Die Einführung der sogenannten SocialCard, einer Bezahlkarte für Geflüchtete, ist seit einigen Monaten ein wiederkehrendes Thema - nicht nur in Nordrhein-Westfalen insgesamt, sondern auch in Selm. Mit dieser Bezahlkarte können Geflüchtete Zahlungen überall dort tätigen, wo Visa akzeptiert wird. Sie soll das bisherige System der wöchentlichen Barauszahlungen ersetzen, um die Verwaltungsprozesse zu vereinfachen. Geplant ist, dass bis Ende März alle Flüchtlingsunterkünfte des Landes NRW mit den Karten ausgestattet sind. Die Menschen, die in Selm in den Containern an der Industriestraße leben, haben die SocialCard bereits erhalten. Aus der städtischen Notunterkunft war im vergangenen Jahr eine Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) geworden, die nun von der Bezirksregierung betreut wird.
Ablehnung möglich
Die Einführung der Social Card wird von einer sogenannten Opt-Out-Regelung begleitet, die den Städten und Gemeinden Flexibilität bietet. Dadurch können sie per Ratsbeschluss entscheiden, ob die Bezahlkarte eingeführt wird oder die bisherigen Geld- sowie Sachleistungen oder Wertgutscheinen beibehalten werden. Diese Entscheidungsmöglichkeit besteht bis Ende des Jahres, was den Kommunen Zeit gibt, die beste Option für ihre spezifischen Bedürfnisse und Gegebenheiten zu wählen.
Die Regelung fand auch im Ausschuss für Jugendhilfe, Familie, Soziales und bürgerschaftliches Engagement am vergangenen Dienstag (25. Februar) Erwähnung. „Wir sollten abwarten, welche Erfahrungen andere Kommunen mit der Bezahlkarte machen“, fand Sylvia Engemann, Kämmerin der Stadt Selm. „Denn die Einführung der Karte bringt einige Hürden mit sich.“
Aufwand & Nutzen
Ein Nachteil der Bezahlkarte sei, dass sie nicht für Lastschriftverfahren genutzt werden könne, so Engemann. Lastschriften sind wichtig für regelmäßige Zahlungen wie Mieten, was den Gebrauch der Karte einschränken würde. Auch gehe die Einführung der Karte mit erheblichen Verwaltungs- und Personalaufwand einher, der nicht erstattet wird.
Im Januar sagte Stadtsprecher Malte Woesmann, dass in den beiden Übergangsheimen Auf dem Südfeld und am Kohuesholz insgesamt 63 Geflüchtete leben. Darunter befinden sich 40 Personen, die im Besitz eines Aufenthaltstitels sind und 23 Personen, welche sich noch im laufenden Asylverfahren (Asylbewerber) befinden. Außerdem sind weitere 16 Asylbewerber im privaten Wohnraum untergebracht.
Nur wenige von ihnen wären für eine SocialCard berechtigt. „In Selm gibt es lediglich 30 Personen, die für diese Bezahlkarte infrage kämen, und alle verfügen bereits über ein Bankkonto“, erläutert die Kämmerin. „Daher sind sie bereits in der Lage, bargeldlos in Geschäften zu bezahlen.“ Die Entscheidung müsse also sorgfältig hinsichtlich des Aufwands und des Nutzens abgewogen werden.
Der Arbeitskreis Asyl Selm hatte sich bereits im Januar kritisch gegenüber der SocialCard geäußert. „Der Nutzen und der erwartete Effekt zur Vermeidung des Geldflusses ins Ausland stehen in keinem Verhältnis zum bürokratischen und finanziellen Aufwand der Einrichtung dieser Bezahlkarte“, erklärte Sprecher Hans Hoppe vor rund anderthalb Monaten. Die bisherige Vorgehensweise mit einer wöchentlichen Bargeldauszahlung habe sich bewährt, findet er.

Beschluss vertagt
„Aufgrund der weiterhin zahlreichen offenen Fragen gibt die Verwaltung derzeit keine Beschlussempfehlung ab“, heißt es nun in der Vorlage des Ausschusses für Jugendhilfe, Familie, Soziales und bürgerschaftliches Engagement. In der Sitzung wurde dem nicht widersprochen. In einer der nächsten Sitzungen soll das Thema weiter diskutiert werden.