Der Biber hat einen ziemlich gleichgültigen Gesichtsausdruck. Trotzdem ist er der heimliche „Star“ an diesem Vormittag in der Aula der Theodor-Fleitmann-Gesamtschule. Dort ist in dieser Woche der Hegering Schwerte mit der rollenden Waldschule zu Gast.
Unter den vielen ausgestopften Tieren, die die Jägerinnen und Jäger mitgebracht haben, ist der Biber eines der imposantesten. „Da laufen die meisten Kinder sofort drauf zu und wollen ihn streicheln“, sagt Christian Dittmann, der an der Schule Englisch und Gesellschaftslehre unterrichtet.
Dittmann ist selbst Jäger und seit 2019 an der Schwerter Schule. „Am Niederrhein haben wir jahrelang mit der Kreisjägerschaft ähnliche Projekte unternommen. Als ich nach Schwerte kam, kam uns dann Corona dazwischen.“ Doch jetzt sei er froh, dass die Waldwoche für die Fünftklässler organisiert werden konnte.

Die Kinder der Klasse 5b sind jedenfalls begeistert: Phillip mag besonders das kleine Rehkitz. „Aber ich finde auch, dass der Fuchs total weiche Ohren hat“, sagt der Zehnjährige. Sein Mitschüler Luca, der den Fuchs gerade streichelt, gibt ihm Recht: „Das Fell ist so weich, am liebsten würde ich den Fuchs mit nach Hause nehmen“, sagt er.
Anastina und Hanna haben sich zwei andere Lieblingstiere ausgesucht: Anastina hat keine Scheu vor dem Dachs, auch wenn der die Zähne zeigt. Hanna ist da etwas vorsichtiger – sie streichelt lieber den Hasen. Mitschüler Razvan ist unterdessen kaum vom Biber loszueisen.

„Warum wird der Fuchs gejagt?“
In der Woche gibt es zunächst zwei Theorietage, an denen die Zehn- und Elfjährigen die Tiere ganz nah erleben und anfassen können. Mittwoch geht es dann in den Wald, und ein Zoobesuch in Dortmund steht auch auf dem Programm. Im Wald stehen Themen wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Vordergrund. „Wir werden Müll suchen, und die Kinder erfahren dabei, dass man mit der Natur leben und sie respektieren muss“, sagt Christian Dittmann.
Fabian Vater vom Hegering ist immer wieder überrascht darüber, wie wenig Kontakt Kinder und Jugendliche zur Natur haben. „Es gibt tatsächlich an solchen Tagen Kinder, die sagen mir ganz offen, dass sie noch nie im Wald waren. Da muss ich schon erst mal schlucken und das sacken lassen.“
Gerade deshalb sei es wichtig, die Kinder ganz nah ranzulassen. „Natürlich fragt mich dann so ein Kind auch, warum ist der Fuchs ausgestopft? Und warum wird der gejagt?“, sagt Dietrich Junge vom Schwerter Hegering. „Dann zeige ich auf den kleinen Hasen, der daneben steht, da wird den Kindern das schnell klar“, sagt er und lacht.
Dietrich Junge erklärt den Mädchen und Jungen auch vieles. Sie erfahren, warum das Geweih eines Hirsches oder Rehbocks von einer dünnen Haut, dem Bast, umschlossen ist – und warum die Tiere diese Haut einmal im Jahr durch Reiben an Ästen abstreifen. „Die juckt nämlich, und was macht ihr, wenn es euch juckt?“ „Kratzen“, antworten die Kinder.

Die ausgestopften Tiere sind übrigens nicht alle gejagt worden, betonen die Hegering-Mitglieder. „Viele dieser Tierarten sind geschützt. Die Tiere dieser Arten sind verendet gefunden und dann präpariert worden“, erklärt Anna-Marie Knäpper.
Gerade bei Rehkitzen, Häschen oder Fasanenküken mache so manches Kind schon einmal große Augen. Doch dann überwiege die Neugier. „Es ist schon ein Unterschied, ob ich in einem Biobuch lese, dass ein Igel spitze Stacheln hat, oder ob ich dies Stacheln einmal selbst berühre“, sagt Knäpper.
Das kann Lehrer Christian Dittmann nur bestätigen. „Kinder lernen mit allen Sinnen. Und vieles von dem, was sie in dieser Woche erfahren, nehmen sie für später mit. Ob in Bio, Erdkunde oder Gesellschaftslehre: Die Waldwoche ist eine tolle und nachhaltige Erfahrung.“

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