Eigenheim für „Generation Miete“ noch realistisch? Wozu Schwerter Immobilien-Experten raten

„Generation Miete“ träumt vom Eigenheim: „Nicht so unmöglich“
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Viele junge Menschen träumen davon, irgendwann in ihrem eigenen Haus oder in ihrer eigenen Wohnung zu leben. Doch für die meisten dürfte das mittlerweile ein schier unerreichbares Ziel sein. Hohe Immobilienpreise, hohe Nebenkosten und fehlendes Eigenkapital stehen dem Traum vom Eigenheim oft entgegen.

Die Wohneigentumsquote bei unter 35-Jährigen in Deutschland liegt laut aktuellen Daten bei etwa zehn Prozent. Das bedeutet, dass nur etwa jede zehnte Person in dieser Altersgruppe Eigentümer ist. In der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen lag die Wohneigentumsquote Ende der 90er-Jahre noch bei etwa 23 Prozent. Bis 2010 sank sie auf 17 Prozent und erreichte schon 2012 nur noch 12 Prozent. Das geht aus Daten des Instituts für Wirtschaft hervor.

Trotz großem Interesse und dem Wunsch nach Wohneigentum bleibt der Erwerb für viele junge Menschen eine Herausforderung. Diese Entwicklung wird oft auch als „Generation Miete“ bezeichnet, da immer mehr junge Menschen langfristig zur Miete wohnen bleiben.

„Kleine Bausteine ermöglichen“

„Es ist aber nicht so unmöglich, wie man es sich vielleicht vorstellt“, sagen zwei Immobilien-Experten aus Schwerte zum Traum vom Eigenheim. Sascha Schubert, Dekra-zertifizierter Sachverständiger für Immobilienbewertung, und Andreas Schulte, Bankkaufmann und Experte für Immobilienfinanzierung, kennen sich auf dem Immobilienmarkt in und um Schwerte bestens aus und wissen, worauf es beim Kauf einer Immobilie ankommt.

„Wenn ich spare oder Geld geschenkt oder vererbt bekomme und mir früh schon kleine Bausteine ermögliche, dann ist vieles möglich“, betont Sascha Schubert. Was das genau bedeutet, erklärt er später. Auch der Blick in die Nachbarstädte von Schwerte könne sich dabei lohnen, ergänzt Schubert.

Eigenkapital und Zinssatz

Grundvoraussetzung heutzutage, um eine Immobilie zu finanzieren, ist zunächst Eigenkapital. Das bestätigen die beiden Immobilien-Experten. „Natürlich muss man so beraten, dass man sagt: Ganz ohne Eigenkapital geht es nicht“, sagt Sascha Schubert. Ein wenig anders sah das vor ein paar Jahren noch aus, als 2007/2008 die Bankenkrise begann. „Damals startete eine sehr lange Niedrigzinsphase. Da hat man Immobilien auch ohne Eigenkapital finanziert bekommen. Also durchaus auch 110- bis 130-Prozent-Finanzierungen waren damals möglich.“

Diese Zeiten seien jedoch vorbei. Eigenkapital hat laut den beiden Experten großen Einfluss auf die Zinsgestaltung. Bedeutet: Je weniger Eigenkapital man hat, desto höher ist das Risiko für die Bank und desto teurer lässt sie sich dieses Risiko mit einem höheren Zinssatz bezahlen.

„Wenn man also 10, 20 oder auch 30 Prozent Eigenkapital mitbringt, wird sich das deutlich im Zinssatz niederschlagen“, erklärt Sascha Schubert. „Das frühe Ansparen von Eigenkapital kann sich also später sehr lohnen. Das gilt auch für Eltern, die für ihre Kinder schon Geld zur Seite legen wollen, beispielsweise mit diversen Sparprodukten.“

„Sicherheit bei Beamten höher“

Aus Sicht der Bank geht es vornehmlich um Sicherheit: Je mehr Sicherheit die Bank habe, desto vorteilhafter wirke sich das auf den Zinssatz und damit auch auf die Rentabilität des Immobilienkäufers aus, ergänzt Andreas Schulte. Dabei spiele sowohl der Wert der Immobilie als auch die Sicherheit einer erfolgreichen Rückzahlung eine Rolle. „Die Bank prüft, ob jemand in der Lage ist, über die gesamte Laufzeit sein Darlehen zurückzuzahlen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Beamter es beispielsweise schafft, ist eben größer als bei anderen“, sagt Schulte.

Sascha Schubert sitzt an seinem Schreibtisch in Schwerte
Sascha Schubert in seinem Büro in Schwerte: Er ist Sachverständiger für Immobilienberatung und Vorsitzender der ISG Schwerter Innenstadt (Immobilien- und Standortgemeinschaft). © Johannes Staab

Daneben müsse sich die Bank sicher sein, dass das Objekt, das finanziert werden soll, auch den entsprechenden Gegenwert mitbringt. Denn: „Die Bank gibt Ihnen zum Beispiel 100.000 Euro Finanzierung. Und wenn Sie diese nicht zurückzahlen, geht das Objekt in die Zwangsversteigerung. Da muss die Bank ihr Geld wiederbekommen.“ Da die Banken im Schnitt damit rechnen, im Worst Case rund 20 Prozent des Wertes nicht zurückzubekommen, sollte jener Prozentwert als Eigenkapital vorhanden sein.

Die Kaufnebenkosten beim Immobilienkauf, einschließlich Grunderwerbsteuer, Notar- und Grundbuchkosten, betragen in der Regel etwa 10 bis 15 Prozent des Kaufpreises. Diese sollten in Form von Eigenkapital ohnehin in eine Finanzierung eingebracht werden. Wichtig sei zudem, sich vorab im Klaren zu sein, welche Modernisierungskosten, wie zum Beispiel Malerkosten oder neue Böden, mitfinanziert werden müssten.

„Mit kleiner Eigentumswohnung starten“

Der Traum vom schönen Einfamilienhaus mit Garten mag für viele, vornehmlich jüngere Menschen, vor dem 30. bis 35. Lebensjahr zwar utopisch klingen, doch könnten die von Sascha Schubert eingangs erwähnten „kleinen Bausteine“ auf dem steinigen Weg zum Eigenheim durchaus helfen.

„Wenn du grundsätzlich als junger Mensch schon Ambitionen hast, Eigentum zu besitzen, ist es ein guter Grundgedanke, sich ein kleines Sparvermögen aufzubauen und sich so im besten Fall die Finanzierung einer kleinen, marktgerechten Eigentumswohnung zu realisieren“, sagt Sascha Schubert.

Statt Mietkosten zu zahlen, könne man stattdessen frühzeitig in seine eigene Wohnung investieren. Um es zu veranschaulichen, rechnen wir mit einer beispielhaften Wohnung in Schwerte. Die Werte können je nach Einzelfall und Lage natürlich variieren (siehe Infokasten).

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Rechenbeispiel Eigentumswohnung

  • Unsere Beispielwohnung kostet 140.000 Euro und ist 70 Quadratmeter groß.
  • Es handelt sich um eine Altbauwohnung in Schwerte.
  • Die Kaufnebenkosten inklusive Maklergebühr: circa 17.000 Euro.
  • Das macht in Summe 157.000 Euro.
  • Wir bringen 30.000 Euro Eigenkapital (rund 20 Prozent des Kaufpreises) mit Finanzierungsbedarf daher: 127.000 Euro.
  • Bei einer jährlichen Annuität von 6 Prozent (4 Prozent Zinsen und 2 Prozent Tilgung) kommen wir auf eine monatliche Rate von rund 635 Euro.
  • Dem gegenüber stehen beispielhaft folgende Mietkosten für dieselbe Wohnung: 490 Euro Kaltmiete (bei 7 Euro pro Quadratmeter und 70 Quadratmetern), je nach Lage kann dies variieren.
  • Mehrbelastung bei Kauf der Wohnung im Vergleich zu Miete: 145 Euro pro Monat.

Sascha Schubert ergänzt zum Rechenbeispiel: „Sie hätten ‚nur‘ 145 Euro pro Monat Mehrbelastung im Vergleich zu einer gemieteten Wohnung, bei der Sie das Geld an eine fremde Person geben. Und: Sie bauen ihr eigenes Vermögen damit auf.“ Aber aufgepasst: Viele kleine Eigentumswohnungen seien überteuert, warnen die Experten.

„Schwerte ist ein sehr solider Markt“

Laut den Immobilien-Experten ist Schwerte insgesamt jedoch „ein sehr solider Markt“, was allerdings auch für durchschnittlich höhere Preise sorge als in spekulativen Lagen, wie beispielsweise Hagen. Daher könnte sich in Schwerte laut Sascha Schubert und Andreas Schulte auch die Option anbieten, eine gekaufte Eigentumswohnung zu vermieten.

Oder: die ersten Jahre zum Berufsstart die Wohnung selbst zu bewohnen und später zu vermieten. „Ob die Wohnung fremd vermietet wird oder ob sie selbst genutzt wird: Sie sparen trotzdem die Miete, die Sie sonst einem anderen geben müssten und bauen dadurch Vermögen auf“, unterstreicht Andreas Schulte.

Andreas Schulte sitzt an seinem Schreibtisch
Andreas Schulte berät unter anderem zu Immobilienfinanzierungen und ist 2. Vorsitzender der ISG Schwerter Innenstadt. © Johannes Staab

Bei einer Fremdvermietung sollten jedoch Gefahren, wie beispielsweise eine potenziell extreme Abnutzung durch sorglose Mieter und entsprechende Renovierungskosten beachtet werden. Daher sei die Auswahl der Vermieter extrem wichtig.

Blick nach Dortmund könnte sich lohnen

Wer seinen Blick nach der geeigneten Immobilie gerne auch in Schwertes Nachbarstädte weiten möchte, der könnte laut Sascha Schubert in Dortmund fündig werden. „Wer in dortigen Randlagen schaut, nicht in der überteuerten Innenstadtlage, kann dort Wohnungen mit trotzdem sehr guter Anbindung finden, beispielsweise am Hellweg in Brackel oder Wickede.“ In manchen Fällen sei es sogar durchaus möglich, dass die Mieteinnahmen die Bankrate decken, das sei der „Best Case“.

Unterm Strich lohnt es sich laut den Experten, mit etwas angespartem Eigenkapital, nach einer Eigentumswohnung Ausschau zu halten. Und dann muss auch der Traum vom Haus mit Garten noch nicht ausgeträumt sein. Denn: Wer seine Eigentumswohnung abbezahlt hat beziehungsweise sie durch seine Mieteinnahmen „abbezahlen lassen“ konnte, hat nicht nur die Chance auf eine enorm hohe Rendite durch sein Eigentum, sondern auch bei der Bank eine weitere Sicherheit vorzuweisen.

Eigenkapital, das empfehlen Sascha Schubert und Andreas Schulte, sollte jedoch trotzdem weiterhin angespart werden, um etwaige Modernisierungskosten oder im schlimmsten Fall auch Mietausfälle kompensieren zu können.

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