Vorher-nachher: Eine kaputtgefahrene Matschpiste geworden ist auch der früher so idyllische Hunde-Spazierweg hinter dem Tierheim, wie Leiterin Catharina Seelig noch auf Handyfotos zeigen kann.

© Reinhard Schmitz

Putzen, putzen, putzen: Tierheim versinkt im Schlamm der Bahn-Baustelle

rnNeubau Eisenbahnbrücke

Pfoten putzen nach jeder Gassi-Runde: Das Tierheim leidet massiv unter dem Baustellenverkehr zur Bahnbrücke. Schwere Fahrzeuge haben eine Schlammwüste aus der Straße gemacht. Die Katze hat Dauer-Stubenarrest.

Schwerte

, 29.01.2022, 15:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Das schmatzende Geräusch endet im Motorenlärm eines heranrumpelnden Lkw. Bis über die Knöchel ist Catharina Seelig mit ihrem Schuh in der Schlammwüste versunken, in die Baufahrzeuge der Bahn das Gelände rund um ihr Tierheim verwandelt haben.

Unter der dicken Matschschicht ist kaum mehr auszumachen, dass darunter mal die Asphaltdecke der Straße Am Gartenbad war. Und erst recht nicht der Beginn der Böschungsbereiche, die die Tierschützer auf beiden Seiten einst so einladend bepflanzt hatten. Mächtige, grobstollige Reifenprofile haben alles zerpflügt.

Der ganze Baustellenverkehr rollt vor dem Tierheim vorbei

Seit Monaten müssten Mitarbeiter und Besucher des Tierheims mit der Großbaustelle für die neue Bahnbrücke auf der Strecke Schwerte-Hagen leben. Alles Material und jede Maschine, die von dem riesigen Lagerplatz auf dem ehemaligen Teich vor der Gaststätte Rettelmühle herangekarrt werden, muss direkt vor der Einrichtung vorbei.

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Catharina Seelig fiel deshalb in ihren Sessel, als sie in der Zeitung las, dass wegen Baumängeln an dem Übergang jetzt teilweise noch mal von vorne angefangen werden muss. „Wir hatten gedacht, dass wir halbwegs auf der Zielgeraden wären“, sagt sie: „Aber jetzt müssen wir das mindestens noch einen Monat länger aushalten.“

In eine Schlammpiste verwandelt haben die schweren Baufahrzeuge für die Bahnbrücke die Straße vor dem Tierheim. Auch die sonst so gepflegten Seitenstreifen sind von den Reifen völlig zerpflügt.

In eine Schlammpiste verwandelt haben die schweren Baufahrzeuge für die Bahnbrücke die Straße vor dem Tierheim. Auch die sonst so gepflegten Seitenstreifen sind von den Reifen völlig zerpflügt. © Reinhard Schmitz

Zu früh gefreut hatte sich also die Tierheimleiterin, als Ende sie Ende vergangener Woche den Rückzug der Bauarbeiter beobachtete. Der Kran sei abmontiert worden, Generatoren abgefahren und Bulldozer hätten damit begonnen, den Lagerplatz an der Rettelmühle wieder glatt abzuziehen.

Am Montag kam dann nach der gescheiterten Abnahme-Prüfung das Kommando zurück. Muldenkipper hätten unaufhörlich wieder Bodenmaterial vom Bahndamm zu der ehemaligen Ausflugsgaststätte gefahren und dort zu Lagerhaufen getürmt.

Für die Notwendigkeit der Baustelle hat Catarina Seelig Verständnis

„Wir stehen zu der Baustelle, das muss gemacht werden“, betont Catharina Seelig: „Aber das ist schon eine Belastung.“ Auch für ihre vierbeinigen Schützlinge. Nach jedem Gassigang müssen den Hunden die Pfoten abgeputzt werden. Mehr geht nicht: „Täglich abbaden wäre schädlich für Haut und Fell.“ Auch für den weißen Schäferhund, den sie kürzlich in Pension hatte: „Die Kunden hatten Verständnis.“

Nach jeder Gassirunde müssen Brownie und die anderen Hunde sich vor der Rückkehr ins Tierheim die Pfötchen abwischen lassen.

Nach jeder Gassirunde müssen Brownie und die anderen Hunde sich vor der Rückkehr ins Tierheim die Pfötchen abwischen lassen. © Catharina Seelig

Die Waschmaschine läuft quasi im Dauerbetrieb, die Trommel gefüllt mit ständig weiteren Decken und Handtüchern. „Das ist so klebrig und so hartnäckig“, klagt Catharina Seelig über den allgegenwärtigen Baustellendreck. Manchmal sei auch Beton mit in der puddingartigen Masse, die Mitarbeiter, Tiere und Besucher ins Haus schleppen: „Wir kommen gar nicht mehr hinterher mit dem Putzen.“ Die Vorleger und Abstreifer könne man anschließend nur noch wegwerfen. Davon sei nichts mehr zu retten.

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Katze Gina Marie hat seit Monaten Stubenarrest

„Wir sind bekannt dafür, ein extrem sauberer Betrieb zu sein“, erklärt die Tierheimleiterin. Jetzt müssen sich Kunden über die Schlamm-Marterstrecke zu der Einrichtung vorkämpfen und sehen deren Wände mit Schlamm-Klecksern übersät. Auf dem Parkplatz ist die Situation nicht besser: „Die Autos sehen jedes Mal aus wie Schwein.“ Besucher werden deshalb vorgewarnt: „Ziehen Sie bitte Sachen an, die dreckig werden können – und keine guten Schuhe.“

Wegen des gefährlichen Baustellenverkehrs vor der Tür hat Tierheimkatze Gina Marie Stubenarrest und besucht Rosemarie Seelig, 2. Vorsitzende des Tierschutzvereins, im Büro.

Wegen des gefährlichen Baustellenverkehrs vor der Tür hat Tierheimkatze Gina Marie Stubenarrest und besucht Rosemarie Seelig, 2. Vorsitzende des Tierschutzvereins, im Büro. © Reinhard Schmitz

„Der Dreck ist unfassbar“, klagt Catharina Seelig und hofft, dass die Nachbesserungen an der Bahnbrücke wirklich bis Ende Februar erledigt sind. Dann habe man erst mal Ruhe bis 2025, wenn die jetzige Hilfsbrücke durch die endgültige Konstruktion ersetzt werden soll.

Auf diese Pause freut sich ganz besonders auch Tierheimkatze Gina Marie, die seit Monaten zum Stubenarrest verdonnert ist. Sie möchte wieder als Freigängerin durch ihren Wald gegenüber vom Tierheim stromern. Doch dieses Revier ist durch den gefährlichen Bauverkehr derzeit unerreichbar.