Die Simson-Bande, die mit ihren DDR-Mopeds zur besten Sendezeit über die Fernseh-Bildschirme knattert, bekommt Konkurrenz. Besser gesagt: Sie hat schon ganz lange Konkurrenz. Die jugendlichen Protagonisten der Erfolgsserie lagen noch nicht mal in den Windeln, als sich der Zündapp KS 601 Club auf die Fahnen schrieb, eine westdeutsche Motorrad-Legende auf der Straße zu halten.
Der Initiator wohnt in Rheinen. Hans Lothar Reinehr (84) lässt immer noch begeistert den Motor seines „Grünen Elefanten“ an, wie Fans den durchzugsstarken Maschinen-Typ mit seiner auffälligen Lackierung getauft haben. Zu Pfingsten wollen 60 bis 70 von ihnen die Luft am Dorfgemeinschaftshaus Drüpplingsen blau färben. Aus ganz Deutschland rollen die 50er-Jahre-Veteranen heran, um das 50-jährige Bestehen des Vereins zu feiern.

Nur 5000 Stück gebaut
Ein seltenes Spektakel wird es sein, so viele aktive „Grüne Elefanten“ im Rudel bei Ausfahrten zu erleben. „Bei Zündapp in Nürnberg wurden damals nur 5000 Stück innerhalb von sechs Jahren gebaut - und in die ganze Welt verkauft“, berichtet Hans Lothar Reinehr. Die lindgrüne KS 601 sei eine „Sensation“ gewesen unter den sonst traditionell schwarzen Motorrädern und mit ihren 28 PS so kräftig, dass sie im Gelände-Motorsport den Ton angab.
Er selbst möbelte sich 1965 eine alte Maschine seines Bruders als „Alltagsfahrzeug“ auf. Doch Familiengründung und der Beruf als Bauunternehmer zwangen fünf Jahre später dazu, sich in einem modernen Auto - einem Glas 1700 - zu zeigen.

Eine Entscheidung, die der Rheinener heute noch bereut und bald revidierte. Als er 1972 in der Verkaufs-Rubrik einer Fachzeitschrift eine grüne KS Sport entdeckte, konnte ihn nichts zurückhalten. Sofort ans Telefon, gekauft und aus Frankfurt abgeholt. „Es war eine der Letzten vom Baujahr 1956“, erzählt er.
Für die Aufarbeitung wurden monatelang Teile gesucht oder selbst gebastelt. Der TÜV war zufrieden - und der stolze Fahrer auch: „Das Sauerland gehörte wieder uns an den Wochenenden.“ Regelmäßig ging es zudem zu den „Elefantentreffen“ am Nürburgring, bis eine wilde Rockergang einfiel und das Festzelt abfackelte.
Werkzeug immer an Bord
„Bei einer Zielfahrt ins Zillertal konnte die KS beweisen, dass man mit ihr immer noch mit Sack und Pack in Urlaub fahren konnte“, berichtet Hans Lothar Reinehr. Für alle Fälle hatte er immer einen Satz Schraubenschlüssel und anderes Werkzeug an Bord. Griffbereit in der Jackentasche war als ständiger Begleiter ein Stirnrad für die Nockenwelle, das Sorgenkind der Maschine. Original aus einer ausgetüftelten Kunststoff-Textil-Mischung gefertigt, konnte man alle 30.000 Kilometern darauf warten, wann das Teil seinen Geist aufgab.

Leuchtende Augen bekam Hans Lothar Reinehr deshalb, als er bei einem Motorradtreffen in der Nähe von Lörrach campierte. Es war tatsächlich ein nachgefertigtes Stirnrad aus Aluminium, das sein Zeltnachbar Rudi Lachmann aus seinem Beiwagen hervorkramte und vorsichtig aus einem Papier herauswickelte.
„Ich habe noch ein zweites“, verriet er und bot kumpelhaft an: „Wenn du Interesse hast, kann ich es dir geben.“ Als abends das Lagerfeuer loderte, beschlossen die beiden Biker, alle noch aktiven „Grüner-Elefant“-Treiber zusammenzutrommeln, um gemeinsam die Ersatzteilversorgung zu sichern - per Ausschlachten ausgedienter Maschinen oder gar per Nachfertigung in dann größeren Stückzahlen.

Gesagt, getan. Im Herbst 1974 trafen sich zwei Hände voll Interessierter aus ganz Deutschland in der alten Jugendherberge auf dem Schwerter Bürenbruch, um den KS 601 Club zu gründen. Ihr Motto: Die KS 601 lebt. Und wie. „Es gibt Club-Mitglieder, die waren schon am Nordkap und auf einer Mittelmeer-Rundfahrt“, erzählt Hans Lothar Reinehr.
Vor allem der clubeigene Erssatzteilfonds trägt dazu bei, die schon historischen Maschinen am Laufen zu halten. Mehr als 100 verschiedene Einzelteile hat der für Verkauf und Versand verantwortliche Kollege auf seinem Bauernhof in Bayern gelagert - von Kolben über Ventile und Führungen bis zu Radnaben. Für die Fertigung passender Kurbelwellen habe der Verein sogar den renommierten Hersteller Moto Guzzi am Comer See gewinnen können.
Das Programm des Jubiläumstreffens:
- Das 50-jährige Bestehen feiert der KS 601 Club am Pfingst-Wochenende (17.-20.5.) am Dorf- und Schützenplatz Iserlohn-Drüpplingsen, Heidestraße 6. Auf dem Gelände können die Teilnehmer auch zelten.
- Eine erste gemeinsame Ausfahrt startet am Samstag (18.5.) gegen 14 Uhr. Die etwa 45 Kilometer lange Tour begibt sich auf die Spuren der Clubgründer. Anschließend bietet ab etwa 17 Uhr der Ersatzteilfonds Teile zum Verkauf an.
- Die Jahreshauptversammlung mit Vorstandswahlen beginnt am Sonntag (19.5.) um 10 Uhr in der Schützenhalle. Danach startet um 14 Uhr eine gemeinsame 80-Kilometer-Ausfahrt in Richtung Segelflugplatz Hegenscheid in Iserlohn-Kesbern.
- Zur Abreise wird am Montag (20.5.) gegen 12 Uhr mit den Aufräumarbeiten begonnen.