Abriss der Lutherschule: Kontrollorgan des Landes kann keinen Rechtsverstoß feststellen

© Sylvia vom Hofe

Abriss der Lutherschule: Kontrollorgan des Landes kann keinen Rechtsverstoß feststellen

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Fünf Monate musste er warten. Als Wilhelm Gryzcan-Wiese jetzt endlich Post vom Landtagspräsidenten erhält, fühlt er sich aber völlig missverstanden. Bürgermeister Löhr indes freut sich.

Selm

, 08.08.2019, 04:15 Uhr / Lesedauer: 2 min

Es geht um ein Gebäude, das es seit einem Jahr gar nicht mehr gibt: die mehr als 100 Jahre alte Lutherschule. Seit einem Jahr liegt das Grundstück an der Schulstraße, auf dem die Unnaer Kreis-, Bau- und Siedlungsgesellschaft (UKBS) vier Wohnhäuser mit 27 Wohnungen errichten will, im Dornröschenschlaf. Im August 2018 konnte es dem kommunalen Wohnungsbauunternehmen allerdings gar nicht schnell genug gehen mit dem Abriss.

Es war ein Wettlauf mit der Zeit. Wilhelm Gryzcan-Wiese und andere hatten begonnen, Unterschriften für ein Bürgerbegehren zum Erhalt der Schule zu sammeln: mit Erfolg. In Rekordzeit hatten 1930 Selmerinnen und Selmer unterzeichnet (100 mehr als nötig). Die Stadt verhinderte dennoch nicht, dass der letzte Rest der Schule fällt. Ein Rechtsverstoß, wie Gryzcan-Wiese meint. Kein Rechtsverstoß, wie jetzt der von ihm angerufene Petitionsausschuss des Landes schreibt.

Als die Unterschriften zusammen sind, ist die Schule weg

Eigentlich wäre nach der Unterschriftensammlung ein Bürgerentscheid der nächste Schritt gewesen: Alle Wahlberechtigten hätten zur Wahlurne gehen können und Ja oder Nein zum Erhalt der Schule sagen können. Bis dahin tritt laut Gemeindeordnung eine Sperrfrist ein für weitere Veränderungen. Im Fall der Lutherschule sei es dafür aber schon zu spät gewesen, so die Stadt.

Da stand die Lutherschule noch. Wilhelm Gryzcan-Wiese vor dem historischen Gebäude.

Da stand die Lutherschule noch. Wilhelm Gryzcan-Wiese vor dem historischen Gebäude. © Sylvia vom Hofe

„Im Petitionsverfahren hat die Stadt schlüssig dargelegt, aus welchen Gründen ein Bürgerentscheid ihrer Ansicht nach nicht mehr durchgeführt werden musste“, heißt es in dem Brief aus Düsseldorf. „Ein Rechtsverstoß konnte im Petitionsverfahren nicht festgestellt werden, sodass der Petitionsausschuss nach Prüfung der Angelegenheit keine Möglichkeit sieht, der Landesregierung weitere Maßnahmen im Sinne der Petition zu empfehlen.“

Bürgermeister Mario Löhr nahm das Ergebnis der Prüfung zufrieden zur Kenntnis, wie es in einer Stellungnahme der Stadt heißt. „Ich bin froh, dass der Petitionsausschuss, wie schon das Verwaltungsgericht im Eilverfahren, unsere Rechtsauffassung bestätigt hat. Nun bleibt noch das Ergebnis im Hauptverfahren beim Verwaltungsgericht abzuwarten“, so Löhr.

Beschwerdeführer wendet sich erneut an den Petitionsausschuss

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen wird sich am 2. Oktober mit der Angelegenheit beschäftigen. Aber auch der Petitionsausschuss hat eine weitere Reaktion angekündigt - nachdem sich Gryzcan-Wiese erneut an ihn gewandt hatte. „Leider fühlen wir uns (...) völlig missverstanden“, hatte er geschrieben. Sehr verwundert seien er und seine Mitstreiter zudem darüber, dass der Petitionsausschuss, „einseitig“ die Stadt gehört habe, ohne auch noch einmal Kontakt mit den Beschwerdeführern zu haben.

Gryzcan-Wiese sieht „,Machenschaften‘ von staatlichen Behörden gegen das Bürgerrecht“, wie er an das Kontrollorgan der Landesregierung schreibt. Und er fordert, dass künftig eine Sperrfrist bereits mit Beginn eines Bürgerbegehrens einsetze. Außerdem weist er auf eine Lücke im Recht hin, wie er findet.

„Wenn die von der Stadt Selm dargestellte Praxis rechtens sein soll (...), dann kann jederzeit jedes Bürgerbegehren durch ,Drittverträge‘ ausgesetzt werden“, so der Initiator des im Sande verlaufenen Selmer Bürgerbegehrens. Die Stadt Selm hatte auf ihre rechtliche Verpflichtung gegenüber der UKBS hingewiesen. Sie hatte dem Unternehmen die Abrissgenehmigung erteilt.

2014 hatte die UKBS von der Stadt die Schule gekauft - mit der Auflage, das markante Gebäude zu erhalten. 2018 gab die UKBS allerdings bekannt, von den ursprünglichen Plänen aus wirtschaftlichen Gründen Abstand nehmen zu müssen. Nur ein Neubau rechne sich.

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