Opferhilfe „Weißer Ring“ Das macht der Verein in Schwerte

Opferhilfe „Weißer Ring“: Das macht der Verein in Schwerte
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„Opfer haben keine Lobby – bei einer Straftat dreht sich alles um die Täter“, erklärt Reinhard Streibel den Hintergrund seiner Arbeit. Er ist ehrenamtlich als Außenstellenleiter und Teamsprecher beim Verein „Weißer Ring“ in Schwerte und für den Kreisbereich Unna tätig.

Die Außenstelle der Opferhilfe gibt es seit 1995. Und dort dreht sich alles um die Opfer.

Opfer stehen beim „Weißen Ring“ im Fokus

Doch was genau tun die insgesamt acht ehrenamtlichen Opferhelferinnen und -helfer? „Die wichtigsten Hilfen sind zunächst der menschliche Beistand und die persönliche Opferbetreuung nach einer erfolgten Straftat“, sagt Reinhard Streibel.

Reinhard Streibel, Weißer Ring
Reinhard Streibel, Außenstellenleiter und Teamsprecher des „Weißen Rings“ in Schwerte und für den Kreisbereich Unna © "Weißer Ring" Schwerte

So stehen die Opferhelfer des Weißen Rings für immaterielle und im Bedarfsfall auch für materielle Hilfen zur Verfügung. Das können beispielsweise Begleitungen zu Gerichts-, Polizei- oder Staatsanwaltsterminen, aber auch die Vermittlung zu Hilfen anderer Organisationen und Einrichtungen sein.

„In bestimmten Fällen können wir etwa Anwaltskosten übernehmen oder Finanzmittel zur Kostenüberbrückung bereitstellen“, erklärt Reinhard Streibel. „Ganz wichtig sind uns hierbei auch die Wahrung von Opferschutzrechten in den Strafverfahren und die Durchsetzung von Ansprüchen gemäß dem Opferentschädigungsgesetz.“

Vernetzt mit Polizei und Frauenhäusern

Brigitte Mietzner, seit ungefähr einem Jahr ehrenamtlich in der Opferarbeit des Weißen Rings im Kreisbereich Unna tätig, ergänzt: „Wir stellen für die Opfer von Gewaltverbrechen auch Hilfeschecks zur kostenfreien und frei wählbaren anwaltlichen oder psychotraumatologischen Erstberatung zur Verfügung und zahlen in Notfällen auch spontane, finanzielle Soforthilfen aus.“

Einige Menschen finden bereits nach einem oder wenigen Gesprächen vor Ort oder mit der Telefonberatung des Weißen Rings den weiterführenden Weg zur Selbsthilfe, bei anderen Betroffenen könne es ein längerer, auch mehrjähriger, gemeinsamer Weg mit dem Verein werden.

Ganz wichtig seien hierbei die Vernetzungen, beispielsweise zur Polizei, den dortigen Opferschutzkommissaren oder zu den Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen sowie Kontakte zu engagierten Opferanwältinnen und -anwälten. „Da wird im Kreisbereich Unna für die Opferhilfe Hand in Hand gearbeitet“, sagt Reinhard Streibel.

Schwerpunkt: häusliche Gewalt und sexueller Missbrauch

Diejenigen, die sich an den Weißen Ring wenden, wurden Opfer von Hass und Hetze, Diebstahl, Einbruchsdelikten, Betrugsmaschen verschiedenster Art, versuchten Tötungsdelikten, Vergewaltigungen oder auch Stalking. Rund 80 bis 90 Prozent der Fälle, die vom Weißen Ring im Kreis Unna begleitet werden, betreffen Frauen, die Opfer von häuslicher oder sexualisierter Gewalt geworden sind.

Im Jahr 2022 wurden mehr als 100 Fälle in der Außenstelle des Weißen Rings im Kreisbereich Unna betreut und insgesamt 50.000 Euro als sogenannte Opferhilfen ausgezahlt. Im Jahr 2023 sind bis Ende September bereits 140 Fallbetreuungen in Bearbeitung – zusätzlich wurden rund 80 „Einmal-Beratungen“ und Opferhilfe-Auszahlungen von circa 43.000 Euro zur Verfügung gestellt.

Präventionsarbeit im Fokus

Warum sie sich derart für im Grunde fremde Menschen einsetzt, erklärt Opferhelferin Brigitte Mietzner so: „Ich wollte etwas für das Gemeinwohl tun. Nach intensiver Recherche habe ich die Aktivität des Weißen Rings als meine Aufgabe gefunden.“ Zunächst habe sie bei Reinhard Streibel hospitiert sowie eine Grundausbildung im Online- und Präsenzformat von der Vereinszentrale erhalten.

Nun gehört, neben der Fallbetreuung, die Präventionsarbeit zur möglichen Vorbeugung von Kriminalitäts- und Gewaltdelikten zu ihren Aufgaben. Hierbei wird im Rahmen von Infoveranstaltungen, beispielsweise für Seniorengruppen, Gewerkschaften oder Frauengruppen, über aktuelle Betrugsmethoden oder spezielle, gefährliche Situationen gesprochen.

In der nahen Vergangenheit konnten unter der Organisation des Vereins für soziale Integration (VSI) Schwerte und mit Fördermitteln des Lions Clubs Selbstbehauptungskurse für Mädchen im Alter von sieben bis 14 Jahren durchgeführt werden: „Stopp! Nein heißt nein“.

Im kommenden Jahr soll dieser erfolgreiche Kurs wiederholt und eventuell zusätzlich auch für die männliche Jugend durchgeführt werden. In Vorplanung befindet sich auch ein Präventionsprojekt zum Thema „Telefonmissbrauch und Telefonbetrug“ in Zusammenarbeit mit den Banken und der Polizei.

Einige Fälle bleiben haften

Wichtig für ihre Arbeit seien die eigene Resilienz, die Kraft zur eigenen Stärkung und die Fähigkeit, die Fälle nicht „mit nach Hause zu nehmen“, so Brigitte Mietzner: „Eine Eigenschaft, die ich glücklicherweise bereits mitgebracht habe.“

Dennoch bleibt manches haften, auch nach langjähriger Erfahrung. An einen „heftigen“ Fall aus Schwerte erinnert sich Reinhard Streibel ganz besonders: Ein 14 Jahre altes Mädchen wurde von ihrem Stiefvater mehrere Jahre lang missbraucht. Für die vom Mädchen nach Prozessabschluss gewünschte Namensänderung steuerte der Weiße Ring damals einen Betrag von 1.500 Euro bei.

Werbekampagne, Ulrike Folkerts, Weißer Ring
Schauspielerinnen und Schauspieler der Fernsehserie „Tatort“ setzen sich für die Arbeit des Weißen Rings ein: hier die Tatort-Ermittlerin Ulrike Folkerts. © "Weißer Ring" Schwerte

  • Der Weiße Ring besteht seit dem Jahr 1976 und ist der gemeinnützige Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern sowie zur Verhütung von Straftaten und zählt rund 45.000 Mitglieder.
  • Wer an der ehrenamtlichen Mitarbeit beim Weißen Ring interessiert ist oder sonstige Fragen hat, kann sich bei Reinhard Streibel melden, Tel. (02304) 307 91 48 oder E-Mail: unna@mail.weisser-ring.de
  • Die Hilfeleistung des Weißen Rings ist unabhängig von der Mitgliedschaft oder sonstigen Verpflichtungen.
  • Das Opfertelefon ist bundesweit kostenfrei zu erreichen unter Tel. 11 60 06.
  • Rund 400 Außenstellen für Kriminalitätsopfer mit circa 3.300 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern unterhält der Weiße Ring.
  • Ansprechpartner für den Weißen Ring in Schwerte und den Kreisbereich Unna ist Reinhard Streibel, Leiter der Außenstelle.
  • In der Außenstelle Unna des Weißen Rings sind derzeit acht Mitarbeiter ehrenamtlich beschäftigt.
  • Über Spenden, Geldbußen, testamentarische Verfügungen und Mitgliederbeiträge wird die Arbeit des Weißen Ring finanziert.
  • Rund zehn Millionen Euro werden jährlich für die Opferhilfe und die Kriminalitätsvorbeugung zur Verfügung gestellt.
  • Weitere Informationen gibt es unter www.weisser-ring.de

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