„Es geht mir gut“, sagt Anna Homann einige Tage vor ihrem Geburtstag. Am 9. März wird sie 90 Jahre alt. 1935 wurde sie in Bottrop geboren. Seit 2022 lebt die Jubilarin in Selm, in der Seniorenwohngemeinschaft Haus am Campus. Es gehe ihr gut, sagt sie, weil sie umsorgt werde, weil sie nicht mehr kochen, waschen, putzen, bügeln muss. Denn das habe sie in ihrem Leben zur Genüge getan. Und wer sich ihre Lebensgeschichte anhört, muss der 90-Jährigen recht geben.
Acht Kinder hat sie geboren, die Älteste wurde 1953 geboren, die Jüngste im Jahr 1966 - fünf Mädchen, drei Jungen. Zweimal ist Anna Homann Witwe geworden. Beide Männer arbeiteten im Bergbau. Ihr erster Mann starb bei einem Grubenunglück, Anna Homann war da gerade mit dem dritten Kind schwanger. Ihr zweiter Mann kam 1983 ums Leben. Die gebürtige Bottroperin hatte zu dem Zeitpunkt acht Kinder und war mit 48 Jahren nun erneut verwitwet.
Kinder immer sauber und ordentlich
Die Familie lebte in Lünen in einer 75-Quadratmeter-Wohnung. „Hinter dem Haus gab es einen Hof, wo wir natürlich spielen konnten“, erinnert sich die jüngste Tochter Sonja Werning. Und Anna Homann sorgte gut für ihre Kinder. Das sei ihr wichtig gewesen, erinnert sie sich. Weil sie Witwe war, hatte sie immer Sorge, „dass die Fürsorge mir die Kinder nehmen könnte.“ Das war der Grund dafür, dass sie für eine tadellose Wohnung sorgte. Die Kinder seien immer sauber und ordentlich gekleidet gewesen, hätten immer genug zu essen bekommen. Dass ihre Kinder die Schule erfolgreich besucht haben und auch beruflich gut unterwegs waren, darauf blickt sie heute stolz zurück.
Fotos zeigen, dass auch Anna Homann gepflegt und modern durchs Leben ging, sie wollte keinen Anlass zur Kritik gegenüber ihrer Großfamilie geben. „Wir hatten zwar eine kleine Wohnung, konnten uns nichts leisten, aber wir sind immer satt geworden und waren ordentlich gekleidet“, pflichtet Tochter Sonja ihrer Mutter bei. „Sie hat uns wie eine Löwin verteidigt.“ Es sei keine einfache Zeit gewesen, aber alle acht Kinder hätten die Möglichkeit gehabt, „ihr Plätzchen zu finden“.

Ein großes Ereignis sei immer ein Ausflug zum Cappenberger See gewesen. Bepackt wie die Esel sei die Familie dorthin gezogen, um bei Kartoffelsalat die Zeit zu genießen. Da es kein Auto gab, - Anna Homann hatte nie einen Führerschein gemacht und an ein Auto wäre finanziell sowieso nicht zu denken gewesen - waren Ausflüge, erst recht Urlaubsreisen, keine Option. Erst als die Kinder erwachsen wurden, luden sie ihre Mutter ins Auto, um Ausflüge zu machen.
„Ich war nie krank, ich habe immer gearbeitet“, sagt sie heute. Erst nach ihrem 85. Lebensjahr erkrankte sie und kann sich seither nicht mehr alleine versorgen. So fiel der Entschluss, von Lünen nach Selm in die Seniorenwohngruppe zu ziehen. Da ihre acht Kinder in der Region leben, schauen sie gern bei Anna Homann vorbei. Auch die elf Enkel und neun Urenkel gratulieren am Sonntag. Vertreter der Stadt Selm haben sich ebenfalls angekündigt.
