Mit einem Sport zu beginnen, ist nicht immer leicht. Aber nicht nur der innere Schweinehund ist eine Hürde: Vor allem Mütter versuchen tagtäglich, Familie, Haushalt oder Arbeit miteinander zu vereinbaren. Je größer der Stress und der Mental Load, desto größer sind Hemmungen und Selbstzweifel, weiß Corinna Nolte aus Selm.
„Viele Mütter erzählen mir: Ich möchte mich wieder bewegen, aber ich traue es mir nicht zu. Ich bin halt nicht mehr so fit wie vor dem Kind“. Corinna Nolte ist selbst Mutter, gibt als Sozialpädagogin aber auch sogenannte „Kidix“-Kurse in der Familienbildungsstätte Selm, in denen sie Eltern und ihre Kleinkinder betreut. In einem ihrer Kurse lernte sie Jessica Nieß kennen. Gemeinsam gründeten sie einen Lauftreff für Frauen und Mütter in Selm: die Selmer „Running Moms“.
Schon immer war Corinna Nolte gern sportlich aktiv. Neben Schwimmen oder Radfahren begeisterte sie aber vor allem das Laufen. Zwei Jahre nach der Geburt ihrer Tochter beschloss sie, das Laufen intensiver zu trainieren. Eine lange Zeit lief sie mit einem festen Laufpartner, der sie sehr unterstützte. Im Jahr 2021 hörte sie jedoch von den Running Moms, einer Laufgruppe für Mütter aus Hamm.
„Ich sah die Running Moms auf Instagram und fand das total spannend. Man läuft gemeinsam und trifft auf gleichgesinnte Mütter.“ Aber Hamm war doch etwas weit. Trotzdem wurde sie Mitglied der Gruppe und tauschte sich mit den anderen Müttern aus. Als sich auch an anderen Orten neue Lauftreffs gründeten, zögerte sie zunächst.
„Es geht nicht um Leistung.“
„Ich habe mir das erst nicht zugetraut, selbst eine Gruppe zu leiten“, erinnert sich die 36-Jährige. Ein Telefonat mit Running Moms-Gründerin Eileen Rogge-Khallouqi machte ihr jedoch Mut. „Sie sagte: Corinna, mach es doch ganz entspannt. Es geht doch um die Freude an der Bewegung und der Gemeinschaft beim Laufen.“
Gemeinsam mit Jessica Nieß, die bereits Triathlon- und Lauferfahrung hatte, gründete sie 2024 einen eigenen Ableger der Running Moms in Selm. In einer Anzeige auf Facebook suchten die Frauen Mütter mit Lust auf Bewegung. Nach zwei Wochen hatte ihr Lauftreff 42 Mitglieder. Nicht alle sind nach dem Probieren und Schnuppern in der Gruppe geblieben. Noch immer sind es aber 31 Frauen, die im Lauftreff mitlaufen, wenn es ihre Zeit erlaubt. Der harte Kern bestehe aus etwa 15 Frauen, so Nolte.

Jeden Sonntag um 9 Uhr laufen die Running Moms gemeinsam. Dabei sind Frauen und Mütter auf jedem Fitness-Level willkommen. „Bei uns geht es überhaupt nicht um Leistung oder irgendwelche krassen Ziele. Jede Frau entscheidet für sich, wie sie laufen möchte“, sagt Corinna Nolte. Sind die Selmer Moms unterwegs, laufen verschiedene Tempo-Gruppen aus Läuferinnen oder Walkerinnen zusammen. „Niemand muss Angst haben, zu uns zu kommen und dann alleine laufen zu müssen.“
Auch einzelne Männer von Frauen laufen ab und an mit. Unbekannte Männer möchten die Running Moms aber ungern dabei haben. „Wir wollen kein Männer-Shaming machen und Männer nicht grundsätzlich ausschließen. Viele Männer haben aber einfach dieses Leistungsding im Kopf und geben dann manchmal unnötige Kommentare“, sagt Nolte.
Eine Auszeit vom Alltag
Stattdessen sollen sich die Frauen stressfrei und entspannt als Gemeinschaft bewegen und austauschen können. Einen Sonntagslauf ohne eine herzliche Unterhaltung beim oder nach dem Laufen gebe es bei den Selmer Running Moms nie. Auch viele Freundschaften sind in der Gruppe schon entstanden.
Wer aber intensiver trainieren möchte, erhält gerade in der Gemeinschaft Unterstützung. Die 36-Jährige sagt: „Viele Frauen - so wie ich auch - trauen sich einfach nichts zu. Es freut mich dann sehr, wenn die Frauen sich in der Gruppe gegenseitig ermutigen und einen kleinen Schubs geben.“

Gerade diese Gemeinschaft unter Frauen und Müttern komme in der heutigen Zeit zu kurz, findet Corinna Nolte. Früher habe man sich getroffen, ausgetauscht und etwa die Kinder gemeinsam betreut. Vor allem nach der Corona-Pandemie sei es anders: „Jede Mutter kämpft so für sich allein. Das finde ich total schade“, sagt Nolte.
Für die Frauen ist der Lauftreff auch eine Auszeit vom Alltag – eine Zeit, in der sie die Rolle der Mutter auch mal ablegen und sie selbst sein können. Deswegen hätten sich einige Mütter auch nach kurzer Zeit entschlossen, Kind und Laufbuggy zu Hause zu lassen und die Zeit für sich zu genießen.
Running Gags
„In einer großen Gruppe mit Gleichgesinnten zu laufen, ist auch einfach mega euphorisierend“, findet Corinna Nolte. Einige der Running Moms nehmen auch zusammen an öffentlichen Laufveranstaltungen teil. Dabei tragen sie auch die neon-orangenen T-Shirts der Running Moms.
Eine Laufveranstaltung beschreibt die 36-Jährige noch mal als besondere Erfahrung. „Das ist eine ganz besondere Energie. Alle haben Bock und man lässt sich von dieser Motivation anstecken“, erzählt Nolte. Gerade weil viele Komponenten wie Wetter, Temperatur, Tagesform oder Art der Strecke zusammenkommen, sei jeder öffentliche Lauf aber auch immer eine Wundertüte und letztlich eine besondere Erfahrung.
Auch der ein oder andere Läuferwitz entsteht dabei in der Gruppe: „Am Ende pfeifen wir aus dem letzten Loch und dann fallen so Sprüche wie: Wir machen das nur für die Banane und die Urkunde. Das sind so die Running Gags.“ Auch diese gemeinsamen Erfahrungen im Lauftreff sind für Corinna Nolte etwas Besonderes. Dass sie die Selmer Running Moms gegründet hat, hat die 36-Jährige nie bereut.
Für die Unterstützung durch Jessica Nieß und auch Melanie Rother ist die 36-Jährige bei der Leitung des Lauftreffs Nolte sehr dankbar. „Die Running Moms stehen für mich für ganz viel Lebensfreude, ganz viel Lachen und Spaß. Ich freue mich, dass ich mich getraut habe, das zu machen.“