Senioren in Pflegeheimen leiden noch immer unter Kontaktverbot

© Holger Bergmann

Senioren in Pflegeheimen leiden noch immer unter Kontaktverbot

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Jede Woche gibt es neue Entschärfungen der Kontaktbeschränkungen. Fast bekommt man das Gefühl, das Leben normalisiere sich. Doch es gibt Orte, da bestimmt die Kontaktsperre das Leben total.

Schwerte

, 01.06.2020, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

In der vergangenen Woche meldete der Sozialdienst des Pflegeheims Haus Schwerte Dr. Kneip glücklich die Eröffnung eines Besucherraums. Dort konnten sich Bewohner und Angehörige besuchen und waren durch eine Plexiglaswand hygienisch voneinander getrennt.

Sozialdienstleiter Welf-Alexander Wemmer hatte die Hoffnung, dass der Leidensdruck der Bewohner nach zwei Monaten ohne Besucher fallen würde. Doch die erste Woche mit Besucherraum zeigt: Das Leiden der Senioren geht weiter.

„Es sind bewegende Szenen, es wird viel geweint“, berichtet Welf-Alexander Wemmer. Die Vorfreude der Senioren und ihrer Besucher weicht an der Plexiglasscheibe schnell der sehr traurigen Gewissheit, dass man sich doch nicht umarmen kann. Sich nur sehen zu können, spendet keinen Trost.

Arbeiten unter Druck

Welf-Alexander Wemmer und seine Kollegen müssen auf dieser Trennung bestehen. Die Infektion eines Bewohners muss auf jeden Fall vermieden werden. Und das Team im Haus Schwerte ist stolz darauf, dass es bislang weder unter der Belegschaft noch bei den Bewohnern einen Corona-Fall gegeben hat.

Bei aller Freude darüber fühlen die Mitarbeiter aber auch einen großen Druck auf sich lasten. Während die Menschen in der Corona-Krise durch ihr Verhalten meist nur Verantwortung für ihre eigene Gesundheit tragen, müssen die Mitarbeiter des Pflegeheims immer an ihren Arbeitsplatz denken.

„Wenn ich mit den Hygiene-Regeln schlampig umgehe, gefährde ich als Mitarbeit eines Pflegeheim immer viele andere Menschen“, sagt Welf-Alexander Wemmer. Er weiß aus eigener Erfahrung, dass er nicht unbelastet Einkaufen oder Joggen gehen kann.

Senioren erobern digitale Medien

Ein Ausgleich ist aber das gesteigerte Gefühl, gebraucht zu werden und die Wertschätzung der Menschen, mit der die Sozialdienstler zusammenarbeiten. „Es hat bislang niemand seinem Ärger Luft gemacht, wegen der Einschränkungen“, so Wemmer.

Die Corona-Krise hat dem Sozialdienst im Haus Schwerte einen Aufgabenbereich gebracht, den es in dieser Form nicht gab: Die Digitalisierung der Bewohner. Nur wenige der Senioren hatten sich bislang für Soziale Medien oder das Internet interessiert.

Mittlerweile haben viele Bewohner gelernt, mit ihren Verwandten und Freunde außerhalb des Hauses mit Text-Nachrichtendiensten wie Whatsapp, Sozialen Netzwerken wie Facebook oder sogar per Video-Schaltungen über Skype in Verbindung zu bleiben.

Die dafür nötigen Geräte, Notebooks und Mobiltelefone, hat das Haus Schwerte als Spende von der Freiwilligen-Agentur „Die Börse“ bekommen. Der neue Besuchsraum sollte den digitalen Kontakt eigentlich überflüssig machen, doch die Senioren sind laut Welf-Alexander Wemmer auf den Internet-Geschmack gekommen.