Westhofen kann sich mit einer guten Ortsgemeinschaft schmücken. Die Westhofener setzen auf Traditionen beim Ortsbild und legen Wert auf alte Bräuche. Jugendliche gehen aber meist leer aus.

Westhofen

, 26.03.2019, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Wenn Frank Dommermühl über Westhofen spricht, merkt man es sofort: Er lebt gerne dort - und das schon immer. Die Familie Dommermühl ist eine alte Westhofener Familie, „seit mehreren hundert Jahren“, wie er selbst sagt. Der Familienvater kennt den Ortsteil in- und auswendig, findet seine eigenen Eindrücke in den Ergebnissen der Abstimmung gut wieder. Nur einmal will er deutlich widersprechen: Beim Wohnen hätten die Bewohner großzügiger sein müssen.

Denn Westhofener hätten - findet Dommermühl - um ihre Häuser viel Freiraum, ausreichend Grünflächen, teilweise auch riesengroße Gärten. Besonders reizvoll findet er auch den kleinen Altstadtkern. Der Stadtbrand von 1708 hat zwar dafür gesorgt, dass es kaum Bausubstanz gibt, die älter als 300 Jahre ist. Aber ein Großteil der Häuser aus den nachfolgenden Jahrzehnten ist gut erhalten und wird von privater Hand sehr gut gepflegt.

Um die mittelalterlichen Strukturen in Westhofen zu erhalten, sind viele Teile der noch bis 1975 eigenständigen Gemeinde unter „Bereichsschutz“ gestellt worden - Straßenverläufe dürfen nicht mehr geändert werden, und auch Neubauten dürfen nicht stark von historischen Bauten abweichen. Das Ortsbild schätzt Frank Dommermühl besonders an Westhofen. Auch die Nachbarschaft, eine starke Ortsteilgemeinschaft.

In Sitten und Gebräuchen pflegen die Westhofener ihre Traditionen besonders gerne. Ein besseres Beispiel als „Sup Peiter“ gibt es dafür nicht - es ist das höchste Fest der Westhofener Männer, wenn die drei Nachbarschaften über Neuaufnahmen, Besonderheiten und Schandtaten „zu Gericht“ sitzen. Auch Frank Dommermühl ist dann mit dabei: „Es ist eine skurrile Sache, die aber auch bei Jugendlichen und jungen Männern zieht. Einfach, weil es etwas Besonderes und kein Mainstream ist.“

Sup Peiter ist das höchste Fest der Westhofener Männer.

Sup Peiter ist das höchste Fest der Westhofener Männer. © Bernd Paulitschke

Wenn man aber weiblich ist oder als junger Mann keine Vorliebe für Nachbarschaftsgerichte pflegt, sieht es für junge Leute eher mau aus in Westhofen. Frank Dommermühl weiß, wovon er spricht. Er selbst hat zwei Kinder - mittlerweile sind sie erwachsen und ausgezogen -, hat sie früher oft bis nach Dortmund gefahren und abgeholt oder auch mal das Taxi bezahlt. Ein Jugendzentrum, das gebe es im Ortsteil. Aber das sei eher für Kinder bis 14 Jahre. „Danach hört‘s in Westhofen auf“, stellt Dommermühl fest. Für Kleinkinder seien natürlich ausreichend Spielflächen, Betreuungsangebote und die Amtswiese im Ortskern da. Für den jüngeren Nachwuchs finde sich immer ein Ort zum Spielen.

Nur für ganze Familien sei der Ort einfach zu klein, um Freizeitmöglichkeiten wie Zoo, Kino oder ähnliches anzubieten. Die Dommermühls haben sich dann meist in anderen Städten geholfen. Schlimm wird es für seine Kinder aber nicht gewesen sein, hofft Dommermühl. Immerhin: Seine Tochter wohnt mittlerweile in Dorstfeld, besucht ihre Eltern aber gerne in der Schwerter Heimat, und der Sohn hat es nur 200 Meter weiter in die nächste Westhofener Straße geschafft.

Die Westhofener schätzen vor allem die Grünflächen. Die Verkehrsbelastung - auch durch das Autobahnkreuz - halte sich im Rahmen.

Die Westhofener schätzen vor allem die Grünflächen. Die Verkehrsbelastung - auch durch das Autobahnkreuz - halte sich im Rahmen. © Neubauer

Das wurde (noch) positiv bewertet:

Grünflächen: 8 von 10 Punkten gibt es von den Westhofenern für die Natur im Ortsteil. Die Amtswiese, die Röllingwiese und der Ebberg fallen Frank Dommermühl direkt ein. Er selbst wohnt direkt am Rande des Naturschutzgebiets, lobt auch die Nähe zur Ruhr, zum Wald und die Amtswiese als Fleckchen Natur mitten in der Stadt.

Sport: Fußball, Tennis, Handball, die Turngemeinschaft und eine Mountainbike-Strecke am Ebberg: Die Westhofener sind zufrieden mit dem Sportangebot in ihrem Ortsteil. 7 von 10 Punkten haben sie vergeben und liegen damit im stadtweiten Durchschnitt. Außerdem gibt es auf der Amtswiese im Zentrum eine Boule-Bahn und eine Tischtennis-Platte.

Westhofen: Ein Ort mit Tradition, schönen Radwegen und kaum Angeboten für Familien

Sicherheit: „Absolut sicher“, sagt Frank Dommermühl direkt über Westhofen. Seine Kinder hätte er immer ohne Bedenken durch den Ortsteil laufen lassen - auch abends und nachts. Natürlich gebe es überall mal Einbrüche oder kleinere Diebstähle, sagt er. Aber generell betrachte er Westhofen als einen sicheren Platz zum Leben. Seine Mitbürger formulieren es etwas vorsichtiger, geben Westhofen in Sachen Sicherheit nur 6 von 10 Punkten.

Gesundheit: Vor allem durch den Zweitstandort des Medizinischen Versorgungszentrums Schwerte sei man in Westhofen mehr als gut ausgestattet. Hinzu kommt ein Zahnmediziner. „Wartezeiten kennt man bei uns eigentlich nicht“, urteilt Dommermühl. Mit 7 Punkten liegt Westhofen sogar über dem stadtweiten Durchschnitt.

Das wurde negativ bewertet:

Gastronomie: Genügend Imbissbuden und Pizzerien, aber keine wirkliche Restauration - so urteilt Frank Dommermühl. Nur 4 von 10 Punkten haben die Westhofener in dieser Kategorie vergeben und zeigen, wo es im Stadtleben hapert. Die Pagode sei ein gutes Restaurant, der Westhofener gehe gerne zum Abendessen in das Mongolische Restaurant. Was fehlt, sei die Abwechslung - dafür fährt man dann in umliegende Ortsteile, nach Hagen oder Dortmund.

Nahversorgung: In Sachen Supermärkten sehen die Westhofener sich nur mäßig aufgestellt. Nur 5 von 10 Punkten gibt es für einen Lidl-Markt an der Reichshofstraße, Bäcker, Metzger und mehrere Friseur-Salons. „Was fehlt ist die Vollversorgung“, sagt Frank Dommermühl. Viele Westhofener ziehe es deshalb zum Edeka nach Dortmund-Holzen. Auf Vollsortiment und Markenprodukte wollen also viele nicht verzichten. Dafür treffe man im Lidl auch viele Bürger aus Hagen-Garenfeld - „gefühlt jeder Dritte“, schätzt Dommermühl.

Verkehrsbelastung: Man könnte es so oder so sehen. Das Autobahnkreuz bei Westhofen ist der Hauptknotenpunkt zwischen Ruhrgebiet und Sauerland, dementsprechend dicht stehen dort die Autos zu den Hauptverkehrszeiten. In Westhofen selbst bekomme man davon aber verhältnismäßig wenig mit, stellt Dommermühl fest - den Umgehungsstraßen sei Dank. Und auch vom Autobahn-Lärm bliebe man weitestgehend verschont. Frank Dommermühl muss es wissen, nur 500 Meter sind es von seinem Haus bis zur A1.

Ortsteil-Chronik

Seit fast 45 Jahren ein Teil von Schwerte
Westhofen: Ein Ort mit Tradition, schönen Radwegen und kaum Angeboten für Familien

© Repro: Reinhard Schmitz

Der Ortsteil Westhofen hat heute rund 5500 Einwohner und bekam bereits im Jahre 1310 als „Minderstadt“ die Rechte der Freiheit als selbstständige Gemeinde. Westhofen profitierte wie auch Schwerte von Bahnbau und Industrialisierung - die Gemeinde erlebte eine starke Aufwärtsentwicklung. Seit 1975 gehört Westhofen zur Stadt Schwerte, die gleichzeitig in den Kreis Unna eingegliedert wurde.