
© Bernd Paulitschke
Viele Fotos: So erlebten 90 Kinder gemeinsam das Mittelalter im Spieldorf Argeste
Historisches Spiel
Trotz Corona konnte das Historische Spiel hinter dem Elsebad stattfinden. 90 Kinder lernten dabei neue Kulturen und Akzeptanz kennen. Unser Fotograf hat viele Bilder aus Ergste mitgebracht.
Die Sonne ging in der letzten Woche doch auf über dem Spieldorf Argeste. Denn trotz Corona ist es dem Team gelungen, ein Historisches Spiel zu veranstalten. Am Montagmorgen (12. Oktober) standen 90 Kinder auf dem Parkplatz des Elsebades in Ergste auf pinken Punkten, korrekt im Abstand von 1,50 Metern zueinander. Darunter auch 10 Kinder mit besonderem Bedarf von der Diakonie Mark-Ruhr.
Das Team stellte sich vor. Da gab es zwei Schmiedewerkstätten, Näher, Lederer, Bäcker, Töpfer, Bronzegießer, Perlen– und Schmuckmacher, Zinngießer, den Grafen und die Sachsen vom Stamm der Westfalen. Neun Kinder waren in jeder Familie erlaubt. Gruppenweise zogen sie in das Dorf, und aus Kindern der Gegenwart wurden für eine Woche Erwachsene des frühen Mittelalters.
Sie fügten sich ein in eine Welt, in der jeder Hausherr König in seinem Haus war, deshalb waren um alle Häuser Zäune errichtet. Kein Ungebetener sollte Zutritt erhalten.
Kinder lernten unterschiedliche Rituale und Traditionen kennen
Die Arbeit beginnt in jedem Haus mit unterschiedlichen Ritualen: Die Näher sprachen ein frommes Gebet, die Bronzegießer zogen auf die Wiese des Elsebades an ihren heiligen Baum, um dort zu den Göttern zu rufen, damit die Arbeit des Tages gelingen möge – und damit Brunhilde, eine Teilnehmerin und zugleich der kluge Kopf der Bronzegießer, der Familie weiterhin gute Ratschläge geben konnte.
Auch aus der Schmiede hörte man die Namen der alten Götter, der Graf und die Gräfin auf dem Hügel in ihrer Halle hatten dagegen mit dem alten Glauben nichts zu tun, der Graf musste Christ sein.
Mittlerweile sind auf einem Hügel außerhalb des Dorfes die heidnischen Sachsen vom Stamm der Westfalen eingetroffen und beginnen, ein Lager aufzuschlagen. Sie sind Flüchtlinge. Ihre Geschichte, so alt sie ist, entbehrt nicht einer gewissen Aktualität, denn die sächsische Familie war aus ihrer Heimat vor einer Klimakatastrophe geflohen und sucht hier Zuflucht.
Konzept: Umgang mit Fremden, Akzeptanz von unterschiedlichen Kulturen
Für die Familien unten im Dorf sind sie feinselige Fremde. Da bleibt Streit nicht aus, das heiligste Gesetz der Gastfreundschaft ist in den Augen der Dorfbewohner verletzt worden, als die Flüchtlinge Runen auf dem Marktplatz befragen.
Erst der Freitag bringt Versöhnung. Das Dorf stimmt ab: Die Sachsen dürfen bleiben. Am Samstag endete das Spiel ganz im Sinne der Völkerverständigung mit einer Hochzeit zwischen Adda, der Bronzegießerin und Atahil, dem Oberhaupt einer der beiden sächsischen Familien.
Das pädagogische Konzept beinhaltet natürlich den Umgang mit Fremden, der Bedeutung von Teilen und dem Akzeptieren von unterschiedlichen Kulturen. Ob das Experiment gelungen sei, könne man erst sagen, wenn die beiden Kulturen länger zusammenleben, meinte Olaf Fabian-Knöpges, Museumspädagoge und Initiator der Spielidee.
Historisch sei es so, dass im späten 6. Jahrhundert die Sachsen in das Gebiet an der Ruhr einwanderten und dort blieben, bis Karl der Große das Land knapp 100 Jahre später zurückeroberte.