Tedi in Schwerte hat Energy Drink an 9-Jährigen verkauft „Mein Sohn hatte 2018 eine Herz-OP“

Mutter empört: Tedi in Schwerte verkaufte Energy Drink an Neunjährige
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„Für Kinder und schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen“, steht auf der himmelblauen 500ml-Dose, die Heidelbeer- und Kokosnuss-Geschmack verspricht. Sie sieht ansprechend aus: „GÖNRGY“ prangt dort in Großbuchstaben – das „G steht für Gönnen“.

Gönnen darf sich das Erfrischungsgetränk mit erhöhtem Koffeingehalt, das „MontanaBlack“, einer der erfolgreichsten Livestreamer Deutschlands, auf den Markt gebracht hat, erst einmal jeder. Für den Kauf und Konsum von Energy Drinks gibt es in Deutschland keine Altersbeschränkung. Die Getränke können ab demselben Alter gekauft und getrunken werden wie andere alkoholfreie Getränke und erleben durch verkaufstüchtige Influencer wie Shirin David und eben MontanaBlack gerade einen neuen Hype.

Mutter aus Schwerte ist empört

Doch es gibt eben auch den kleinen Hinweis auf der Dose, der Kindern und Schwangeren vom Verzehr abrät. Zwei Jungen, die in der Stadt unterwegs sind und fünf Euro in der Tasche haben, achten nicht auf so etwas. Warum auch? Sie möchten sich was „gönnen“ für das Geld, das sie von Mama bekommen haben.

Luke und sein Freund – beide 9 Jahre alt – wollten an dem Tag eigentlich etwas Süßes holen, griffen dann aber bei den ansehnlichen Getränkedosen zu. „Mein Sohn kam nach Hause und hat mich gefragt: ‚Mama, dürfen Kinder Energy Drinks trinken?‘ Bei der Frage ahnte ich schon, was kommt“, sagt Ina Berg (36). Die Schwerterin ist empört darüber, dass ihrem Sohn und seinem Freund der Verkauf so einfach gemacht worden sei.

Für Kinder und schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen, steht auf der Dose.
Für Kinder und schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen, steht auf der Dose. © Vanessa Trinkwald

Verkauf bei Tedi am Cava-Platz

Bei Tedi am Cava-Platz, sagt sie, hätten die beiden zugegriffen. „Ich bin davon ausgegangen, dass die Getränke in Deutschland erst ab 16 Jahren verkauft werden dürfen“, erklärt Ina Berg. Sie musste lernen: Das ist nicht so. Tedi ist rechtlich auf der sicheren Seite, der Verkauf ist nicht verboten, für die 36-jährige Mutter aber habe sich der Nonfood-Händler aus Dortmund in dieser Sache verantwortungslos verhalten. „Ein 9-Jähriger ist für mich noch ein Kind“, sagt sie. Und der Hinweis auf der Dose sei doch eindeutig.

Auf Fragen zum Verkauf antwortet Tedi ausweichend. Konkrete Nachfragen, ob die Filialen die Getränke grundsätzlich an Kinder verkaufen und wenn ja, warum man bislang daran festhalte, lässt die Pressestelle unbeantwortet.

„Weitere Sortimentsplanung“

Es heißt: „Die von Ihnen angesprochenen Produkte sind Teil unseres Sortiments und verfügen über die spezifischen Kennzeichnungspflichten der Hersteller, einschließlich der entsprechenden Gesundheitshinweise. Diese Gesundheitshinweise entsprechen auch der EU-weit gültigen Lebensmittelinformationsverordnung.“

Zum Schluss heißt es noch: „Gerne lassen wir Ihre Anfrage in unsere internen Gespräche zur weiteren Sortimentsplanung einfließen.“ Heißt frei nach Interpretation womöglich: Man denke mal darüber nach.

Dosen mit Energy Drinks stehen zusammen.
Energy Drinks sind nicht unumstritten. Die Discounter Aldi und Lidl etwa dürfen in den Niederlanden keines dieser Getränke mehr an Kinder verkaufen. © picture alliance/dpa

Kein Gesetz, aber Geschäfte in der Verantwortung?

„Jetzt gibt es diese Getränke ja auch in 1,5-Liter-Flaschen, die dürfen genauso an Kinder verkauft werden. In anderen Ländern ist das verboten, warum nicht auch in Deutschland?“, fragt unterdessen Ina Berg. Wenn es kein Gesetz gebe, sollten Geschäfte es zu ihrer Hauspolitik machen, die stark koffeinhaltigen Getränke erst ab 16 Jahren zu verkaufen – so wie es zum Beispiel Rossmann mache, meint die Mutter.

In der Rossmann-Filiale an der Hüsingstraße weist ein Schild darauf hin, dass der Verkauf erst ab 16 Jahren gestattet sei. Man bitte um Verständnis. Bei Tedi am Cava-Platz sucht man danach vergeblich – die Sorten „Space Cat“ und „Zombie Attack“ der Marke „Tage off“ versprechen vielmehr das nächste Trinkerlebnis mit aufputschender Wirkung.

„Die trinken das, gehen Fußball spielen – und ich weiß, wie die beiden da rennen – und dann lande ich im Zweifel mit meinem Kind im Krankenhaus“, sagt Ina Berg. Vielleicht reagiere sie ein bisschen über, aber ihr Sohn habe 2018 eine Herz-OP gehabt. Natürlich mache man sich als Mutter da noch einmal mehr Sorgen. Zum Glück, sagt die 36-Jährige, habe Luke nicht viel von dem Energy Drink getrunken, er sei wohl selbst ein wenig verunsichert gewesen.

Verbraucherzentrale fordert Verkaufsverbot

Laut der Deutschen Herzstiftung stehen die gesetzlichen Bestimmungen zu Energy Drinks in der Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung. Danach handelt es sich um ein koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk, das maximal 320 Milligramm Koffein pro Liter enthalten darf. Bei mehr als 150 Milligramm Koffein pro Liter müssen Getränke den Hinweis tragen, dass sie für Kinder und Schwangere nicht zu empfehlen sind.

Laut der Verbraucherzentrale, die ein Verkaufsverbot an Minderjährige – wie etwa in Lettland und Litauen – sowie eine bessere Kennzeichnung der Produkte fordert, kann die Kombination von Koffein mit anderen Inhaltsstoffen in Energy Drinks ein besonderes Risiko für die Herzgesundheit darstellen.

Eltern und Kinder sensibilisieren

Der Hinweis „erhöhter Koffeingehalt“ sei daher unzureichend. Der Warnhinweis müsse ergänzt werden um die Nebenwirkungen in Kombination mit Alkohol und körperlicher Anstrengung. Bei übermäßigem Konsum könne es auch zu Nervosität und Angstzuständen kommen.

Solange das aber alles nicht gegeben sei, seien die Geschäfte in der Pflicht, meint Ina Berg. Darüber hinaus wünscht sie sich, dass Eltern und Kinder sensibilisiert werden für das Thema. Man könne nicht immer kontrollieren, was die Kinder kaufen, wenn sie aber ein gewisses Verständnis hätten und mit den Energy Drinks an der Kasse im Zweifel gar nicht erst durchgelassen würden, wäre an dieser Stelle schon viel erreicht.

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Hinweis der Redaktion: Dieser Beitrag erschien ursprünglich am 27.12.2023.