Ab 20 Uhr ist unter der Woche Schluss. Taxis fahren dann nicht mehr in Selm. © Grafik Hasken
Kommentar Klare Kante
Abends bleibt Selm taxifreie Zone: Warum das schade ist, aber Jammern nicht hilft
Immer mehr wird uns direkt an die Haustür gebracht: neue Schuhe, Getränkekisten, der Fernseher und die Pizza sowieso. Wir selbst sollen aber stehen bleiben wie bestellt und nicht abgeholt?
Tatsächlich: Taxikunden schauen wochentags nach 20 Uhr in die Röhre - zumindest in Selm.
Angebot und Nachfrage regeln den Markt. Unser Taxi-Test hat in diesen Markt eingegriffen und für drei Monate das Angebot verbessert, um gespannt die Auswirkungen auf die Nachfrage zu beobachten: ein Rohrkrepierer.
Natürlich lässt sich jetzt lange schwadronieren, ob der dreimonatige Test mal eben zurückdrehen konnte, was die mobile Service-Wüste in den vielen Monaten zuvor angerichtet hatte. Wer fünfmal nach 20 Uhr erfolglos versucht hatte, einen Wagen zu rufen, machte das kein sechstes Mal - Testphase hin, Testphase her.
Die Eckkneipe selbst ist ein Auslaufmodell geworden
Nicht nur die Anrufe blieben aus. Die gemütliche Eckkneipe, aus der die Wirte früher wie selbstverständlich für ihre Gäste ein Taxi riefen, ist längst selbst ein Auslaufmodell geworden.
Immer mehr Menschen verbringen ihre Freizeit abends lieber zuhause und treffen ihre Freunde im Internet statt analog an der Theke. Was uns das lehrt: Die Nachfrage schafft sich ihr Angebot - und nicht umgekehrt.
Erst wenn Angebote verschwinden, fällt uns auf, wie lieb sie uns eigentlich immer waren - theoretisch zumindest. Das gilt für die Kneipe genauso wie für den Tante-Emma-Laden, das Elektrogeschäft vor der Haustür und jetzt das abendliche Taxiangebot.
Wer Schuhe und Elektrogeräte günstig und bequem im Netz kauft und sich die Pizza nach Hause bestellt, anstatt auszugehen, braucht sich allerdings nicht zu wundern, dass das auf Dauer Folgen für die lokale Infrastruktur hat. Jeder, der Service anbietet, muss auch Erträge erwirtschaften können. Und das langfristig. Ohne Nachfrage eben keine Leistung.
Muss der Staat einspringen und die Lücke schließen?
Das ist bedauerlich - besonders für all diejenigen, die selbst kein Auto haben und leider auch keine Verwandten und Nachbarn, die spontan bereit sind, sie von A nach B zu fahren. Sie sind abends in Selm gestrandet oder müssen langfristig Fahrten bestellen. Müsste da nicht der Staat einspringen und diese Lücke schließen? Sicher nicht.
Statt über die fehlenden abendlichen Taxifahrten zu jammern, lasst uns die Energie lieber in etwas anderes stecken: in bessere Angebote, um die klaffenden Lücken im klimafreundlichen ÖPNV tagsüber zu schließen. Denn noch wichtiger als die Heimfahrt nach dem Feierabendbier mit dem Taxi ist die tägliche Fahrt zur Arbeit mit Bus und Bahn - und Taxibus.
Vielen Dank für Ihr Interesse an einem Artikel unseres Premium-Angebots. Bitte registrieren Sie sich kurz kostenfrei, um ihn vollständig lesen zu können.
Jetzt kostenfrei registrieren
Einfach Zugang freischalten und weiterlesen
Werden auch Sie RN+ Mitglied!
Entdecken Sie jetzt das Abo, das zu Ihnen passt. Jederzeit kündbar. Inklusive Newsletter.
Bitte bestätigen Sie Ihre Registrierung
Bitte bestätigen Sie Ihre Registrierung durch Klick auf den Link in der E-Mail, um weiterlesen zu können.
Prüfen Sie ggf. auch Ihren Spam-Ordner.
Einfach Zugang freischalten und weiterlesen
Werden auch Sie RN+ Mitglied!
Entdecken Sie jetzt das Abo, das zu Ihnen passt. Jederzeit kündbar. Inklusive Newsletter.