Fünf der sechs Bundestagskandidaten standen in der Wahlarena 2021 Rede und Antwort.

© Marcel Drawe

Wahlarena 2021: Das sagen die Kandidaten zu Finanzen und Schulden

rnBundestagswahl 2021

Bei der Wahlarena 2021 standen fünf der sechs Bundestagskandidaten des Wahlkreises Rede und Antwort. Wir haben Ihnen die Antworten hier noch einmal aufgeschrieben. Teil 2: Finanzen.

Kreis Unna

, 07.09.2021, 15:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Am Sonntag, 26. September, ist Bundestagswahl. Die Wahlarena 2021, organisiert von Ruhr Nachrichten und Hellweger Anzeiger, fühlte den Kandidaten für den Wahlkreis noch einmal auf den Zahn. In einer kleinen Serie fassen wir die Antworten der Kandidaten zu den einzelnen Themen noch einmal zusammen.

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Der zweite Fragenblock befasst sich mit dem Thema „Finanzen“ - oder besser gesagt Schulden - denn davon hängt von Flutkatastrophe bis zur Klimapolitik alles ab. Aktuell liegt die Staatsverschuldung bei 2,3 Billionen Euro, 133 Milliarden davon tragen allein die Kommunen, die ganz am Ende des Geldflusses sitzen.

Der gebeutelte Kreis Unna fordert einen Schuldenschnitt. Ein Versuch das hinzubekommen, ist jüngst im Bundestag gescheitert. Wie will man die Kommune also wieder liquide machen - und wie stehen die Kandidaten zu einem Schuldenschnitt?

Der heimische Bundestagsabgeordnete Oliver Kaczmarek tritt wieder für die SPD an.

Der heimische Bundestagsabgeordnete Oliver Kaczmarek tritt wieder für die SPD an. © Christopher Paesen


Oliver Kaczmarek (SPD): „Kommunen sollen aus eigener Kraft entscheiden können.“

“Nicht der gesamte Kommunalraum ist stark verschuldet, es gibt auch reiche Städte in Teilen des Landes. Die Solidarität unter den Ländern ist dabei aber leider nicht sehr ausgeprägt. Ich vertrete einen Wahlkreis, der in den Kommunen strukturell unterfinanziert ist, deswegen war und ist es für mich auch wichtig, dazu beizutragen, die Situation zu lindern. Das Altschuldenproblem muss gelöst werden, weil wir nicht nur möglichst viele Programme für die Kommunen wollen. Die Kommunen sollen auch aus eigener Kraft entscheiden können, in was sie investieren.“

„Olaf Scholz hat dazu einen Vorschlag gemacht. Die Hälfte übernimmt der Bund, die andere Hälfte übernehmen die Länder. Das ist leider am Widerstand von Bayern und Baden-Württemberg gescheitert. Das wird für die SPD aber ein wichtiger Punkt in den Koalitionsverhandlungen sein. Wir wollen das.“

Hubert Hüppe zog als CDU-Kandidat 1991 erstmals in den Bundestag ein.

Hubert Hüppe zog als CDU-Kandidat 1991 erstmals in den Bundestag ein. © Marcel Drawe


Hubert Hüppe (CDU): „Einen vollständigen Schuldenschnitt wird es nicht geben.“

Es hat bisher wohl keine Bundesregierung und keine Landesregierung so viel für die Kommunen getan. Beispielsweise beim Thema Grundsicherung und Kosten für die Unterkunft (...). Wir sind auch keine Partei, die Steuererleichterungen oder Anhebung der Hartz-IV-Sätze (...) verspricht, was Milliarden kostet. Wir sparen, weil wir mittlerweile eine Inflationsquote von vier Prozent haben (...). Deswegen haben wir bis Corona eine schwarze Null gefahren. Hätten wir das nicht gemacht, hätte Corona uns noch viel schwerer getroffen. Wir haben die Städte also unterstützt.

Zweitens bekommen wir 260 Millionen Euro über das Fünf-Standorte-Programm. Dieses Geld soll in Projekte gehen, bei denen Arbeitsplätze entstehen. Einen vollständigen Altschuldenschnitt wird es nicht geben (...). Wir entschulden die, die es nötig haben. Zu sagen die Städte sollen über die Steuern entscheiden, bedeutet, dass die ärmsten Städte die höchsten Steuern haben müssen (...). Deswegen sagen wir die Gewerbesteuer muss mit der Einkommenssteuer kompensiert werden.

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Für den 24-jährigen FDP-Kandidaten Suat Gülden aus Schwerte ist es der erste Bundestagswahlkampf.

Für den 24-jährigen FDP-Kandidaten Suat Gülden aus Schwerte ist es der erste Bundestagswahlkampf. © Marcel Drawe


Suat Gülden: (FDP): „Wir schlagen eine Abschaffung der Gewerbesteuer vor.“

Für die Entschuldung zum Schuldenschnitt sind wir als FDP offen. Bei Kommunen, die aus diesen Schulden nicht rauskommen, sind wir offen, dass eine Entschuldung stattfinden kann. Wir dürfen aber nicht außer Acht lassen, dass die Kommunen, die jahrelang auf Sparkurs waren und vorbildlich gehandelt haben, dann benachteiligt werden, obwohl sie schon gespart haben.

Wir schlagen eine Abschaffung der Gewerbesteuer vor. Die Gewerbesteuer ist derzeit konjunkturabhängig. In der Coronazeit haben wir sehen können, dass dadurch viele Einnahmen gefehlt haben. Wir fordern deshalb einen kommunalen Hebesatz auf die Körperschaftssteuer, Einkommenssteuer und einen höheren Anteil am Umsatzsteuervorwegausgleich damit auch unabhängig von der Konjunktur Einnahmen generiert werden können. (Anmerkung der Redaktion: Den letzten Satz haben wir beim Kandidaten noch einmal erfragt, weil diese Aussage bei der Diskussion missverständlich war.)

Der Grünen-Kandidat, Michael Sacher, ist bekannt als Buchhändler am Alten Markt in Unna.

Der Grünen-Kandidat, Michael Sacher, ist bekannt als Buchhändler am Alten Markt in Unna. © Marcel Drawe


Michael Sacher (Grüne): „Natürlich geht es um Vermögensumverteilung.“

“Man muss zunächst festhalten: Es gibt unterschiedliche Kommunen und Regionen. Es gibt Regionen, in denen viele Kommunen besser gestellt sind. Bei uns in der Region ist das aber leider nicht so. Ich denke es ist auch eine gesellschaftliche Frage, wie solidarisch wir sein wollen. Nach dem Krieg hat das Ruhrgebiet sehr viel dazu beigetragen, dass es in anderen Regionen besser wurde. Jetzt muss man von Neuem schauen, wie man das verteilt.“

„Dabei geht es natürlich auch um Vermögensumverteilung. Man muss gucken, wie Vermögen generiert werden kann. Dafür brauche ich Straßen, die ich auch nutze, und wie viel ist man bereit dafür zu geben - auch für einen sozialen Frieden. Da gehen wir in unserer Gesellschaft gerade so weit auseinander, dass es zu Brüchen in der Gesellschaft kommt. Da müssen wir versuchen mit Finanzen gegenzusteuern und in der jetzigen Niedrigzinszeit ist es eine bessere Chance als weiterhin zu warten bis man wirkliche Schwierigkeiten bekommt.“

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Andreas Meier (Linke) aus Kamen arbeitete vor seinem Studium der Geografie einst selbst für niedrige Löhne im Lager.

Andreas Meier (Linke) aus Kamen arbeitete vor seinem Studium der Geografie einst selbst für niedrige Löhne im Lager. © Marcel Drawe


Andreas Meier (Linke): „Wir wollen an die großen Geldbeträge herankommen.“

„Wir fordern sehr viele soziale Projekte, andere sagen Wohltaten - mehr Personal, gute Ausstattung. Es geht hierbei ja um die öffentliche Daseinsvorsorge. Wenn wir die Kommunen nicht gut ausstatten, wo kommen wir dann als Bürger hin? Unser Konzept ist auch, dass wir über Steuern bei Bestverdienern, Superreichen und Großkonzernen an die großen Geldbeträge herankommen. Mehrere Studien haben auch schon belegt, dass wir mit diesem Steuerkonzept jährlich über 90 Milliarden in die Bundeskassen spülen können.“

„Mit Superreichen sind hier alle gemeint ab ein oder zwei Millionen und natürlich auch darüber, genauso wie Großkonzerne. Gleichzeitig kann man die Staatsbürgerschaft mit der Steuerpflicht verbinden. Dann müssen sich diese Leute schon entscheiden. Bleibe ich in Monaco oder bleibe ich Deutscher, aber zahle dann auch hier meine Steuern und übernehme Verantwortung.“