Müll, Vandalismus, Prügeleien. Obwohl der neue Skateplatz am Campus weit über Selm hinaus beliebt ist, wachsen die Probleme. Wie können die Verantwortlichen das in den Griff kriegen?
Keine zehn Minuten sind wir am Mittwochabend auf dem Selmer Skateplatz am Campus unterwegs – und schon geht die erste Konfetti-Bombe hoch. Gezündet haben sie Jugendliche, die sich gegenüber des Parks auf Bänken niedergelassen haben. Für Sebastian Heinz ist das ein gutes Beispiel dafür, was er regelmäßig auf der erst vor drei Monaten eröffneten Anlage erlebt.
„Den Dreck, wer macht den jetzt weg?“, sagt Heinz verärgert. Kurzerhand verdonnert er die Jugendlichen zum Fegen. Nicht zum ersten Mal.
Sebastian Heinz ist selbst Skater. Als Teenager skatete er regelmäßig; seit auch sein elfjähriger Sohn Gefallen an dem Sport gefunden hat, ist der 38-Jährige wieder auf dem Skateboard anzutreffen. Die Selmer Anlage selbst findet Sebastian Heinz toll. „Es ist eine richtig professionelle Anlage, dafür kommen sogar Skater aus Marl und Haltern hierher“, sagt Heinz. Das kann auch Odeh Rishmawi bestätigen, der gerade auf dem Skateplatz unterwegs ist. Der 23-Jährige kommt extra dafür aus Werne.
Der Ärger am Platz wächst
Unsere Redaktion hatte bereits am Mittwoch über den Ärger um den Skateplatz berichtet. Müll und Vandalismus waren Themen. Die Stadt Selm hat einen Sicherheitsdienst beauftragt, der regelmäßig auf dem Skateplatz kontrolliert. Er wird seit den Sommerferien eingesetzt. „Bereits jetzt sind mehrere tausend Euro für die Bewachung des Skateparks angefallen“, so Malte Woesmann von der Stadt Selm: „Geld, das aus Sicht der Stadtverwaltung an anderer Stelle sinnvoller hätte eingesetzt werden können.“
Malte Woesmann sagt: Der Außendienst des Ordnungsamtes werde den Bereich weiterhin beobachten. Dies geschehe sowohl tagsüber und abends als auch am Wochenende. „Jedoch kann das Ordnungsamt keine „Rund-um-die-Uhr-Bewachung“ des Bereiches gewährleisten. Dies ist sowohl personell als auch finanziell nicht möglich.“ Allerdings werde gerade daran gearbeitet, die technischen Anlagen für eine Kameraüberwachung auf dem Gelände herzurichten.
Jeden Morgen wird zudem mittlerweile eine Kolonne des Ordnungsamtes vorbeigeschickt, um den Dreck des Vortages wegzumachen. An diesem frühen Abend liegen bereits zerdrückte Getränkedosen um den Skateplatz herum.
Unterscheidung zwischen Nutzern und Außenstehenden
Er stehe bereits seit dem Stadtfest im Juni – und damit seit Eröffnung des Skateplatzes – in Kontakt mit dem Ordnungsamt, sagt Sebastian Heinz. Ihm ist wichtig: „Es sind nicht die Nutzer, die dort am Abend und Nachtstunden abhängen“, stattdessen seien es immer gleiche Gruppen, die den Platz vermüllten, pöbelten und dort mit ihren Motorrollern über den Platz fahren würden. Auch Prügeleien habe er dort schon gesehen.

Verschiedene Altersklassen treffen sich zum Skaten © Sabine Geschwinder
„Sehen Sie“, sagt Rishmawi und zeigt auf die Anlage, „von uns stammen Glasscherben in der Anlage sicher nicht, das ist doch gefährlich.“ Er habe manche Verfehlungen auf Bildern dokumentiert und an die Stadt weitergegeben, sagt Sebastian Heinz. „Aber es ändert sich nichts“.
Die Stadt habe einen Sicherheitsdienst bestellt, „aber der guckt dann einmal und ist dann wieder weg“, sagt er. Schade sei das, denn eigentlich wollte die Stadt ja den Standort mit dem Skateplatz aufwerten. Zum Glück habe es eine Diskussion wie in Olfen – dort sind insbesondere viele Ältere skeptisch gegenüber einer neuen Anlage – nicht gegeben.
Mehr Kontrolle durch Eltern
Den Skatern Heinz und Rishmawi macht noch eine weitere Sache Sorgen: Die vielen Kinder, die unbeaufsichtigt auf den Skateplatz kommen. Eine Altersbegrenzung wie in manchen Parks gibt es in Selm nicht. Grundsätzlich kein Problem, finden Heinz und Rishmawi, aber: „Es wäre gut, wenn die Eltern einfach mal mitkommen und sich die Sache hier anschauen“, sagt Rishmawi. Die Geräte seien nicht ganz ungefährlich für unerfahrene Nutzer. „Das ist kein Spielplatz, sondern eine Profi-Anlage“, so Sebastian Heinz.
Rishnawi nennt ein Beispiel: Ein kleiner Tretroller werde bis zu 20 Kilometer die Stunde schnell, und wenn zwei Roller mit Höchstgeschwindigkeit gegeneinander knallten, „tut das weh“. Es sei toll, dass so viele junge Kinder in Selm den Einstieg ins Skaten fänden, aber viele unterschätzten die Gefahr, sagt er.

Ein Kind ist auf das Umkleidegebäude gegenüber des Skateparks geklettert. Von dort werden auch Kieselsteine auf die Anlage geworfen, sagt Sebastian Heinz. © Sabine Geschwinder
Sebastian Heinz ist mit seinem Sohn auch schon auf anderen Plätzen gewesen. „Aber nirgendwo anders gibt es so ein Problem wie in Selm“, meint er. Das Ordnungsamt müsse stärker durchgreifen und Platzverweise oder Bußgelder ausstellen, findet er. Dieses Vorgehen kenne er von der Stadt Hamm.
Was ist anders in Hamm?
Macht Hamm denn etwas besser? Tobias Köbberling, Sprecher der Stadt Hamm, jedenfalls sagt, dass es dort keine konkrete Strategie des Ordnungsamtes gebe. Im angesprochenen Lippepark gebe es seit 2012 den Skatepark, Probleme gebe es dort nicht, allerdings habe der kommunale Ordnungsdienst dort keine Verweise ausgesprochen. Eine Webcam gebe es zwar, aber die erfülle keine Überwachungsfunktion, sondern sei eher eine Spielerei. Sie übertrage Bilder des Parks auf die Website der Stadt Hamm. „Es könnte natürlich sein, dass das manche abschreckt“, sagt Köbberling. Er glaubt allerdings vor allen Dingen, dass die soziale Kontrolle vom Jugendzentrum nebenan der Grund dafür ist, dass es auf dem Skateplatz keine Probleme mit Müll und Krawall gibt.
Auch Sebastian Heinz könnte sich vorstellen, dass diese Funktion vom Sunshine oder von den Sportvereinen erfüllt werden könne, wenn die erst mal neben den Skaterplatz gezogen seien. Das kann aber noch dauern – Voraussichtlich bis Mai 2019. „Ich sehe jetzt erst mal die Stadt am Drücker“, so Heinz.
Das sagt der Psychologe
Der Verhaltenstherapeut Christian Lüdke aus Lünen sagt allerdings: „Das nützt nichts. All das dient nur der Aufklärung, hat aber keinen präventiven Charakter.“ Der Psychologe ist der Meinung: Da helfen nur „deutliche Strafen.“ Ein erhobener Zeigefinger nütze nichts; wer sich so verhalte, habe oftmals keine richtigen Regeln gelernt und ein verändertes Unrechtsverhalten.
Ich bin neugierig. Auf Menschen und ihre Geschichten. Deshalb bin ich Journalistin geworden und habe zuvor Kulturwissenschaften, Journalistik und Soziologie studiert. Ich selbst bin Exil-Sauerländerin, Dortmund-Wohnerin und Münsterland-Kennenlernerin.
