Im März des vergangenen Jahres teilte die Bezirksregierung Arnsberg mit, dass in Bork - wie schon im Jahr 2015 - eine Erstaufnahme-Einrichtung für Geflüchtete entsteht. Eine erste tageweise Unterkunft für Menschen, bevor sie dann weiter reisen in andere Kommunen in NRW. Knapp anderthalb Jahre später herrschen jedoch andere Zustände in der Unterbringung.
Geflüchtete berichten, dass sie mehrere Monate in Bork bleiben müssen - auch, weil die Behörden mit Asylanträgen nicht hinterherkommen. Eine prekäre Wohnsituation für die über 800 Menschen, die nicht wissen, wie es für sie weitergeht. Die Redaktion hat die Bezirksregierung mit Fragen zur aktuellen Situation, zur langen Aufenthaltsdauer und zur Zukunft der Zeltstadt konfrontiert. Ein Überblick.
Nach der Auseinandersetzung am 8. August und dem mutmaßlichen Vorfall mit einem Exhibitionisten am 11. August herrscht vor Ort Unruhe in der Bevölkerung. Gibt es Pläne der Bezirksregierung, in einer Form deeskalierend zu wirken?
„Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist von zentraler Bedeutung. Die derzeitige Gesamtlage und Heterogenität der Bewohner sorgt nachvollziehbar für Sorgen, Nöte sowie Befürchtungen“, sagt Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung. Beschwerden, Anregungen und weiteres von betroffenen Menschen würden immer sehr ernst genommen werden.
Hierfür stehe die Einrichtungsleitung der Notunterkunft Selm zur Verfügung. Zudem stellt der Betreuungsdienst einen Umfeldmanager, der ebenfalls für Fragen oder Anregungen zur Verfügung steht. Darüber hinaus seien an 24 Stunden und sieben Tagen die Woche ein Sicherheits- und ein Betreuungsdienst tätig.
Söbbeler kündigt zudem an, dass Betreuungs- und Beschäftigungsangebote weiter ausgebaut werden sollen, um Konfliktpotenzial vor Ort möglichst weiter zu reduzieren.

Wie viele Menschen sind derzeit in der Unterkunft untergebracht?
„Mit Stand vom 16. August sind 793 Menschen untergebracht“, sagt der Sprecher. Dabei handelt es sich ausschließlich um Männer. Die meisten Menschen kommen aus Syrien (über 56 Prozent), Afghanistan, Türkei, Irak und Iran.
Zum Hintergrund: Die Behörde hatte am 10. August mitgeteilt, dass die eigentliche Grenze von 750 Menschen in der Notunterkunft überschritten werden müsse. „Angesichts der gegenwärtig steigenden Zugänge von Geflüchteten, die täglich in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) Bochum vorsprechen würden, sind die Unterbringungskapazitäten in den Landeseinrichtungen nahezu vollständig ausgelastet“, hieß es damals.
Gibt es Überlegungen, das Konzept für die Einrichtung in Bork zu ändern und dort wieder Familien unterzubringen?
„Die Reisegruppe der allein reisenden Männer macht weiterhin den größten Anteil des Gesamtzulaufs aus. Unsere Aufgabe bringt es mit sich, diejenigen Menschen unterzubringen und zu versorgen, die hier in NRW ankommen“, erklärt der Pressesprecher.
Wie lange leben die Bewohner in der Regel in der Unterkunft in Bork? Wir haben vor Ort Menschen getroffen, die sagten, sie seien schon sechs beziehungsweise neun Monate in der Zeltstadt untergebracht. Wie kommt das und wie häufig kommt es zu solchen Fällen?
Hier hält sich die Bezirksregierung eher bedeckt. Die Aufenthaltsdauer in den Landesunterbringungseinrichtungen sei unterschiedlich und von verschiedenen Faktoren abhängig.
So werden etwa Personen, die im Asylverfahren sind, spätestens nach Ablauf bestimmter Maximalfristen kommunal zugewiesen: Familien mit Kindern nach sechs Monaten, alle übrigen Personengruppen spätestens nach 18 oder 24 Monaten. Bei positiver Entscheidung über den Asylantrag erfolgt die Zuweisung unverzüglich. „Insofern lässt sich eine durchschnittliche Aufenthaltsdauer nicht valide darstellen“, sagt Söbbeler.
Zum Hintergrund: Im April des vergangenen Jahres kündigte die Bezirksregierung an, dass Menschen höchstens zehn Tage in der Notunterkunft bleiben sollen. Im Oktober teilte die Behörde dann mit, dass die Unterkunft als Schlafstätte für eine Zwischenübernachtung für Flüchtlinge aus der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Bochum dient.
Im Dezember 2022 hieß es dann erneut „Konzeptänderung“: Die Geflüchteten bleiben länger als eine Nacht - wie lang genau, sei von Fall zu Fall unterschiedlich.
Gibt es an der Notunterkunft Möglichkeiten zur Freizeitbeschäftigung?
Eine Leichtbauhalle auf dem Gelände der Notunterkunft werde ausschließlich für die Freizeitgestaltung der Bewohner genutzt, erklärt die Behörde. Dort können zum Beispiel Dart-Spiele, Kicker, Tischtennisplatten, Gesellschaftsspiele und Indoor-Sportgeräte genutzt werden.
Derzeit werde eine weitere Leichtbauhalle für Freizeitbeschäftigungen umgestaltet. Unter anderem wird der Betreuungsdienst dort künftig Erstorientierungskurse anbieten. Zudem bestehen im Außenbereich Freizeitgestaltungsmöglichkeiten wie etwa verschiedene Ballsportarten. Die Erweiterung der Freizeitaktivitäten im Außenbereich soll zeitnah realisiert werden.
Auch freies WLAN steht in der Unterkunft allen Bewohnern zur Verfügung.
Wie wahrscheinlich ist es aus Ihrer Sicht, dass die Landesnotunterkunft Ende Dezember 2023 schließt? Wie dringend braucht das Land die Unterkunft in Bork?
„Angesichts der anhaltend hohen Zugänge von Asylsuchenden wird derzeit jeder Platz zur Unterbringung von Geflüchteten benötigt. Das Land arbeitet daher mit Hochdruck am Aufbau weiterer Kapazitäten. Eine Unterbringung von Geflüchteten in Notunterkünften, insbesondere in Leichtbauhallen wie Selm, ist nicht ideal, zurzeit aber eine erforderliche Maßnahme“, sagt Söbbeler.
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