Da war die Welt noch in Ordnung: Traditionell verkaufte die Volkbühne Ergste auch 2014 bei ihrem Gastspiel in der Rohrmeisterei selbstgebackene Torten und Kuchen an ihre Gäste.

© Bernd Paulitschke (A)

Volksbühne fühlt sich vertrieben: „Zahlen nicht so gut wie Herr Fitzek“

rnRohrmeisterei Schwerte

Rappelvoll war die Rohrmeisterei bei Gastspielen der Volksbühne Ergste. Damit ist nun Schluss. Der Verein fühlt sich ungewollt. Er darf keinen Kuchen mehr verkaufen, was finanziell nötig war.

Schwerte

, 19.02.2022, 11:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Mit Komödien und Lustspielen begeistert die Volksbühne Ergste in vollbesetzten Sälen. Den Aktiven selbst ist allerdings das Lachen gründlich vergangen. Ein Schreiben der Rohrmeisterei trübt die Vorfreude darauf, nach zweijähriger Corona-Zwangspause endlich wieder vor ihr Publikum zu treten.

Mit „besten Grüßen über die Ruhr“ wird ihnen darin mitgeteilt, dass sie ihre Gäste künftig nicht mehr – wie gewohnt – mit selbstgebackenen Torten und anderen Leckereien verwöhnen dürfen. Doch der Verkauf war für den Verein dringend nötig, um die Kosten für das Gastspiel in Schwerte aufbringen zu können.

Mit dem Kuchen wurde das Gastspiel quersubventioniert

„Acht Euro pro Karte reicht nicht“, rechnet Kassierer Thomas Berretta vor: „Das musste quersubventioniert werden durch den Kuchenverkauf.“ Zwischen 20 und 30 Torten hatten Mitglieder immer für das ausgiebige Kuchenbüfett am Sonntagnachmittag gebacken, an dem die Besucher schon lange vor dem Beginn der Vorstellungen anstanden.

„Unsere Gäste waren so verwöhnt, dass sie keinen Butterkuchen wollten – das mussten schon solche Torten sein“, sagt Vorsitzende Eveline Berretta. Beim vorhergehenden Gastspiel am Samstagabend habe der Verein Getränke, Brötchen und Schnitzel angeboten.

Der Vorstand der Volksbühne Ergste (v.l.): Vorsitzende Eveline Berretta, Kassierer Thomas Berretta und Pressewart Wolfgang Strauß.

Der Vorstand der Volksbühne Ergste (v.l.): Vorsitzende Eveline Berretta, Kassierer Thomas Berretta und Pressewart Wolfgang Strauß. © Reinhard Schmitz

So hatte sich die Tradition eingebürgert, seit die Volksbühne Ergste vor Jahrzehnten während ihrer Spielzeiten jeweils auch für ein Wochenende nach Schwerte kam, wo ein ganz anderes Publikum erschlossen werden konnte. Anfangs fanden die Aufführungen im damaligen städtischen Giebelsaal im City-Center statt.

Als dieser aufgegeben wurde, habe die Stadt als Alternative die Rohrmeisterei angeboten, erinnert sich Eveline Berretta. Die Kosten dort seien allerdings „sehr hoch“ gewesen. Doch ein Gespräch mit der Geschäftsleitung habe einen Weg gezeigt: „Wir sind ein gemeinnütziger Verein geworden und haben dafür eine günstigere Miete bekommen.“

Schleichend kamen immer mehr Zusatzkosten in der Halle hinzu

Gut anderthalb Jahrzehnte funktionierte die Zusammenarbeit. „Es war eigentlich immer eine gute Kooperation, das muss man sagen“, erklärt Thomas Berretta. Auch wenn in einem „schleichenden Prozess“ immer mehr Zusatzkosten aufgetreten seien, die geschultert werden mussten. So habe man beispielsweise anfangs noch den eigenen Bühnentechniker mitbringen können: „Später wurde uns eine Firma zugewiesen.“ Und die wollte natürlich bezahlt werden.

Pickepackevoll war die große Halle 3 der Rohrmeisterei immer bei Gastspielen der Volksbühne Ergste, hier bei der Aufführung des Lustspiels „Seitensprünge".

Pickepackevoll war die große Halle 3 der Rohrmeisterei immer bei Gastspielen der Volksbühne Ergste, hier bei der Aufführung des Lustspiels „Seitensprünge". © Bernd Paulitschke (A)

Das Verbot des eigenen Kuchenverkaufs brachte das Fass jetzt zum Überlaufen. Mit Verweis auf eine „Veränderung hinsichtlich der Gastronomie“, die ab 2022 umgesetzt werde, teilte die Geschäftsführung der Rohrmeisterei dem Verein in dem Schreiben klipp und klar mit: „Externes Catering beziehungsweise eigener Getränke- und Kuchenverkauf durch Veranstaltungspartner wird zukünftig – auch in Ausnahmefällen – nicht mehr möglich sein.“

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Auskunft zu den Hintergründen wollte Rohrmeisterei-Chef Tobias Bäcker auf Anfrage der Redaktion am Freitag (18.2.) nicht geben. Das einzige Zitat, mit dem er in diesem Zusammenhang genannt wollte, laute: „Wir klären Fragen und eventuelle Probleme rund um Veranstaltungen in der Rohrmeisterei ganz direkt mit den Kooperationspartnern und Nutzern und machen das nicht über die Presse.“

Mit einer langen Tafel selbstgebackener Torten hatte die Volksbühne Ergste ihre Sonntagsgäste bei den Gastspielen in der Rohrmeisterei immer verwöhnt.

Mit einer langen Tafel selbstgebackener Torten hatte die Volksbühne Ergste ihre Sonntagsgäste bei den Gastspielen in der Rohrmeisterei immer verwöhnt. © Wolfgang Strauß

Volksbühne zieht Konsequenzen

Die Volksbühne Ergste hat ihre Konsequenzen schon gezogen und der Rohrmeisterei den Rücken gekehrt. Schweren Herzens wird sie ihr neues Stück „Der Tyrann“, das am 2. April Premiere feiert, somit nur in der Turnhalle in Ergste aufführen. Für die nächste Spielzeit will sich der Vorstand nach anderen Spielorten in Schwerte umschauen.

In der Rohrmeisterei fühlt sich Eveline Berretta jedenfalls nicht mehr gewollt: „Für mich drängt es sich auf: Wir sind nicht so ein gut zahlender Kunde wie beispielsweise Herr Fitzek (Fernsehmoderator und Schriftsteller, Anm. d. Red.). Sie wollen uns loswerden.“ In Gesprächen habe sie schon gehört, dass die Volksbühne damit offensichtlich nicht alleine stehe.