Wuchernde Achselhaare, dominante Tante: Mein verrückter Urlaub in den USA

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Wuchernde Achselhaare, dominante Tante: Mein verrückter Urlaub in den USA

rnUrlaubs-Serie

Im Urlaub erlebt man die kuriosesten Geschichten. Meine stammt ausgerechnet aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. In Wahrheit war in den USA allein der Wahnsinn grenzenlos.

Kreis Unna

, 03.08.2022, 16:55 Uhr / Lesedauer: 3 min

Als ich elf Jahre alt war und meine Eltern mich und meine Schwester über unser nächstes Urlaubsziel informiert haben, blickten sie in diesem Moment in leuchtende Kinderaugen. Eine Reise in die Vereinigten Staaten von Amerika sollte es sein – das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, das ich sonst nur aus Film und Fernsehen kannte.

Was ich vorher unterschätzt habe: Ein Freund meines Vaters kam samt Familie ebenfalls mit. Die Familie machte einen netten Eindruck. Nur waren die Eigenarten von Mama Beate (Name aus Sicherheitsgründen geändert) gar nicht mein Ding. Die Psychologin war sehr dominant. Weil sie als Studentin mal ein Auslandsjahr in Florida verbracht hatte, sah sie sich als Reiseleiterin auserkoren – und trat entsprechend auf.

Der erste „Zwischenfall“ ereignete sich direkt nach der Landung

Jede Unternehmung, die sie vorschlug, nahmen meine Eltern dankend an, weil die Vereinigten Staaten auch für sie völlig neu waren. Alle wollten die USA so gut es geht in diesen drei Wochen kennenlernen, freuten sich auf die Tage an Amerikas Ostküste.

Später habe ich gemerkt, worauf wir uns da eingelassen hatten. Wir landeten am Flughafen in Orlando. Als die Dame vom Autoverleih fragte, ob wir eine Klimaanlage bräuchten, antwortete Beate für alle, und zwar mit einem trockenen „no“.

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Außerdem – darauf hat die Pseudo-Native-Amerikanerin ebenfalls bestanden – bräuchte nur sie als Fahrerin eingetragen werden. Sie wisse immerhin, wo es langgeht. Ein fataler Fehler, wie sich nachher herausstellen sollte. Wir setzten uns ins Auto und fuhren los.

Die lustige Tante musste erstmal meditieren, wir warteten in der prallen Hitze

Auf dem Weg zur ersten Unterkunft, rund zwei Stunden Autofahrt vom Flughafen entfernt, fuhr sie irgendwann auf einen Parkplatz, setzte sich auf eine Decke und fing an zu meditieren. Meine Schwester und ich haben es als sehr kurios empfunden, dass alle auf sie warten mussten – zumal sie es war, die sich unbedingt als einzige Fahrerin eintragen lassen wollte.

Ungefähr eine Stunde haben wir in der prallen Sonne gesessen, ehe sich Beate wieder ans Steuer setzte – und uns dann zur Unterkunft brachte. Dort waren die folgenden Tage ganz angenehm. Wir haben tagsüber Ausflüge gemacht und abends gegrillt.

Nach wenigen Tagen ging es weiter nach Miami. Da haben wir das erste Mal viel Zeit am Strand verbracht. Als wir uns mit der Tochter von Beate unterhielten, kam ein etwas unangenehmes Gesprächsthema auf. Das Mädchen, zu diesem Zeitpunkt gerade 13 oder 14 Jahre alt, beschwerte sich darüber, dass sie sich nicht die Achselhaare rasieren durfte, weil ihre Mutter es verboten habe. Nun, mich ging dieses Verbot überhaupt nichts an, zumal bei mir auch noch lange nichts gewachsen war und ich ihre Probleme daher sowieso nicht nachvollziehen konnte.

Ein Urlaub, den ich mir ein bisschen anders vorgestellt hätte

Irgendwie tat sie mir aber ein bisschen leid. Ich dürfte nämlich nicht der einzige gewesen sein, der bei ihr und ihrer Mutter, die selbst leidenschaftliche Achselhaarträgerin war, regelmäßig hingeschaut hat, wenn sie sich im Liegestuhl gestreckt haben. Ein Schmunzeln konnte ich mir dabei nicht ganz verkneifen.

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Wobei: In den USA ist der Trend des Achselrasierens nicht so stark verbreitet wie bei jüngeren Menschen in Europa. Vielleicht ist die Pubertierende den Leuten vor Ort gar nicht so aufgefallen wie mir.

All diese Dinge haben den Urlaub insgesamt etwas merkwürdig werden lassen. Das Kurioseste war aber aus meiner Sicht, dass meine Familie der dominanten Art von Beate während der drei Wochen überhaupt nichts entgegenzusetzen hatte, wir mitunter langweilige Dinge unternahmen, auf die auch meine Eltern keine große Lust hatten.

Mein Fazit: Ich fand die vorherigen und die folgenden Urlaube ohne andere Familien schöner. Wir konnten mehr Einfluss auf die Aktivitäten nehmen. Ohne nervige Meditationspause am Rastplatz und ohne unangenehme Diskussionen über Achselhaare.