Von der einen Ecke zog der Duft heißer Maronen zu den Passagen des City-Centers hinüber. Von einer anderen witterten die Winternasen der Besuchermassen verführerischen Geruch von Eierpunsch. Als ob es heute wäre, strömen die Erinnerungen, sobald Klaus Pannott am Geländer des hölzernen Fußstegs lehnt, der um die Baustelle auf dem Kleinen Marktplatz herumführt. Es ist der Ort, wo der Westhofener der Stadt den Weihnachtsmarkt schenkte, der am ersten Adventswochenende (30. November/1. Dezember) zum mittlerweile 40. Mal die City verzaubert. „Ich war der Ideengeber“, sagt der 83-Jährige es etwas bescheiden.

Stadtrat stellte sich stur
Man weiß nicht, was auf jener Geburtstagsfeier im August/September 1983 geflossen ist. Aber wenn daraus so etwas wie eine Schnapsidee geboren wurde, dann sollte sie sich als äußerst erfolgreich erweisen. Die Zeit war reif, dass in Schwerte endlich das Licht eines Weihnachtsmarktes aufgehen sollte, der seinem Namen alle Ehre machte. Doch im Stadtrat stieß der damalige FDP-Kommunalpolitiker Klaus Pannott mit seiner Anregung auf taube Ohren. „Auf der Geburtstagsfeier haben wir dann gesagt: Wenn's die Stadt nicht macht, dann machen wir es selbst.“
Spontan meldeten sich aus der Gruppe der Feiernden zwei oder drei Freiwillige, um das Projekt mit auf die Beine zu stellen. Vorbild war ein Weihnachtsmarkt auf Schloss Lüntenbeck bei Wuppertal, über den man gemeinsam gebummelt war. Über einen Aufruf in der Lokalpresse – auch die Ruhr Nachrichten waren dabei – suchte man nach weiteren Mitstreitern. „Die Grundidee war, nicht auf die eigene Tasche zu wirtschaften, sondern den Gewinn zu spenden“, berichtet Klaus Pannott. Alles beruhte auf Vertrauensbasis: „Wir führten keine Listen und Bücher. Es hat sich bewährt.“
Start auf Tapetentischen
Aufgeregt bereiteten die Aktiven der ersten Stunde ihre Premiere vor. Auf dem Kleinen Marktplatz wurden für ein Wochenende 25 Stände aufgebaut. „Eher improvisiert, meistens auf Tapetentischen“, erzählt Klaus Pannott, der selbst einen Kerzenverkauf startete. Dieses Angebot sei zwar von vornherein nicht der Renner gewesen, gehörte aber seiner Meinung nach einfach zu einem Weihnachtsmarkt dazu. Er kann noch die Stelle zeigen, wo er die Kundschaft zu einem Kauf der Wachslichter überzeugen wollte. Weg wie die warmen Semmeln gingen dagegen die Schmalzbrote, die seine Frau Rita Pannott verkaufte. Manche nahmen sich den pikanten Aufstrich auch gleich gläserweise mit.
Kleiner Markt bald zu eng
„Der erste Markt war ein toller Erfolg“, weiß Klaus Pannott. In Scharen drängelten sich die Schwerter durch das stimmungsvolle Budendorf, das zum Treffpunkt für viele wurde, die sich sonst vielleicht das ganze Jahr über nicht begegneten. Das beflügelte die Akteure und immer neue Mitstreiter. Der Kleine Markt, so kuschelig und heimelig die Atmosphäre dort auch war, reichte schon nach wenigen Jahren nicht mehr aus und zwang zum Umzug auf den benachbarten Wuckenhof. Auch einen Namen sollte der Markt bekommen: „Bürger für Bürger“ traf als Motto den Nagel auf den Kopf. Denn alles geschah ehrenamtlich, aber auch unterstützt von der Stadt. Deren Mitarbeiter hätten beispielsweise Stände gebaut, lobt der ideelle Gründer.

Hinter den Kulissen wurde Klaus Pannott zusammen mit Sabine Herrmann zum „Treiber“ im Organisations-Team. Was weniger Spaß bereitete, waren die ständig steigenden Auflagen: „Es wurde immer mehr von der Stadt gefordert.“ Gesundheitszeugnisse waren vorzulegen, Sicherheitsaspekte zu beachten und der Brandschutz zu gewährleisten. Ganz anderes als in den unbekümmerten Anfangsjahren, als Klaus Pannott noch selbst den nächtlichen Wachdienst übernehmen konnte. Mit einem Kollegen übernachtete er einfach in dessen VW-Bulli neben den Ständen. Danach habe ein Rentner mit einem scharfen Schäferhund diese Aufgabe übernommen.
Schmalzbrote gibt´s nicht mehr
Vor gut zehn Jahren zog sich Klaus Pannott mit dem eigenen Stand vom Weihnachtsmarkt zurück. Das einstmals beliebte Schmalz auf den Broten seiner Frau – so ist er überzeugt, würde heute als Angebot nicht mehr laufen: Die Geschmäcker hätten sich geändert. „Die Leute, die das gegessen haben, sind gestorben.“ So ganz gelassen von „seinem Kind“ hat der Westhofener allerdings noch nicht. Er hilft beim Auf- und Abbau des Standes für das Weltkinderhilfswerk Unicef, solange dieser noch dabei ist.

Zur adventlichen Einstimmung durch das Budendorf bummeln sieht man Klaus Pannott dagegen nicht. „Heute stehe ich nicht mehr so ganz dahinter“, sagt er mit Blick auf die Veränderungen unter seinen Nachfolgern: „Bei uns gab's beispielsweise kein Bier und keine Bratwurst.“ Bewusst wollte man sich vom kommerziellen Mainstream absetzen. Besonders vermisse er aber das frühere Kinderprogramm, das sogar Theateraufführungen im benachbarten Kinderhort bot. Oder die große elektrische Eisenbahn, die pausenlos um den prächtigen Tannenbaum kreiste, der als Wahrzeichen die Mitte des Platzes überragte.
„Würde alles genauso machen“
Gleichwohl erkennt Klaus Pannott vorbehaltlos die Leistung des aktuellen Organisators Michael Kebekus an, das Projekt über die schwere Zeit der Coronakrise gerettet zu haben: „Ohne Herrn Kebekus gäbe es diesen Markt nicht mehr“, sagt er und fügt verständnisvoll hinzu: „Die Autos sahen vor 40 Jahren auch anders aus.“ Hauptsache, die Idee von damals lebt weiter. Mit der zeigt sich der Gründer restlos zufrieden: „Wenn man 40 Jahre zurückdrehen könnte und mein Alter auch, dann würde ich es genauso machen wie damals.“
Hinweis der Redaktion: Dieser Text erschien ursprünglich am 20. November 2024.