Geradezu märchenhaft – oder, wenn man will, auch Lost-Place-mäßig – wuchern Büsche und Bäume aus dem Fußboden des hochherrschaftlichen Raums. Eine Illusion in Schwarz und Weiß, geschaffen mit Sofortbild-Diafilmen, mit denen Prof. Harald Mante und Eva Witter-Mante jahrzehntelang in europäischen Schlössern auf Motivjagd gingen.
Zuerst wurden die je 36 Fotos bei der Innenbesichtigung verschossen, dann wurde der Film zurückgedreht und nach dem Tausch vom Partner im Park erneut belichtet. Als Dritter im Bunde musste der Zufall mitspielen. Er legte die Doppelbelichtungen so übereinander, dass aus einigen fantastische Kunstwerke entstanden, die Karriere als Musikkassetten- und CD-Hüllen oder als Postkarten machten.
Kündigung für frühere Räume
Dass Besucherinnen und Besucher die heute schon allein wegen des nicht mehr erhältlichen Filmmaterials einmaligen Arbeiten noch einmal genießen können, ist einem für die Künstler zunächst nicht so schönen Zufall zu verdanken.
Wegen einer plötzlichen Kündigung mussten sie nach 16 Jahren ihre Zwischenraum-Ateliers am Markt in Schwerte verlassen. Doch nur wenige Schritte entfernt fanden sie Ersatz in einer früheren Orthopädie-Praxis im City-Center. Die Räume bieten auf 150 Quadratmetern die Möglichkeit, auch Arbeiten aus früheren Projekten zu präsentieren, die vorher im Lager schmoren mussten.

Ideal ist auch, dass der Grundriss für die ursprüngliche Praxisnutzung viele kleine Behandlungsräume erforderte, sodass Besucher jetzt eine Entdeckungsreise durch insgesamt elf Zimmer (einschließlich der beiden WCs) starten können – im Gegensatz zu dem früheren Standort alles auf einer Etage ohne verwinkelte Treppenhäuser.
Viel Renovierungsarbeit brauchten die Künstler nicht zu leisten. „Bis auf eine Wand, die lila war, brauchten wir nichts zu streichen“, sagt Eva Witter-Mante. Dafür mussten 60 Meter Galerieleisten an den Wänden der Flure und Zimmer angebracht werden, um wechselnde Ausstellungen zu ermöglichen.

„Himmel über Schwerte“
Derzeit hängen an vielen der Leisten Fotos aus dem Künstlerleben von Prof. Harald Mante, bei denen es unter anderem ein Wiedersehen mit der berühmten Reihe „Himmel über Schwerte“ gibt: Von seiner Wohnung auf dem Dach des City-Centers aus, nur zwei Etagen über der jetzigen Galerie, fing er einst den Blick über die Viktorkirche zu den unterschiedlichsten Lichtstimmungen ein.
In einer Vitrine daneben ist das erste seiner zahllosen Lehrbücher zur Fotografie zu sehen. Der „Bildaufbau“ (in Schwarzweiß) wurde 1969 gleich in fünf Übersetzungen gedruckt. Sein neuestes Werk „Das Motiv“ erschien 2020 in Zusammenarbeit mit seiner Frau Eva Witter-Mante.

Beide Künstler verfügen auf der „Ebene eins“ – genauso wie Cora den Adel als Dritte im Bunde – über eigene Arbeitsräume mit viel Tageslicht. Eva Witter-Mante stehen sogar zwei zur Verfügung: ein „Staubfrei-Atelier“ und ein weiteres mit Werkbank, wo beim Gestalten von Skulpturen auch mal Späne und Fetzen fliegen dürfen. Darüber hinaus stehen Lagerräume für Kunst und eine riesige Auswahl von Rahmen zur Verfügung, die für die unterschiedlichsten Ausstellungen benutzt werden können.

Eröffnung am 29. Juni
Einer der schönsten Orte des neuen Kunsttempels ist der Dachgarten, begrünt mit Kübelpflanzen, zwischen deren Zweigen einige Werke von Eva Witter-Mante hindurch blitzen. Von alledem können sich Besucher bei der Eröffnung der Ateliers „Ebene eins“ am Samstag (29. Juni) selbst ein Bild machen. Von 12 bis 16.30 Uhr laden die Künstler in ihre Räume ein, die am besten über die offene Treppe im Innenhof des City-Centers, Am Markt 11, zu erreichen sind.
Dieser Zugang ist auch der einzige Wermutstropfen im neuen Konzept. „Wir liegen jetzt in einer Sackgasse“, sagt Eva Witter-Mante. Laufpublikum wie früher am Marktplatz werde sich kaum dorthin verirren, sodass für Ausstellungen künftig deutlicher geworben werden müsse.