: Kein Blumenverkauf mehr auf dem Selmer Wochenmarkt
Markt
Blumenhändler sind fassungslos: Ausgerechnet kurz vor dem Muttertag dürfen auf Wochenmärkten keine Blumen mehr verkauft werden - in geschlossenen Räumen aber schon.
Alles neu macht der Mai. Dann werden Blumenkübel und Beete bepflanzt und die Mütter zum Muttertag (am 9. Mai) beschenkt. Traditionell ist es für Blumenhändler und Gärtnereien der umsatzstärkste Monat des Jahres. Aber ausgerechnet jetzt dürfen sie ihre Ware nicht auf Wochenmärkten vertreiben - zumindest nicht im Kreis Unna. Denn eine Verordnung vom 30. April besagt: Ab sofort dürfen auf Wochenmärkten nur noch Lebensmittel verkauft werden. Blumen also nicht.
Franz-Josef Raubuch, Marktleiter der Märkte in Selm und Bork, ringt angesichts dieser Tatsache um Worte: „Das ist eine bodenlose Unverschämtheit“, sagt er. „Frechheit pur, eine ganz ganz schlimme Sache.“ Bei einem seiner täglichen Kontrollanrufe bei der Stadt - mit der Frage, ob er irgendwelche Neuerungen beachten müsse - erfuhr er von dem Verbot. Besonders ärgert ihn, dass das Verbot lediglich den Blumenverkauf auf dem Wochenmarkt betrifft, nicht aber in Blumengeschäften, Gärtnereien, im Einzelhandel oder in Baumärkten greift.
Möller erwartet große Einbußen
Auf den Wochenmärkten in Selm und Bork gibt es einen Blumenhändler, den die neue Regelung betrifft: Michael Möller aus Olfen. Auch er kann die neue Regelung nicht nachvollziehen. „Ich bin wie vor den Kopf geschlagen“, sagt er, „weil man die Verordnung einfach nicht mehr versteht.“ Mit seinen Blumen und Pflanzen steht er außer in Selm und Bork noch in Olfen und Nordkirchen. Darüber hinaus verkauft er in der eigenen Gärtnerei. Die und auch der Blumenverkauf auf den Märkten in Olfen und Nordkirchen sind noch erlaubt, sodass ihm immerhin nicht der gesamte Umsatz wegbricht. Trotzdem sagt Möller: „Jetzt ist für uns die Hochzeit im gesamten Jahresablauf. Mit dem Verbot habe ich große Einbußen.“ Denn die Blumen und vor allem Tomaten- und Gurken-Pflanzen müssten bis spätestens in zwei bis drei Wochen eingepflanzt sein.
Interpretation des Arbeitsministers
Wegen des Verbots hat er sich, mit der Bitte, ihm die Regelung zu erklären, an den Landesverband Gartenbau gewandt. Aber auch wenn dort dieser Tage die Leitungen heiß laufen, kann man das nicht. „Wir können uns das auch nicht erklären und sind sehr unglücklich darüber“, berichtet Claudia Wendt, Sprecherin des Landesverbands Gartenbau.
Laut Recherche des Verbands fußt die Regelung auf einer Interpretation des Paragrafen 28b des Infektionsschutzgesetz („Bundesnotbremse“, greift ab einer Inzidenz von 100), in dem es heißt: „Die Öffnung von Ladengeschäften und Märkten mit Kundenverkehr für Handelsangebote ist untersagt; wobei der Lebensmittelhandel (...) , ebenso (…) Blumenfachgeschäfte, Gartenmärkte und der Großhandel (...) ausgenommen sind.“ Landesarbeitsminister Karl-Josef Laumann habe den Paragrafen so interpretiert, sagt Wendt, dass auch auf Wochenmärkten lediglich Lebensmittel verkauft werden dürfen, und das Ende vergangener Woche an die Kommunen verbreitet. „Das ist seine persönliche Interpretation“, sagt Wendt. „Unserer Kenntnis nach ist NRW auch das einzige Bundesland, in dem diese Regelung so greift.“ Deshalb hat der Landesverband Gartenbau eine Anfrage an das Landwirtschaftsministerium gestellt, mit der Bitte um Erklärung. Die Antwort steht noch aus.
Und auch unter den Kommunen, die die 100er-Inzidenz überschritten haben ist die Regelung nicht einheitlich: Auf Dortmunder Wochenmärkten beispielsweise dürfen weiterhin Blumen verkauft werden, auch wenn dort der Inzidenzwert am Montag (3.5.) bei 197,9 lag.
In und um Stuttgart aufgewachsen, in Mittelhessen Studienjahre verbracht und schließlich im Ruhrgebiet gestrandet treibt Kristina Gerstenmaier vor allem eine ausgeprägte Neugier. Im Lokalen wird die am besten befriedigt, findet sie.
