Unterwegs mit der Fahrschule Rechts vor links an der Kita: „Die Einzigen, die anhalten, sind Fahrschüler“

Rechts vor links an der Kita: „Darauf achten nur Fahrschüler“
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Jeder Fahrlehrer kennt sie: tückische Stellen, an denen Fahrschüler gerne mal ins Straucheln geraten. Ob es versteckte Rechts-vor-links-Kreuzungen sind, schlecht sichtbare Schilder oder die plötzliche 30er-Zone – als Fahrschüler muss man auf vieles achten.

Doch auch dem erfahrenen Autofahrer können zahlreiche Stellen zwecks fehlender Beschilderung und Ortskenntnis zum Verhängnis werden. Zusammen mit der Fahrschule Edelmeier hat sich Reporterin Katharina Rieger genau diese Stellen im Schwerter Stadtgebiet angeschaut – und ist dabei selbst hinters Steuer gestiegen.

Hier schildert sie ihre Fahrt durch Schwerte – Teil 2: Rechts vor links in der Lichtendorfer Straße.

Gefahrenzeichen Kinder

Die beiden Fahrlehrer gönnen mir keine Verschnaufpause, denn nur wenige hundert Meter von der ersten kritischen Stelle in der Kreinberg-Siedlung entfernt, kommt auch schon die nächste Situation, die es in sich hat. Von der schmalen Straße Im Hohlstück geht es durch das Torhaus und dann nach links in die Lichtendorfer Straße.



Prompt weist mich Thomas Quante auf das Gefahrenzeichen „Vorsicht, Kinder” hin, das zwischen Bäumen und parkenden Autos steht. Das Schild wird überall dort aufgestellt, wo Kinder plötzlich auf die Straße rennen könnten. Diese Gefahr besteht nämlich in der Lichtendorfer Straße, denn wenige Meter weiter befindet sich auf der rechten Seite die Kita Schwerte-Ost.

Schild: Achtung, spielende Kinder!
Achtung, spielende Kinder! Das Schild wird oft in der Nähe von Schulen und Kitas aufgestellt. So auch in der Lichtendorfer Straße. © Lena Wlost

Generell ist also schon mal äußerste Vorsicht geboten. Die eigentliche Situation kommt aber erst noch: Kurz vor der Kita geht nach rechts ein Abzweig der Lichtendorfer Straße ab, der zu weiteren Häusern führt. Und alle, die aus der schmalen Straße herauskommen, so erfahre ich, haben Vorfahrt. Denn dort ist rechts vor links. Wenn ich nicht darauf hingewiesen worden wäre, wäre ich durchgerasselt. Nicht nur durch die Einmündung, sondern auch durch die Prüfung.

Um zu schauen, ob niemand aus der schmalen Straße herauskommt, muss ich mich Zentimeter für Zentimeter vortasten. Gut einsehbar ist die Einmündung nämlich ganz und gar nicht. Parkende Fahrzeuge und eine schräg verlaufende Hecke versperren mir die Sicht.

Ich muss so weit in den Einmündungsbereich hineinfahren, dass ich die Ausfahrt komplett blockiere. „Wenn hier jetzt jemand herauskäme, müsste dieser mit Handzeichen auf seine Vorfahrt verzichten, weil vorbei kommt er ja nicht.“ Rein rechtlich sei man damit auf der sicheren Seite, erklärt Thomas Quante, sonst würde man demjenigen die Vorfahrt nehmen.

Blick in die kleine Straße.
Viel zu spät haben wir Einblick, ob aus der schmalen Straße an der Kita etwas kommt. © Lena Wlost

„Mitzieheffekt”

„Die Straße verleitet dazu, dass es eine Vorfahrtstraße ist. Deswegen fahren so viele Autofahrer wie Fahrschüler einfach durch”, erklärt Quante weiter. Und es stimmt: Jedes Auto, das wir beobachten, fährt einfach vorbei – ohne auch nur ein bisschen langsamer zu werden. Dass dort ziemlich gerast werde und die Rechts-vor-links Stelle missachtet werde, bestätigen auch Anwohner. „Die Einzigen, die hier anhalten, sind Fahrschüler,” so Anwohnerin Anja Schütte.

Dass man dabei aber nicht nur potenzielle Autos übersieht, sondern auch Radfahrer, Rollerfahrer oder spielende Kinder, ist den meisten Autofahrern offensichtlich nicht bewusst. „Wenn hier ein E-Bike rausgeschossen kommt und wir als Autofahrer einfach durchfahren, haben wir keine Chance mehr zu reagieren. Wir würden hier klassisch den Unfall produzieren,“ so der Fahrlehrer.

Für Fahrschüler in solchen Situationen besonders tückisch, berichtet er weiter: der sogenannte Mitzieheffekt. Fährt ein Fahrzeug vor den Schülern, das die Rechts-vor-links-Kreuzung verdeckt, folge man diesem einfach und fahre einfach hinterher.

Tastgeschwindigkeit

Wie langsam man sich an solche Einmündungen herantasten muss, erfahre ich in der Situation am eigenen Leib. Thomas Quante macht mich mehrfach darauf aufmerksam, ich solle noch langsamer fahren. Ich denke nur: Wenn ich noch langsamer fahre, stehen wir gleich.

„Hier sind wir in einem Bereich von Tastgeschwindigkeit, wer kennt das denn noch?“, fragt Quante rhetorisch. Viele würden nur Schrittgeschwindigkeit kennen, das seien ungefähr 4-7 km/h, je nachdem könne auch noch bis 10 km/h als Schritt fahren gelten. „Bei Tastgeschwindigkeit bewege ich mich jedoch in einem Bereich von 1-3 km/h und der Fuß steht nur auf der Bremse.“

Die Anzahl an Autos, die innerhalb der kurzen Zeit mit erheblichem Tempo vorbeigerast sind, ohne nach rechts zu gucken und langsamer zu werden, erschreckt mich. Nicht auszumalen, was passiert, wenn dort plötzlich ein Kind auf die Straße läuft.

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