Blick auf die Baustelle Das tut sich gerade in der Burg Botzlar in Selm

Blick auf die Baustelle: Das tut sich gerade in der Burg Botzlar
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Sie hat eine reiche, wechselhafte Geschichte. Mal war sie prächtige Wasserburg, mal ein Herrensitz, mal Herberge für unterschiedliche Arten von Schulen. Im Moment ist die Burg Botzlar in Selm aber vor allem eines: eine große Baustelle. Seit Sommer 2022 laufen umfassende Sanierungs- und Umbauarbeiten, damit die Burg bald noch mal etwas ganz anderes sein kann: ein modernes Bürgerzentrum.

Im August sind die Bauarbeiten gestartet. Nachdem das Gebäude leergeräumt war, hat die beauftragte Firma Herbert Jücker aus Cappenberg losgelegt. Weil die historische ehemalige Wasserburg, deren Anfänge bis in das 13. Jahrhundert zurückreichen, ein Baudenkmal sowie das sie direkt umgebende Gelände ein Bodendenkmal ist, sind die Sanierungsarbeiten keine einfache Aufgabe. Alle Arbeiten müssen abgestimmt werden und Eingriffe in den Boden von dem Archäologen Dr. Georg Eggenstein begleitet werden. Dieser hatte bereits 2018 eine umfassende Untersuchung an und um das Gebäude vorgenommen.

Wasserabweisender Putz

Er war auch dabei, als Jücker den Fundamentbereich bis in eine Tiefe von etwa einem Meter freigelegt hat. Zum Vorschein kam auf der Südseite ein mittelalterliches Mauerwerk aus Sandsteinen, das sparsam von Mörtel zusammengehalten wurde. Sämtlicher Aushub bei diesen Arbeiten wurde vom Archäologen in Augenschein genommen. Besonders im Bereich des Nordgiebels, wo der Aborterker war, wurde der mutmaßliche Latrinenbefund dokumentiert.

Um das Bauwerk zukünftig vor Feuchtigkeit im Bereich der Fundamente zu schützen, soll nun ein wasserabweisender Putz angebracht werden. Doch zuvor müssen alle baulichen Eingriffe etwa für Leitungsverlegungen oder Neuverfugung dokumentiert werden, was die Arbeiten für die Bauleute verkompliziert.

Im Innenbereich der Burg ist das nicht viel anders. Hier schaut der Denkmalschutz auf alles, was gemacht wird. Da heißt es, das Alte mit den neusten Baubestimmungen in Einklang zu bringen, allen voran den Brandschutzbestimmungen. Und das alles unter Berücksichtigung der zukünftigen Nutzung des Gebäudes.

1980 hatte es bereits einen massiven Eingriff in das Bauwerk gegeben. Die bis dahin vorhandenen Holzdecken aus massiven Eichenbalken mit einer Holzauflage wurden durch Stahlbetondecken ersetzt. Die Eichenbalken hat man damals für die Optik unter den neuen Decken befestigt. Diese schweren Balken hat man nun wieder ausgebaut. Die längsten von ihnen waren gut 13 Meter lang und bis zu einer Tonne schwer. Über angelegte Maueröffnungen wurden sie aus dem Gebäude geschoben und von einem Kran aufgenommen. Für die Zeit der Bauarbeiten werden die Eichenhölzer auf dem Hof Wiesmann in Netteberge eingelagert und später dann wieder eingebaut.

Im weiteren Schritt wird nun für die Ertüchtigung der Deckentragfähigkeit eine Konstruktion aus speziellen Eisenträgern eingebaut. Herbert Jücker aus Cappenberg hat sich mit seiner „Bauwelt“ und seinen Mitarbeitern auf solche Projekte spezialisiert und viel Erfahrung mit solchen komplexen Aufträgen sammeln können. Parallel zu den Arbeiten an der Burg Botzlar ist der Betrieb auch an der denkmalgeschützten ehemaligen Kantine der Westfalia Eisenhütte in Lünen tätig. Dieses Bauwerk von 1870 ist das letzte Gebäude aus den Anfängen des ersten Lüner Industriebetriebes und soll in Zukunft als Eventlocation genutzt werden.

Große Spende

Ende 2023 soll das Projekt an der Burg Botzlar abgeschlossen sein. Die Bürgerstiftung Stadt Selm hatte anlässlich des Stadtfestes zum 35-jährigen Jubiläum der Stadt Selm im Jahr 2012 eine zweckgebundene Spende in Höhe von 750.000 Euro erhalten. Der Wunsch des Spenders – Unternehmer Norbert Rethmann – war es, dass die Bürgerstiftung mit dem Spendengeld die Burg Botzlar erwerben sollte, damit diese allen Selmer Bürgerinnen und Bürgern zur Nutzung erhalten bleiben würde. Mit deutlicher Verspätung sind die Umbauarbeiten dazu zehn Jahre später gestartet.

Der Umbau der Burg Botzlar gehört zu den vier Selmer Bausteinen für das Strukturförderprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen „Regionale 2016“. Neben dem Burgumbau gehören der Auenpark mit Renaturierung des Selmer Bachs, der Bau des Campus Süd und Nord und das Neubaugebiet „Wohnen am Auenpark“ dazu.